Kaum etwas erzürnt unsere Gemüter mehr als unpassendes Wetter. Zu heiß, zu kalt, zu nass und ohnehin zu windig. Irgendein Aufreger ist immer dabei. Da wir normalerweise machtlos sind, gibt es nur eine Lösung: heftiges und hemmungsloses Schimpfen.
Anfang März. Ich zerrte schlaftrunken an meiner Jalousie und schmeckte eine lange Nacht auf meiner Zunge. Frische Luft ist gut für einen zugestaubten Kopf, drum atmete ich tief ein. Herrlich. Doch meine trüben Augen hätte ich besser nicht geöffnet. Schnee. Überall Schnee! Bin ich gestern Abend falsch abgebogen und in Kärnten gelandet, oder was? Auch ein heftiges Augenreiben sowie Kneifen an empfindlichsten Stellen ließ die weißgraue Pampe nicht verschwinden. Nicht mal eine Gallone Kaffee half in meiner Not. Was blieb mir also sonst anderes übrig, als zu schimpfen? Ja, leck mich fett du verschissener Schnee! Knallfrosch, Dünnbrettbohrer, Hobbynutte! Alle meine Hemmungen sollten fallen, solange sich der Schnee schnellstens vom Acker macht. Tat er natürlich nicht, drum stapfte ich wenig später schimpfend meinen Sonntagsbrötchen entgegen. Und während sich das kalte Nass langsam aber überwältigend in mein Schuhwerk fraß, keifte ich »Arschlochschnee, du!«
Smalltalk-Thema Nummer 1 ist und bleibt das Wetter. Ist es drückend oder frostig? Scheint morgen die Sonne und wer verpasst den Hochs und Tiefs eigentlich ihre Namen? Das Wetter plus die dazugehörigen Begleiterscheinungen bieten uns zuverlässig Gesprächsstoff, sollte es je an Themen mangeln. Doch liefern Nieselregen und Schneegestöber eben auch alternative Möglichkeiten der kreativen Gesprächsführung, wie ich in der Einleitung aufzeige. Das Wetter bringt das Schlechteste in uns hervor. Vollkommen von Sinnen vergessen wir unsere gute Kinderstube, sofern wir aufgrund steigender Temperaturen ins Schwitzen geraten. Ganz zu schweigen vom Hagelschauer, der uns ausgerechnet auf den letzten fünf Minuten Fußweg vor der Haustüre erwischt. Selbst ein starker Gegenwind kann Aggressionen auslösen, wenn die Frisur drunter leidet.
Würde ich an Petrus glaube, so hätte ich ein wenig Mitleid. Der hockt da oben und will unsere Langeweile mit irren Specials Effects bekämpfen (»Und nun gebe ich euch die Erderwärmung, lol!«) und wir motzen permanent über seine Einfälle. Scheiß Regen! Fick Dich, Glatteis! Kann die verdammte Hitze mal aufhören? Erstaunlich ist obendrein, dass selbst die friedlichsten Personen, die sonst keiner Fliege etwas zuleide tun, bei unpassendem Wetter komplett am Rad drehen. Zum Glück lassen sie ihre Wut nur an ihren Regenschirmen aus, die zerdeppert im nächsten Mülleimer landen.
In einem Artikel der SZ wird vermutet, dass Fluchen zum Stress abbauen dient. Leuchtet ein, da anstrengendes Wetter natürlich ein gewaltiger Stressfaktor ist. Jeder, der einmal im Hochsommer umziehen musste, wird ein Lied davon singen können. Weiter ist erwähnt, dass Kinder sich mit besonderer Hingabe tabuisierten Worten widmen, da ihnen so die Aufmerksamkeit der geschockten Eltern gewiss ist (»Wer hat dir Bitch beigebracht?!«). Vielleicht haben wir diese Lektion nie vergessen und führen das als Erwachsene fort. Schimpfen gegen die höhere Gewalt, damit endlich mal was passiert. Damit uns jemand an die Hand nimmt und flüstert: »Auch ich werde gerade nass, du Lappen«.
Bleiben noch die Wetterfrösche. Werden diese eigentlich auch beschimpft? Zwar schaue ich so gut wie kein TV, aber hey – don’t kill the messenger! Nicht, dass Moderatoren und Moderatorinnen der Wettervorhersage auf der Straße verprügelt werden, weil jemand keine Lust auf Blitzeis hat. Auf so eine Idee würde ich nie kommen. Stattdessen richtete ich bei abgefuckten Schneelandschaften meine Faust gen Himmel und drohte mit Vergeltung. Abgesehen von verstörten Nachbarn hatte es keine nennenswerte Folgen. Das Wetter bzw. der Schnee zeigten sich stets mächtig unbeeindruckt. Arrogantes Stück Scheiße. Warte ab, bis der Frühling dich ausrottet.
Photo credit: GavinLi on Visual Hunt / CC BY-ND
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