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Schlimme Berufe: Aussortierer bei Facebook

Schlimmer als Social-Media-Manager: Aussortierer bei Facebook. Sie beseitigen den Schund, den wir nicht sehen wollen und sollen.

Letztens fand die Veranstaltung »Die Müllabfuhr im Internet« statt. Die Heinrich-Böll-Stiftung beschäftigte sich mit dem Berufszweig »Kommerzielle Inhaltsmoderation« (Commercial Content Moderation) bei Unternehmen wie Facebook und Co. Kurz gesagt: Damit sind jene hartgesottene Leute gemeint, welche die unschönen Dinge aus den sozialen Netzwerken entfernen, ehe sie auf uns verwöhntes Pack losgelassen werden. Damit sind nicht nur unangemessene Bilder/Videos gemeint, sondern auch das neunundvierzig­tausenddreihundert­vierundachtzigste Foto vom Kantinenessen.

Sichere Kandidaten für die Couch

Was im ersten Moment wie ein Job klingt, den viele Menschen tagtäglich »nebenbei« erledigen, sei es im Zug, auf dem Klo oder während der Arbeit, ist es für manche der pure Albtraum. So muss der Reinigungsdienst der sozialen Netzwerke die Kanäle sauberhalten – damit nicht allzu viele Pornos und Gewaltorgien in unserer Chronik auftauchen. Für rund 300 EUR im Monat werden auf den Philippinen Arbeiter eingesetzt, die sich tagtäglich die volle Dröhnung an Geschmacklosigkeiten geben müssen. Viele davon verkraften das Gesehene kaum; sie schlagen nicht selten eine Karriere als Alkoholiker ein oder buchen direkt bis ans Lebensende einen Therapieplatz auf der Couch.

Absurd sind vor allem die Regeln, die solcher Aussortierer bei ihrer Tätigkeit beachten müssen. So müssen Geschlechtsteile, die sich an der getragenen Hose abzeichnen, nur gelöscht werden, wenn sie innerhalb eines Raumes fotografiert werden. Außerhalb der eigenen vier Wände ist es kein Problem, da Sexualität eh meist im Dunkeln stattfindet. In ganz besonders schlimmen Fällen werden Programme zur Fotobearbeitung eingesetzt, um aus nicht jugendfreiem Material lustige Kugelfische und Teletubbies zu kreieren.

Outsourcing der Drecksarbeit

Alte Hasen kennen ja unter Umständen noch verrufene Seiten wie zum Beispiel »Rotten.com«. Diese Seite bot ein ähnliches Programm wie das täglich Brot der Facebook-Müllmänner, welche in ihrem Leben wohl mehr Blut ertragen mussten, als jede Splatter-Sammlung hergibt. Wir User merken nichts davon, da wir uns täglich durch eine saubere Chronik voller niedlicher Katzenvideos scrollen. Doch auch damit könnte es bald vorbei sein, weil Gerüchte besagen, dass Facebook und Co. diesen Bereich der Datensäuberung ausbauen möchte. So sollen unter anderem in Zukunft via Photoshop jedem Foto ein Lächeln ins Gesicht gezaubert werden, damit niemand mehr etwas vom Leid in dieser Welt erfährt, so lange nur auf das Smartphone gestarrt wird.

Auch werden Fotos von Essen und Haustieren gelöscht, da sie sonst Fress- und Fellneid hervorrufen könnten. Ähnliches gilt für Urlaubsfotos – es sei denn, sie sind auf Mallorca aufgenommen. Trotz all dieser Einschränkungen gibt es auch etwas Positives zu vermelden: So werden in Zukunft alle Spieleanfragen automatisch (also durch Philippiner) gelöscht, weil wir die sonst selbst aussortieren müssten.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Oliver Peters
Schlagwörter: FacebookSchlimme Berufe

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