Ratgeber

Wie man Frust erfolgreich und endgültig abbaut

Was hilft, wenn man total frustriert ist? Die besten Methoden gegen Frust sind übrigens nicht so easy, wie uns Ratgeber vermitteln wollen.

Ehrlich gesagt? Keine Ahnung.
Wenn man sich mal ernsthaft auch nur eine Sekunde mit dem Thema beschäftigt, könnte man vor Wut ins nächste Kissen beißen. Frust loswerden. Wie soll das gehen, wenn man jenseits der 18 ist? Ich persönlich brauche nur an den heutigen Morgen denken, als ich mit einer freiwilligen Einschläferung liebäugelte. Oder gestern. Oder der Tag davor. Es kommt die Zeit, in der Frust durch unangenehme Lebenslagen absolut unvermeidbar scheint. Hauptgrund dafür sind meist andere Personen und Briefe, die einem die Stimmung ruinieren. Wer kennt die Situation nicht? Man öffnet den Briefkasten und möchte beim Anblick der Mahnungen, Pizza-Flyer und GEZ Nervereien das Postfach als Kotzeimer zweckentfremden. Nur andere Menschen übertreffen dies, indem sie einfach da sind. Ich war schon immer der Meinung, dass man sich sein Umfeld so gut wie gar nicht aussuchen kann. Bei der Familie fängt die Problematik schon an. Abgesehen von der Mafia und zerzausten Hippie-Kommunen sind mir keine alternativen Familienformen bekannt. Auch die Kollegen kann man sich nur schwer aussuchen, sofern man nicht der Boss ist. Wenn man es doch ganz genau nimmt, kann man nicht einmal seinen Freundes- und Bekanntenkreis vollkommen frei wählen. Schließlich spielen immer Ort und Zeit eine Rolle. Bist Du beispielsweise in einer Stadt wie ich geboren, die nicht einmal 80.000 Einwohner hat und Schlager für eine anerkannte Musikrichtung hält, dann wirst Du unter Umständen wissen, was ich meine. Da nimmt man, was man kriegen kann.

Du hast keine Wahl

In der Schule sucht man sich bereits seinesgleichen als Kontakte aus. Nach dem Motto »Gleich und gleich blah« finden sich somit homogene Gruppen zusammen, die allesamt die gleichen Flausen im Kopf haben. Aber hat man die dann wirklich frei als Freunde ausgewählt? Streng genommen wählte man aus dem Angebot möglicherweise das kleinste Übel. Auch bei der Partnerwahl ist es wahrscheinlich, dass man im Grunde auch nicht alle Möglichkeiten in Betracht zieht, sondern eben die Braut/den Typen anspricht, welche/r sich am schnellsten und effektivsten abfüllen ließ. Dass es tatsächlich nicht die beste, sondern zu diesem Zeitpunkt bestmögliche Wahl war, wird meist im Laufe der Liaison deutlich.

Man kann sich kaum wehren. Andere Menschen kann man eh nicht ändern oder gar beeinflussen und die Post wird so lange ausgeliefert, bis Du ausziehst. Das verursacht enorm Frust. So starken Frust, dass man gar nicht weiß, wohin mit seinen Aggressionen. Bücher und Blogs für Weltverbesserer haben für dieses alltägliche Gefühl der Ohnmacht massenweise sinnfreie Tipps und Kniffe parat, die man sich getrost schenken kann.

Akzeptiere die Realität: Absurde Tipps bei Frust

Bei meiner Recherche stieß ich auf haufenweise lächerliche Tricks, wie man Frust angeblich abbauen kann. Sei vollkommen im Hier und Jetzt. Schätze das, was Du hast. Konzentriere Dich auf das, was Du in diesem Moment erreichen kannst. Mach einen langen Spaziergang. Höre auf, Dich selbst dafür verantwortlich zu machen. Nimm ein Bad. Schreibe Dir selbst einen Brief. Und mein persönlicher Favorit: Akzeptiere die Realität. Verzeihung, aber das muss nun sein: LOL.

Hand aufs Herz: bei einem genauen Blick auf dieser Bullshit-Liste lässt sich herauslesen, dass man letztendlich machtlos ist. Jeder einzelne dieser Tipps beschreibt nur, sich voll und ganz auf seine Situation zu konzentrieren und sich in Akzeptanz zu üben. Was soll das bringen? Dass man direkt aus dem Dreieck springt oder gleich aus dem Fenster? Ob ein Bad in solchen Lagen reicht, wage ich zu bezweifeln – es sein denn, man hat entsprechendes Badesalz. Wozu ein langer Spaziergang, bei dem man sich seine missliche Lage noch einmal genau vor Augen führen muss, anstatt sich wie gewohnt mit Smartphones und Netflix abzulenken? Das soll helfen? Und was könnte in einem Brief stehen, den ich an mich selbst gerichtet habe? »Sehr geehrter Versager, Dein Leben ist scheiße. Erschieß Dich endlich, mit freundlichen Grüßen«? Lachhaft. Nur dieser eine finale Tipp sticht heraus, weil er einer Unterwerfung gleichkommt. Dieses mühsame Leben mit all seinen frustrierenden Momenten einfach so nehmen, wie es ist. Wer hätte das gedacht. Hatte man denn je die Wahl?

Jetzt aber: Weg mit dem Frust

Wie gesagt, ich habe keine Ahnung, wie oder ob man Frust letztendlich loswerden kann. Aber ich wage zu behaupten, es auch nicht zu müssen. Die Amerikaner haben dafür ein T-Shirt erfunden: »Shit happens«. Die Franzosen sagen »C’est la vie«. Nur wir Deutschen haben den Anschluss verpasst und fanden keinen Slogan, um unsere Machtlosigkeit auszudrücken und zelebrieren lieber den Weltschmerz. Deshalb akzeptiere ich nicht nur zähneknirschend die Realität, sondern vor allem auch meinen Frust. Warum soll ich auch verstecken, wenn man mir was ordentlich auf die Nüsse geht? Nervige Im-Weg-Steher, unfreundliche Kassierer, abstoßendes Kleingedrucktes, miese TV-Programme und lästige Spieleanfragen, warum soll ich die alle einfach hinnehmen? Ich will mich aufregen! Über die verspätete Bahn, über den verpatzten Elfmeter und über den miserablen Kaffee Deiner Mutter! Raus damit! Warum soll ich die Probleme mühsam Schritt für Schritt verarbeiten und mit mir selbst ausmachen, wenn man die ungefragte Ladung Frust direkt wieder zum Absender zurückliefern kann? Dampf ablassen, durchatmen und etwas machen, was einen nicht frustriert. Außerdem kann man ja nicht immer baden gehen, wenn man eine hohe Nebenkostenabrechnung im Briefkasten findet.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Oliver Peters

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