Kategorien: Freizeit

Ein Leben ohne Handy ist auch ganz schön

Moderne Zeiten oder wie meine Eltern sich ein Smartphone kauften

Schon mal mit kryptischen Nachrichten bombardiert oder zur späten Stunde wach geklingelt worden? Passiert, wenn sich Mutter ein neues Smartphone zulegt.

Bis heute bin ich mir nicht so ganz sicher, ob die moderne Technik nun Segen oder Fluch ist. Versteht mich nicht falsch, ich gehöre zu den Kiddies, bei denen die Eltern noch das nächtlich-heimliche Online-Junkietum anhand der Telefonrechnung bemerkten – inklusive des entsprechenden Ärgers. Kennt ihr das noch? Einwählen per Modem? Nein? Egal, ihr habt alle Mütter und Väter und darum geht es eigentlich. Denn genau dieser Menschenkreis hat ganze 20 Jahre gewartet (bis Mr. Jobs das Zeitliche segnete), um laut beim nächsten Familientreffen in euer Ohr zu tirillieren: ICH WILL SO EIN I-SMART-DINGS!!!

Ah, jetzt seid ihr wieder bei mir, nicht wahr? Die nächtlichen Anrufe »mir ist da was rein gerutscht, was heißt eigentlich dälätä, ich hab es mal gedrückt (gedrückt, nicht geklickt!)«? Ich bin kein leidgeplagter Einzelfall (meine Eltern mögen mir verzeihen), ich kenne das von all meinen Freunden …

Bin ich jetzt schon drin?

Eins vorweg: ich kann das nicht nur verstehen, ich bin doch eigentlich genau so. Da kommt irgendeine neue, spektakuläre Technik auf den Markt und ich muss sie haben. Verdammt. Der Trieb steckt ergo in uns allen. Und verweigern ist heutzutage eh nicht, alle sind bei Whatsapp und wirklich niemand will flüstern: »Nein, schreib mir bitte eine SMS«. Okay, bis auf die Linux-Jünger und Großkonzern-Bekämpfer. Aber um euch Schnuckis, sorry, geht es heute nicht. Also bekam ich zwei Tage nach dem spektakulären Kauf einen Anruf von der einzig wahren Frau in meinem Leben:

»HILFE! MEINE HANDTASCHE LEUCHTET! STÄNDIG!«

Ich muss zugeben, dass ich vor der Belustigung kurz verwirrt war. Das Mysterium klärte sich schnell auf. Meine viel-gepriesene Lebensspenderin war (wie auch immer) auf den Taschenlampen-Button gekommen … und leuchtete damit permanent ihre Handtasche aus.
Profi-Tipp: immer behaupten, dass man so den Haus-Auto-Wasauchimmer-Schlüssel besser findet.

Meine Mutter nennt mich mittlerweile Noob statt Schatz

Android Verfechter mögen nun weghören: meine Mom hat sich ein iPhone gekauft. Im ersten Moment war ich erleichtert, ist doch die Bedienung augenscheinlich recht intuitiv. Hauptsache Smartphone und Whatsapp, nicht wahr? Dann entdeckte sie FaceTime und die ungeahnten Möglichkeiten. Sie kann mich sehen! Beim Telefonieren! Wie toll ist das denn bitte, wohnt ihre Tochter doch distanz-gefühlt in Alaska! Auch ich fand die Idee erst mal prickelnd. Ihr kennt diese PC-Problem-Anrufe? »Tochter! Unser Bildschirm ist schwarz! Löse das Problem!« Die klassische Antwort ist ja eigentlich »Dad, mach den Stecker wieder rein«, aber wir hatten spontan die wahnwitzige Möglichkeit, dass ich alle technischen Probleme live sehen konnte. Dummerweise gewöhnen sich meine Altvorderen bis heute nicht daran, dass nicht nur sie mich, sondern auch ich sie sehen kann. Mama, Papa, nochmal! Ich kann das sehen. Wenn ihr mir den Vogel zeigt! Profi-Tipp: behaupten, es hätte am Kopf gejuckt.

Hihihi, das ist mir da so rein gerutscht

Irgendwie war es dann doch nicht das Gelbe vom Ei und die Herrschaften besorgten sich ein neues Handy (ja, das ist wie mit dem Ehekonto, man benutzt auch ein gemeinsames Handy, drei gemeinsame Autos und drölf gemeinsame WoW-Accounts). Selbstverständlich muss das neue technische Objekt der Begierde sofort begutachtet werden. Leider haben sie bis heute nicht so wirklich gelernt, was TOUCH Screen eigentlich bedeutet. Aber kein Problem. Ich lass mich gerne nachts um drei Uhr wecken, anonym. Und dann noch mal auf dem Festnetz. Und dann, weil es so schön war, nochmals auf dem Handy, diesmal mit Nummer. Um Zuhause anzurufen (in voller Panik), welcher Notfall denn eingetreten wäre.

»Ach Töchterchen, alles ok, wollte nur mal schauen, was das Handy so kann. Ist mir wohl aus Versehen was rein gerutscht. Schlaf gut, ja? Ich muss jetzt weiter zocken!«

Wtf!11!!?

Photo: Setting Up Smartphone by Travis Wise, CC 2.0

Nadine Goutrié

Eigentlich hat sie Geschichte und Kunstgeschichte studiert. Schnell fand sie aber heraus, dass ihre Umgebung statt Gemälde zu betrachten deutlich interessanter ist. Leider gefällt ihr oft nicht alles was sie da sieht, aber hey! Sarkasmus ist eine wunderschöne Sprache. Sie beobachtet euch und dann verwickelt sie euch in ein harmloses Gespräch. Kurze Zeit später findet ihr euch eventuell hier wieder. Glaubt ihr nicht, wenn sie sagt, dass sie euch mit ihren Texten reich und berühmt mache!

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Veröffentlicht von
Nadine Goutrié
Schlagwörter: ElternSmartphonesTechnik

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