Miteinander

Lieber Pille als Karriereknick

Man kann Frauen durchaus mehr zutrauen, als sich zwischen Handtaschen und Schuhen zu entscheiden. Doch gerade beim Thema Kinder hagelt es Unterstellungen.

Mitte 30 und kinderlos setzt einem in unserer Gesellschaft einen Egoisten-Stempel auf die Stirn. Wenn man ehrlich ist, muss man zugeben, dass es beide Lager braucht. Die, die gerne Kinder in die Welt setzen und somit dafür sorgen, dass sich das Rad fröhlich weiterdreht und die, die Steuerklasse 1 haben und somit solche Sachen wie Kindergeld und Steuererleichterungen der anderen finanzieren.Trotzdem wird einem Mann wohlwollend nickend die berufliche Karriere als Fokus abgenommen. Frau hat das Bedürfnis sich zu entschuldigen. Wobei es zu diesem Spiel immer noch zwei benötigt und die Frau lediglich ihren Körper zum Austragen hergibt. Die Gesellschaft überaltert und von jeder Tabelle, die dies untermauert, schweift der verständnislose Blick in Richtung der egoistischen, kinderlosen Frauen.

Hoch lebe der demographische Wandel

Verzweifelt stottern die angeklagten Frauen etwas von »… einfach nicht den richtigen gefunden… Studium hat schon so lange gedauert, jetzt erstmal etwas arbeiten… es hat bisher einfach nicht geklappt…wir haben ja noch Zeit…« Eigentlich sind all diese Gründe trivial, denn für alle Eltern steht fest, dass man nichts anderes macht, als den demographischen Wandel zu zelebrieren. Quasi zum Untergang der Menschheit mit einem Glas Sekt das Verhütungsmittel schlucken, während man wahnwitzig lachend dem Elend seinen Lauf lässt.

Wobei hier die Frage ist, ob folgender Dialog in deutschen Betten jemals stattgefunden hat:

Er: Schatz?
Sie: (gelangweilt in einem Buch lesend) Hmmm?
Er: Sollen wir ein Baby machen?
Sie: Och nö. Ich steh kurz vor der Beförderung, die Wohnung ist doch jetzt schon zu eng und schwanger seh ich so fett aus.
Er: Aber der demographische Wandel! Ich finde, wir haben da eine Verantwortung.
Sie: Ach so. Hm. Naja. Ok!

In aufgezwungener Erklärungsnot

Persönliche Studien im direkten Umfeld haben gezeigt, dass es bei der erfolgreichen Fortpflanzung zwei Lager gibt. Die Wunschkinder, die als i-Tüpfelchen dem Leben mit Haus, weißem Gartenzaun und Hund die Krone aufgesetzt haben und die Unfälle, die halt passiert sind. Muss sich frau wirklich dafür entschuldigen, sich bewusst gegen dieses Lebensmodell entschieden zu haben und dazu noch schlau genug war zu verhüten? Bei einem Mann würde man noch nicht mal die Autofarbe in Frage stellen, für die er sich entschieden hat. Er hat sich ja was dabei gedacht. Warum kann dies bei der Entscheidung des Lebenswegs von Frauen nicht auch einfach so hingenommen werden? Es wird der Tag kommen, da traut die Gesellschaft Frauen wichtigere Entscheidungen zu als die Farbe des Lippenstifts und die Marke des Waschmittels. Und dann können die Frauen ein Glas Sekt trinken und lachen, weil es dann in die richtige Richtung geht. Bis dahin müssen sie wohl auf die Frage, warum sie denn keine Kinder hätten einfach antworten: Ich bin eine karrierefixierte Schlampe, die lieber rumhurt als Verantwortung für andere zu übernehmen. Meiner Meinung nach muss man an das Thema Nachwuchs rangehen wie an Gruppensex. Wenn es so weit ist, einfach auf sich zukommen lassen und sehen was passiert. Aber lass uns jetzt doch lieber über deinen Haarausfall reden.


Kiphoto: Verkehrsschild Gender by Metropolico.org, CC 2.0

Melanie Messinger

Sie arbeitet in der Technik und muß mit Mitte 30 noch oft den Ausweis vorlegen beim Lotto spielen. Zum Trost schreibt und singt sie gern - von Alt bis Mezzosopran.

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Veröffentlicht von
Melanie Messinger

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