Die passende Ausrede will wohlüberlegt sein. Nicht jede Krankheit eignet sich für die verrückteste Geschichte, auf die selbst Baron Münchhausen stolz wäre. Von Benjamin Bäder
Jeder kennt das, man müsste eigentlich zur Schule, zur Arbeit oder zum Swingerclub Kaffeekränzchen – die Lust will sich jedoch nicht so recht einstellen. Man braucht eine Ausrede. Schriftlich.
Die üblichen Entschuldigungen, Migräne, Trauerfälle in der Familie oder Entführungen durch griesgrämige Piraten hat man bis zum Erbrechen ausgeschöpft. Man braucht etwas Neues, sofern man sein soziales Umfeld nicht völlig gegen sich aufbringen will.
Ähnlich ging es zu Berufsschulzeiten einem Bekannten von mir, der, wenn er am Vorabend in der Kneipe versackt war, am nächsten Tag in die Verlegenheit kam eine neue Ausrede erfinden zu müssen. (Bis auf einmal, als er sturzbetrunken mit der Straßenbahn fuhr und den stellvertretenen Direktor unserer Schule traf, aber das ist eine andere Geschichte.) Die eben erwähnten Klassiker hatte er alle vorwärts und rückwärts durchdekliniert, nun bekam er den Ausredenjieper, um sein heimliches Laster weiterhin zu vertuschen. (Was nach dem Zusammentreffen mit dem sowohl überaus wichtigen wie auch geschwätzigen, stellvertretenden Direktor eigentlich überflüssig geworden war.) Überall wo Entschuldigungen, Ausreden oder Vorwände gebraucht wurden, sorgte der Ausredenjieper dafür, dass besagter Bekannter intensiv darüber nachsann, ob er diese ebenfalls verwenden konnte und wollte. Einmal durchwühlte er sogar einen Stapel Entschuldigungen unserer Mitschüler und Mitschülerinnen, der einen Augenblick unbeobachtet auf dem Pult unserer Klassenlehrerin lag. »Menstruationsbeschwerden« war sein Favorit.
Damit niemand in den Bannkreis gerät sich zwanghaft Entschuldigungen ausdenken zu müssen – beziehungsweise wenn es schon so weit ist wenigstens einigermaßen seriös und glaubwürdig zu wirken – folgen hier die sechs wichtigsten Ausreden, die man niemals verwenden sollte:
»Es tut mir leid, ich konnte vergangene Woche am Unterricht nicht teilnehmen, ich war tot.« Klinkt dramatisch, kann aber vorkommen. Cotard-Syndrom nennt man es wenn Menschen nicht merken, dass sie eigentlich noch am Leben sind und sozialen Verpflichtungen nachkommen könnten. Die Schattenseite bei dieser Ausrede, warum sollte man überhaupt wieder an Unterricht und Co teilnehmen? Die Ausrede, um die Ausrede zu entschuldigen könnte zum Beispiel lauten: »Entschuldigung, ich habe diese Schule hier mit einem Friedhof verwechselt.« – insgesamt also sehr unglaubwürdig.
Mittlerweile recht bekannt ist die Nomophobie, die Angst ohne Handy, bzw. ohne Empfang zu sein. Besonders bei älteren Menschen, die ohne Smartphones aufgewachsen sind, sich via Telegraf, Brieftauben oder den Ponyexpress auszutauschen, pflegten kann diese Ausrede mit einem »Ja und? Das war bei uns immer so, und es hat uns nicht geschadet« abgeschmettert werden. Doch auch jüngere Zeitgenossen verweisen bisweilen auf ein Ersatzhandy und haben kein Verständnis für das Problem. Weshalb sie die Ausrede mit einem »Heul doch, du Opfer!« quittieren.
Unglaublich praktisch ist es, wenn einem eine dritte Hand wächst, wenn man vollbepackt vor der Haustür steht und aufschließen möchte. Ansonsten sind Mutationen eher unpraktisch. Aus diesem Grund sollte man sie auch nicht als Entschuldigung missbrauchen – denn auch wenn sie in der Realität oft sogar hinderlich sind (wo soll man denn Pullover mit drei Ärmeln einkaufen?!), haben viele bei ihrer Erwähnung X-Men oder Fantastic 4-Assoziationen im Kopf und lassen die Entschuldigung nicht gelten. Vielmehr neigen sie dazu, den vermeintlichen Mutanten zu nötigen »Zaubertricks« vorzuführen, wie durch die Tür zu gehen ohne diese zu öffnen oder einen entgegen geschleuderten Schuh mittels Gedankenkraft zu pulverisieren, bevor er mit dem Kopf kollidiert.
Die Steigerung des Klassikers »der Hund hat meine Hausaufgaben gefressen«. Unter Umständen kann diese Ausrede wirklich überzeugen. Man muss nur auf die richtige Dosierung achten. Wenn einen angeblich des Öfteren der eigene Hund gebissen hat, wird vielleicht eine Tollwutimpfung verlangt oder gleich das Veterinäramt verständigt. Auch sollte man beachten, dass man nicht zu exotische Tiere wie Jesus-Christus-Echsen oder Koboldhaie auftischt, die einen angenagt haben wollen, sonst bewirkt eine solche Ausrede das Gegenteil und die Instanz, die die Ausrede entgegennehmen sollte, beißt einem den Kopf ab!
HIV+ ist out. Damit konnte man vielleicht in den 90ern noch punkten. Heute lockt man damit jedoch damit keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervor. Als Ausrede ist es so glaubwürdig, wie wenn man behauptet, man würde wieder Windows 95 installieren oder eine geliehene VHS-Kassette zurückspulen, bevor man sie in die Videothek zurück brächte.
Diese Krankheit wurde vor nicht allzu langer Zeit im Vorreiterland in Sachen Masturbation und Käse (Niederlande) entdeckt. Vorweg gilt die Einschränkung: diese Ausrede kann nur von Jungs (oder ganz dreisten Mädels) verwendet werden, man sollte sie aber generell vermeiden. Die Krankheit kommt selten vor und wenn ein Arbeitgeber, Lehrer oder Chorleiter bereits zwei oder mehr seiner Untergebenen an dieser Krankheit leidend wähnt, schwant ihm sofort, dass er hintergangen wird. Außerdem wird er mit Sicherheit das Bild des ejakulierenden Ausredenstellers nicht mehr aus dem Kopf bekommen, und wer will das schon?
photo: October 12, 2010 by TheeErin, CC 2.0
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