Senf

Man kann mir das Ruhrgebiet ansehen

Frecherweise wurde mir unterstellt, ich würde wie ein Typ aus dem Ruhrgebiet aussehen. Stimmt zwar, aber hey! Wie kann das sein?

Lässt sich der Geburtsort am Gesicht ablesen? Ich meine damit nicht die Wurzeln der Vorfahren oder so. Vielleicht sollte ich noch einmal genauer fragen: ist es möglich, dass ich einem Kölner das das Kölsche ansehe? Auf alle Fälle wurde ich durch diese Fähigkeit überrascht. In einem Smalltalk-Gespräch warf man mir an den Kopf, dass man mir das Ruhrgebiet ansehen würde. Pff!

Die Nase als Himmelbett für Tauben

Das Ruhrgebiet steht mir scheinbar ins Gesicht geschrieben. Doch was macht den Pott aus? Kenner erinnern sich an den ersten TV-Satz des berühmt-berüchtigten Kommissars Schimanski, der da lautete: »Zottel, du Idiot, hör auf mit der Scheiße«. Typisch für uns. Hauptsache motzen, am besten vulgär. Könnte tatsächlich auf meinem Gesichtsausdruck zutreffen. Es wäre nicht das erste Mal, dass meine Mimik kritisiert wird. Eine alte Bekannte meinte einmal zu mir, dass, ich zitiere, sie »Angst hätte, wenn sie mich nicht kennen würde.«

Auch der aktuelle Tatort-Kommissar Faber, der in Dortmund alle zur Verzweiflung treibt, zeichnet sich durch seine depressive Art und sein großes Mundwerk aus. Dortmund selbst macht in in dieser Reihe keine gute Figur; selbst der damalige Oberbürgermeister beschwerte sich, dass mit der Darstellung der größten Ruhrgebiets-Stadt »Mobbing« betrieben werde. So scheiße ist es hier nicht! Ehrlich!

Grau, abgerockt, aber dafür mit Herz. Solche Beschreibungen lassen sich häufig über den Ruhrpott lesen. Vor einiger Zeit gab es für Duisburg (wo wir schon bei Schimanski sind) die urkomische Werbekampagne, die genügend Freiraum für freche Interpretationen ließ. So stand auf den Plakaten »Duisburg ist echt« und den Rest konnte man sich denken. Besonders kreativ oder gar positiv dürften die Ergänzungen nicht ausgefallen sein, dafür ist der Pott zu sehr abgehängt. Zumindest wenn man den Zahlen des seltsamen »Städte-Rankings« glauben möchte.

Mimik-Mumpitz aus dem tiefen Westen

Zurück zu meiner Visage. Leider versäumte ich, den frechen Mutmaßer zur Rede zu stellen. Was bitte ist an mir typisch Pott? Meine Nase? Hat sie einen Pulsschlag aus Stahl? Vor Arbeit ganz grau und leider total verbaut? Er selbst war in dieser Zeit in Münster daheim. Zugegeben, als Münsteraner hätte ich auch über jeden Duisburger gelacht. Angesehen habe ich ihm das aber nicht, er wirkte mehr wie Typ Düsseldorf.

Auch wenn ich mich an dieser Stelle gekünstelt aufrege, ein Teil von mir ist irgendwo schon zufrieden mit der Einschätzung. Da sehe ich halt nach Ruhrpott aus, was soll’s? Hömma, das erlaubt mir wenigstens die Nutzung eines gewissen Jargons. Wie zum Beispiel: »Jau, bevor ich über dat Pille-Palle von so einen Heiopei bräsich rumnölen tu, kann ich lieber ´nen Pilsken picheln und schön Tralafitti machen. Dann is Schicht im Schacht!«

Wobei … was mache ich, wenn mein Gesicht einfach nur nach Currywurst ausschaut? Töffte.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Oliver Peters
Schlagwörter: MimikRuhrgebiet

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