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Wie das Hashtag zum Dollarzeichen wurde Auf das Verbot von #Rio2016 folgt #Garmisch-Partenkirchen2016

Beitragsbild: Wie das Hashtag zum Dollarzeichen wurde

Heute schon über die Olympischen Spiele getwittert? Hoffentlich hast du nicht »Rio2016« oder »Olympia« als Hashtag genutzt. Das ist nämlich absolut tabu.

Fühlst Du Dich heute ein wenig verwegen und möchtest etwas Böses anzetteln? Irgendetwas Verbotenes, um ein wenig die dunkle Seite der Macht in Dir zu spüren? Versuche es doch mal, indem Du über eine rote Ampel gehst oder auf dem Behindertenparkplatz parkst. Für ganz Hartgesottene, denen solche Kinkerlitzchen nur ein müdes Lächeln entlocken, empfehle ich die Nutzung des Hashtags #Rio2016.

Hashtag #nosports

Falls es jemand nicht mitbekommen haben sollte: Das IOC (Internationales Olympisches Komitee, bei Wiki als »Non-Profit-Organisation« vermerkt) möchte, dass nur offizielle Sponsoren der Olympischen Spiele Rio 2016 entsprechende Hashtags wie #Rio2016 oder #OlympischeSpiele nutzen dürfen. So soll der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mit rechtlichen Schritten gegen jene Firmen drohen, welche die genannten Hashtags dennoch nutzen und keinen Vertrag mit dem Schuppen haben. Darüber hinaus möchte der DOSB den geizigen Nicht-Sponsoren untersagen, die Inhalte von offiziellen Olympia-Accounts zu retweeten bzw. zu teilen.

Wow. Davon abgesehen, dass ein solches Verbot durch das IOC »absurd« wäre, könnte diese obskure Meldung der Startschuss für ganze neue Spielregeln im Umgang mit Social-Media sein. Auch wenn diese Einschränkung insbesondere bei Journalisten und Privatpersonen kaum rechtlich durchsetzbar wäre, verursacht diese Entwicklung trotzdem Stirnrunzeln. Nicht einmal der Papst ist sicher.

Just (don’t) do it

Werfen wir einen wenig optimistischen Blick in die Zukunft. Durch die massive Werbung für den Einsatz von Social-Media-Tools wie Instagram, Snapchat, Vine usw. wurden wir konditioniert, diese auch brav zu nutzen. Kein Tatort mehr ohne den passenden Twitter-Kommentar der Fans. Live-Streaming von Events wie dem ESC via YouTube. Und natürlich das fröhliche Teilen-Spiel auf Facebook, wenn zum Beispiel das heimliche Wettrennen um das erste Posting eines Prominentensterbens startet. Was wäre, wenn plötzlich ein neues Reglement eingeführt wird? Es dürfen nur noch zahlende User und Firmen die nötigen Hashtags verwenden oder gar die Videoberichte teilen? Es ist ohnehin absehbar, dass sämtliche aktuell freie Inhalte im Zuge des Untergangs der Printmedien eines Tages allesamt kostenpflichtig werden. Womöglich folgen dann aber auch andere Inhalte.

Mögliche Verbote

  • Kein Fotos mehr vom Mittagessen – es sei denn, man hat einen Sponsorenvertrag mit der Kantine oder der Fast-Food-Kette
  • Keine Fotos mehr von dem alkoholischen Getränk – außer man hat zuvor einen virtuellen und kostenpflichtigen Alkoholtest gemacht
  • Kein Teilen mehr von fremden Inhalten – es bedarf einer kostenpflichtigen Genehmigung durch den Urheber bzw. von der Person Deiner Freundesliste
  • Keine Bilderserien vom eigenen Haustier oder gar Zootieren – bitte vorab Mitgliedschaft bei PETA oder Greenpeace abschließen
  • Keine Hashtags mehr, wenn keine Erlaubnis vorliegt – variiert je nach Urlaubsort (z.B. #Mallorca2016)
  • Keine Veranstaltungshinweise mehr – vorausgesetzt, man kaufte vorab keine Eintrittskarte
  • Keine Smileys mehr – oder man ersteht zuvor einen einjährigen Vertrag über Emoji-Nutzung
  • Keine Markierung von anderen Personen mehr – zuvor Genehmigung vom Einwohnermeldeamt einholen

Mittlerweile haben wir uns an den Luxus und die Apps gewöhnt, alle Infos in Sekundenschnelle auf dem Smartphone zu haben. Dank des Hashtags bin ich schnellstens informiert und zum Glück bieten die sozialen Kanäle mir derzeit eine Vielfalt unabhängiger Meinungen statt schwachsinniger Werbemeldungen. Mir erscheint es total unsinnig, ein Ereignis wie die Olympischen Spiele massiv via Social-Media zu bewerben und zu fördern, nur um später rote Karten zu zeigen. Kein Wunder, dass Pokémon Go beliebter ist als #Rio2016. Auch wenn ich verstehe, dass so ein Event von Sponsoren lebt, sollte man die letzten verbleibenden Fans nicht vergraulen. Das zeugt nicht von Sportsgeist.


Letzte Bearbeitung war am 06.10.2020

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