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Kleiner Aufruf zur Rettung der Moral

Schon mal irgendwas in Sachen Medizin per Google gesucht? Mit Sicherheit setzt kurz danach das totale Entsetzen ein. Sobald man die Mimik eines Munch’schen Schreis abschüttelt, wird klar: Viele Surfer verderben den Brei.

Da ist es! Das nigelnagelneue Katy Perry Video, frisch vom Superbowl. Da hat man gerade mühsam die Schlagzeilen des Dschungelcamps hinter sich gelassen, kommt der nächste Rundumschlag. Dabei sind die Meldungen nicht mal das Problem, sondern viel mehr die Reaktionen. Unterhalb diverser Artikel der populären Onlinepräsenzen der Zeitschriften/Magazine kann man sich scrollenderweise entweder amüsieren oder den Glauben an die Menschheit verlieren. Bleiben wir beim Beispiel Katy Perry und zitieren einen der üblichen Kommentare:

Der Lenny ist ein optischer Aufputz für die 35+ -Frauen, mehr nicht. Musikalisch interessantes hat der seit den 90ern nicht mehr gemacht. Bei dem geht es nur um die Sonnenbrille, das Netzleiberl und das Posieren. Deshalb floppen seine Platten auch. Der muss froh sein, dass er beim Superbowl die Hausfrauenzielgruppe bedienen darf.

Ich dachte, es geht um Katy Perry? Auf einmal muss der Leser sich mit den Fetischen von irgendwelchen Klischees auseinandersetzen? Sind alle Frauen jenseits der 35 überhaupt Hausfrauen? Dabei dachte ich, das wären alle Milfs.
Jedenfalls ist dieses Trauerspiel überall im weltweiten Netz zu beobachten. Googelt man „Schnupfen“ und „Hausmittel“ kommt direkt der Vorschlag, sich dank regelmäßiger Nasenduschen gar nicht erst anzustecken. Die besonders Harten können sich gar mit dem Portal „gutefrage.net“ auseinandersetzen. In dieser Lebensberatung, die irgendwie ständig an Frauentausch-Formate erinnert, gibt es Perlen wie „Was kann man noch über Katy Perry sagen?“ zu entdecken.

Nun soll sich dieser Eintrag zur Rettung der Moral nicht um Katy Perry drehen. Sondern eher eine Lösung vorstellen, wie man die Schreibwut der Bevölkerung stoppen kann. Damit nicht mehr ständig Fotos vom Mittagessen/Babies in der Facebook-Chronik zu ertragen sind. Genug von ungefragten Meinungen und Ratschlägen in den Foren dieser Welt, nach dem Motto „Meine Tante hatte auch mal einen Bekannten, der das aber ganz anders erlebte als Du. Wollte es dennoch mal gesagt haben.“ Gegen all diese Missbräuche der freien Meinungsäußerungen gibt es nur einen Weg:

MACHT DAS INTERNET TEURER.

Macht es so unbezahlbar, dass die Leute wieder (wie vor 10 Jahren) auf die Uhr schauen, wenn das Modem anspringt. Streicht alle Flatrates und richtet unverschämt überzogene und nahezu kriminelle Tarife für die Netznutzung auf Smartphones ein. Macht aus den Internet-Cafés wieder Trinkhallen. Vielleicht lassen die Leute dann endlich von ihren Selbstgesprächen mit den Bildschirmen dieser Welt ab und trauen sich nicht mehr, ihre Gedanken zu äußern.


photo: No Internet by Marcelo Graciolli

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Veröffentlicht von
Oliver Peters
Schlagwörter: Sozialverhalten

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