Freizeit

Wer mag schon Zartbitterschokolade

Über Herrenschokolade, die man am liebsten weiterschenken würde

Du gehörst auch zu den Personen, die Zartbitterschokolade im Regal ignorieren und lieber direkt zur Volllmilchschokolade greifen? Willkommen im Club.

Heute bekam ich einen Nikolaus aus Zartbitterschokolade geschenkt. Mein erster Gedanke war »Pfui Deibel«, aber ich sagte mit wohlgesonnener Stimme, dass ich mich sehr über das Geschenk freuen würde. Darüber hinaus verschwieg ich, dass ich einen üblichen Nikolaus aus Vollmilchschokolade deutlich mehr gefeiert hätte. Möglicherweise würde ich der Person einen Feiertag widmen oder wenigstens meine kommenden Kinder nach ihr benennen. Aber so? Mit Zartbitter? Keine Chance.

Bittersüße Ladenhüter

Zum Glück bin ich nicht alleine. Die konsequente Abneigung gegen Zartbitterschokolade ist mittlerweile gesellschaftstauglich geworden. Kein Tag vergeht, an dem nicht irgendein Freund der »Herrenschokolade«, wie man Zartbitterschoki auch noch nennt, auf offener Straße geächtet und verprügelt wird. In den sozialen Medien werden unter dem Hashtag #youwanteditbitter die dazugehörigen Videos hochgeladen. Nicht unweit von Nürnberg sollen regelmäßig Sitzungen der Anonymen Zartbitterhoarder stattfinden. Diese bemitleidenswerten Zeitgenossen leben inmitten von Bergen nicht ausgepackter Zartbitterschokolade, die sie aus den unterschiedlichsten Gründen angesammelt haben. Oder einfach nur aus Angst vor öffentlicher Blamage. Wie gesagt, zum Glück bin ich keiner von denen.

Das erinnert mich ein wenig an diese Hoax-Meldung, die vor wenigen Jahren viele Leute an der Nase herumführte. Es wurde behauptet, dass dunkle Schokolade (sprich: zartbitter, edelbitter) schlank machen soll. Weil viele Medien diese Falschmeldung verbreiteten, nahmen Schlankheitsfanatiker Zartbitterschokolade in ihre Ernährungspläne auf. Schoki statt Gemüse! Irgendwann flog der Schwindel auf und sämtliche bitteren Schokoladensorten wurden wieder zum Ladenhüter.

Bohnen statt Kühe

Aber zurück zu meinem Geschenk. Warum bekomme ich überhaupt so einen bittersüßen Nikolaus? Wird er weitergereicht, wie eine unliebsame Trophäe? Ein bitterer Wanderpokal mit hohem Kakaoanteil? Ich gehe von simpleren Motiven aus: Hass oder Unwissen.

Leider habe ich noch keine Ahnung, was ich damit anfangen soll. Ob ich ihn kosten werde? Ich könnte mir einreden, dass diese Zartbitterschoki nur was für »echte Kerle« wäre. Der Scotch unter den Schokoladen, von authentischen Kakaobohnen geschabt anstatt von einer lila Kuh gezapft. Während andere ihre kubanischen Zigarren in der Raucherlounge zücken, breche ich lässig ein Stück Herrenschokolade ab. Unter Umständen eröffnen hippe Viertel wie Flingern oder Kreuzberg demnächst eine Zartbitter-Manufaktur. Ne? Vielleicht nicht so realistisch. Was auch immer ich damit anfange werde: falls mir einer schräg kommt, wird er oder sie von mir beschenkt. Und dabei gefilmt.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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  • Das Bittere im Leben lässt das Süße noch schöner erscheinen. Geniesse den
    bitter-herben Nikolaus! Gruß S

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Veröffentlicht von
Oliver Peters
Schlagwörter: NahrungSchokolade

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