Senf

Offener Brief an die Deutsche Bahn

Überstrapazierte Störungen im Betriebsablauf

Die Deutsche Bahn und ihre nichtssagenden Durchsagen. Wie oft haben sie mich im Dunkeln oder halt am Gleis stehen lassen. Deshalb schrieb ich einen Brief.

Liebe Deutsche Bahn,

vor kurzem wurde der Ausdruck »alternative Fakten« populär. Trumps Beraterin nutzte diese Formulierung, um uns eine andere Auffassung von Trumps Inauguration zu verkaufen. Als ich letzte Tage frierend auf Gleis 2 stand und ich die Durchsage »Grund der Verspätung ist eine Störung im Betriebsablauf« hörte, klang das beinahe ebenso nach einem alternativen Fakt, bei dem ich fühle mich obendrein noch verhohnepiepelt. Vielleicht handelte es sich bei dem Spruch aber auch um Fake-News … oder um eine Werbepause.

Standardausrede »Störungen im Betriebsablauf«

Egal. Auf jeden Fall ist eine derartige »Störung im Betriebsablauf« ungefähr so aussagekräftig wie eine Wetteransage mit dem Inhalt »Grund für die niedrigen Temperaturen ist die winterbedingte Kälte plus eventuell aufkommendes Schneegestöber«. Da hilft es auch nicht, wenn Du diese Offensichtlichkeiten im 10-Minuten-Abstand durch die Sprachcomputer jagst, liebe Deutsche Bahn aka Captain Obvious. Die eigentlichen Gründe, warum ich meinen Anschluss verpasse, will ich wissen!

In vielen Teilen Deutschlands ist derzeit die Grippewelle ausgebrochen. Die Deutsche Bahn trägt dazu mit ihrer Taktik des Ausharrens (Nach dem Motto: »Vielleicht merkt es ja niemand, wenn dieser Zug ausfällt..? In einer halben Stunde kommt eh der Nachfolgezug?«) wahrscheinlich dazu bei. Ganz davon abgesehen, dass man in den engen Abteilen und überfüllten Gleisen kaum niesen kann, ohne direkt fünf Leute anzustecken, setzt die Kälte unser Immunsystem herab und ermöglicht somit eine saftige Ansammlung für Krankheitserreger. Das ist jedoch zweitrangig, denn mich nervt vor allem die völlige Unfähigkeit zur Kommunikation zwischen DB und Kunden.

Die Deutsche Bahn kann sehr wohl nicht nicht kommunizieren

Ich verstehe einfach nicht, warum mir erst eine Verspätung von ca. 10 Minuten via DB-App angekündigt wird, die auf dem Gleis innerhalb von 20 Minuten in eine 25-minütige Verspätung mutiert. Ist die angeschlagene Zeit rum, folgt die Durchsage, dass der Zug nun ganz ausfallen wird, »Wir bitten um Entschuldigung«. Eine Erklärung gibt es nicht. Erst ein Blick auf ein lokales Nachrichtenportal liefert unter Umständen weitere Infos. Auf der Störungsseite der Deutschen Bahn sind in der Regel keinerlei Hinweise zu finden. Natürlich auch nicht in der App oder den elektronischen Anzeigen am Bahnhof.

Dieser beschriebene Vorfall ist nicht nur jedem Pendler bekannt, sondern er passierte mir innerhalb einer Woche ganze drei Mal. Ich habe Verständnis für Deinen schweren Job, keine Frage! Eure Zugbegleiter werden immer häufiger Opfer von Gewaltübergriffen, die Kunden wandern zu den Fernbus-Unternehmen ab und Du wirst alljährlich spontan von Laub und Schnee auf den Gleisen überrascht. All die Dinge verstehe ich, ebenso wie viel Verantwortung Deine Mitarbeiter tragen müssen. Aber findest Du nicht, dass Du uns zahlenden (die in regelmäßigen Abständen tiefer in die Taschen greifen müssen) Bahnkunden wenigstens ein bisschen entgegenkommen kannst? Sprich mit uns, Deutsche Bahn!

Viel Lärm um nichts

Natürlich hast Du keinen Bock, für jeden Ausfall direkt Taxen nach Buxtehude zu spendieren, aber ich würde mehr und vor allem sinnvolle Kommunikation sehr begrüßen. Der Zug fällt aus? Okay! Warum sagst Du mir nicht, dass ich schnell auf die Straßenbahn umsteigen sollte, weil auch der Nächste ausfällt und Du auch eigentlich keine Ahnung hast, wann überhaupt die Strecke wieder frei wird? Muss noch ein nervtötender ICE oder Güterzug durchrauschen? Meinetwegen! Aber sag es! Deutsche Bahn, Du hast so viele Kommunikationsportale eingerichtet, willst uns Fahrgästen nun sogar Wlan in Regionalzügen schenken … aber Dir jedes Wort aus der Nase ziehen lassen?

An dieser Stelle möchte ich klarstellen: sollte ein Personenunfall oder ein anderes schlimmes Vorkommnis stattgefunden haben, so bin ich der Letzte, der losheult, weil ich abends meine Lieblingsserie verpasse. Dass so ein Vorfall jede Menge Aufwand und Organisation bedeutet, der alles andere als ein Zuckerschlecken ist, ist mir vollkommen bewusst. Aber die oben erwähnten »Störungen im Betriebsablauf« kaufe ich Dir nicht ab. Also sein kein Trump und zeige Dich ein wenig kooperativer.

Mfg
Miesepeters

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Veröffentlicht von
Oliver Peters
Schlagwörter: Deutsche BahnPendlerZüge

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