Tequila, der missverstandene Genuss. Anstatt ihn zu lecken, schlucken oder gar zu beißen sollte man ihn lieber auf andere Art und Weise genießen. Vergesst Zitronen und Salz.
Kein ordentliches Komasaufen ohne die berühmten Shots. Doch wer sich den Quatsch mit der Zitrone und dem Salz ausgedachte, muss schon weggetreten unter dem Tisch gelegen haben. Wer käme sonst auf die Schnapsidee, sich den Agaven-Brand mit Hilfe eines lächerlichen Rituals hinter die Binde zu kippen? Guter Tequila kommt auch ohne so einen Firlefanz aus. Schlechter Tequila muss dagegen leider gepimpt werden.
Viele Kneipen und Bars führen leider nur die üblichen Verdächtigen, wenn es um Tequila geht. Dieser ist meist von minderer Qualität und schmeckt so scheußlich, dass man ihn nur als Shot trinken kann – oder gar muss. Ein langsames und bedächtiges Genießen ist absolut ausgeschlossen, da der scharfe Industriealkohol einem sonst die Sinne raubt. Masochisten schrecken in solchen Fällen nicht zurück, diesen Trunk kräftig zu versalzen und mit einer sauren Zitrone noch einen draufzusetzen. Wie soll man das Zeug auch anders runter kriegen?
Lecken, Schlucken, Beißen. Um noch einmal den genauen Ablauf für Unwissende zu schildern: Man bestellt in einer Runde voller lebensmüder Saufkumpanen eine Runde Tequila und erhält minderwertigen Agaven-Brand in einem Shot-Glas. Dazu wird ein Salzstreuer und jede Menge labbrige Zitronenscheiben gereicht. Zunächst schnappt man sich so eine Scheibe und rubbelt diese hektisch über eine Stelle seiner Hand, die man schon immer ablecken wollte. Im Anschluss streut man mit dem Streuer Salz drüber, wobei perfide darauf zu achten ist, dass auch jeder aus der Runde mitmacht. Hat sich jeder besudelt, wird lauthals der Trinkspruch verkündet. Nach einem »PROST IHR LUSCHEN« leckt man die zuvor zitronig gesalzene Stelle auf der Hand ab und schüttet den ungenießbaren Tequila möglichst schnell die Kehle hinunter. Den Ekel, der sich dank des scharfen Frostschutzmittels in der Mundhöhle ausbreitet, wird man nur los, indem man fix in die zuvor gebrauchte Zitronenscheibe beißt. Hmm, lecker! Und dazu dieses Zitronengesicht. So trinkt man Tequila in Europa und in den USA.
In Mexiko trinkt man Tequila etwas anders. Dort ist es weniger hektisch, man lässt sich Zeit – Siesta eben. Den Agavenschnaps trinken Mexikaner meist pur und ohne Firlefanz. Sollte es doch mit anderem Kram getrunken werden, so wird in der Regel Sangrita gereicht; ein Getränk aus diversen Frucht- und Gemüsesäften. Statt der beknackten Zitrone werden höchstens Limetten angeboten. Das erwähnte Salz streut man auf diese und nicht auf die Flossen. Dieses Vorgehen dient höchstens der Erfrischung und hat nichts mit dem peinlichen Ritual der Europäer gemein.
Es gibt folgende Tequilasorten, die nur bedingt mit dem Lieblingsgetränk der Komasäufer zu tun haben:
Es ist ungewiss, wie oft man verkatert oder auf der Kloschüssel aufwachen muss, um zu verstehen, dass diese Tequila Shots kein guter Einfall waren. Jedoch bin ich schon mal beruhigt, dass niemand auf die Idee kam, das Zeug mit einer Melone und Zucker zu saufen.
foto: cuervo von Lindsey Turner, CC 2.0
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