Egal, wie sehr man seine Kollegen verabscheut. Mit Essen kriegt man sie scheinbar alle. Auch du willst Deinen Kollegen mit einem selbstgebackenen Kuchen den Tag versüßen? Bitte überleg es Dir zweimal.
Überstunden, Video-Konferenz, Papierstau … all diese Dinge treiben meine Kollegenschaft schnell und zuverlässig in den Wahnsinn. Meine Augenbraue hingegen zuckt erst nervös, wenn es krümelt. Meine ausgewachsene Aversion konzentriert sich besonders gegen Selbstgebackenes, besonders in der Form eines Kuchens. Der Umstand hat sich zwar schon ordentlich herumgesprochen, aber hat scheinbar sind gewisse Backfeen auf diesem Ohr taub. Anders kann ich mir nicht die Frechheit erklären, die sich letztens erst zugetragen hat. Da wurde in meiner Abwesenheit frech ein Teller mit einem Stück Käsekuchen auf meinem Schreibtisch platziert. Einfach so! Krümelte da dreist vor sich hin. Ich tat das einzig Vernünftige: Ich kündigte.
Okay, ich kündigte nicht wirklich. Aber ich war kurz davor! Ein aufgezwungener Kuchen stellt meiner Meinung nach ein gutes und einleuchtendes Argument dar. Nicht, dass ich Käsekuchen zum Würgen fände, aber es geht mir um das Prinzip. Ein höfliches »Nein, danke. Ich verzichte« wird in den meisten Fällen lächelnd übergangen. Nur meine aus der Not heraus erdachte spontane Diabetes Erkrankung konnte mich vor der gebackenen Nötigung bewahren. Doch diese Blicke. Vorwurfsvoll von der Seite, pure Verachtung. Die nackte Enttäuschung ebenfalls auf dem Gesicht der unnachgiebigen Kuchenfee, Tränen statt Schlagsahne. In dieser Flut an negativen Gefühlsausbrüchen möchte niemand untergehen, bleibt also nur Mund auf und durch. Das Stück Kuchen wird gemampft, damit der Haussegen nicht in eine Schieflage gerät.
Dabei soll es nicht wenige Kollegen geben, die sich höchst kreativ der ungewollten Kuchenstücke entledigen. Verstecken Sie in ihrer Hosentasche, um sie bei Gelegenheit aus dem Fenster oder ins Klo zu werfen. Andere bringen ihren Bürohund mit, um am Ende blankgeleckte Teller zu präsentieren. Einmal hörte ich gar von einem Kollegen, der ein ungewolltes Stück Kuchen in einen Umschlag steckte und an eine zufällige Adresse schickte, Hauptsache weit weg. Kann man ein solches Verhalten verurteilen? Ich denke nicht. Wenn das höfliche Nein ungehört bleibt, letztendlich die Argumente fehlen und man nicht gebrandmarkt gelte möchte, hilft in Extremsituationen nur der schnelle Wurf des Tellers, als ob es eine Frisbee-Scheibe wäre.
Eine Lösung für das Krümeldilemma lässt sich kaum finden. Das Aufschreiben meiner Kuchenwut hilft wenigstens ein Stück. Vielleicht wird das NEIN DANKE doch irgendwann gehört und ich bleibe verschont. Zumindest bis zu dem Tag, an dem ich ein matschiges Stück Kuchen in meinem Briefkasten finde.
Bild von Sharon Ang auf Pixabay
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