Schlimme Berufe frei unter dem Motto: Einer muss es ja tun. Zum Beispiel derjenige, der überfahrene Tiere von der Straße wegräumen muss. Örghs!
Norbert B. summt das Intro einer Zeichentrickserie aus den späten 80ern, während er in seine bundeswehrgrünen Gummistiefel schlüpft. Seine Rauhaardackeldame mit dem Namen Barbarella wuselt nervös um ihn herum. Sie ahnt gewiss, dass ihr Herrchen gleich die heimischen vier Wände verlassen wird, um seinen Job zu erledigen. Norbert B. arbeitet auf Abruf. Sein Beruf erfordert Augenmaß, einen starken Magen und spezielles Werkzeug wie einen Bratenwender oder Schaber. Er ist zur Stelle, sobald überfahrene Tiere von der Straße zu kratzen sind. Nicht mal er selbst weiß, wie der Fachausdruck für seine Tätigkeit lautet. Aber eins ist sicher: es riecht genauso unangenehm, wie es aussieht.
Dieses Mal ist es ein Habicht, der seit mindestens drei Stunden regelmäßig überrollt wird. Auf die Frage hin, ob Norbert B. auch schon mal für einen verlorenen Teddybären ausrücken musste, erntet man nur ein müdes Lächeln. Derartige Fehlalarme gibt es häufig. Hysterische Mütter und irritierte Säuglinge interessieren einen Kadaverkratzer wie Nobert nur am Rande. Sein Metier ist der Highway, oder wie man in hier in Deutschland sagt: die Bundesstraße. Der Asphalt und alle seine Gefahren, sprich Autos, die im Sekundentakt drüber brettern. Fast täglich muss er seine Reinigungskluft überstreifen, um zum Unfallort zu reisen. Sein Haupteinsatzgebiet ist Süddeutschland. Gerne wäre er auch in Berlin und Umgebung tätig, doch da fahren die meisten Leute mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Für seinen eigenen Transport nutzt er ein älteres Fahrrad mit Hupe, bei dem er einen besonders schweren Gang eingestellt hat. Dies macht er, um sich selbst zu bremsen. Norbert B. sind die Gefahren eines Geschwindigkeitsrausches bewusst und er will sich nicht selbst der Verführung hingeben, einmal zu dolle in die Pedale zu treten und dabei ein Lebewesen zu überrollen. Für Norbert sind alle Geschöpfe unter dem Himmel gleich. Seine Augen leuchten vor Aufregung, wenn er über frappierende Ähnlichkeiten zwischen einer Seegurke und einem indischen Elefanten philosophiert. In solchen Momenten kann man sich nicht sicher sein, ob er die Weisheit mit Löffeln gefressen hat oder einfach nur weggesperrt gehört.
»Es gibt Tiere, die würde ich nie von der Straße kratzen. Wie zum Beispiel Igel. Die pieken doch!«
Norbert B. kratzte sie alle. Er räumte während seiner langjährigen Beschäftigung bereits folgende überfahrene Tiere weg: Flamingo, Streifenhörnchen, Anaconda, Giraffe, Nasenbär, Fuchs, Seekuh, Sumatra-Tiger, Alpaka, Riesenfaultier und eine Horde Pinguine. Manchmal hat er den Eindruck, als ob einige Verrückte mit Absicht die exotischsten Tiere einfangen oder kaufen, nur um sie zu überfahren. Die Kadaver der getöteten Tiere weisen hingegen vielerlei Spuren auf, die Norbert aus Erfahrung zu deuten weiß. So kann er anhand der Reifenspur nicht nur das Auto- bzw. Reifenmodell bestimmen, sondern auch die Colorierung und das Gewicht des Beifahrers. Bei der Frage, ob es auch Tiere gibt, die er nicht von der Straße räumen würde, wird Norbert seltsam abweisend. »Es gibt Tiere, die würde ich nie von der Straße kratzen. Wie zum Beispiel Igel. Die pieken doch!« regt er sich auf. In solchen Fällen ruft er einfach die Straßenreinigung.
Nun ist Norbert selbst Besitzer eines Haustieres, die zottelige Rauhaardackeldame namens Barbarella. »Sollte sie jemals unter die Räder kommen, könnte ich sie nicht entsorgen«, sagt der Fachkratzer. »Vielmehr würde ich es handhaben, wie ich es mit ihrer Vorgängerin Doris gemacht habe – aus ihr einen Bettvorleger machen.«
Dass viele seinen Beruf nicht besonders sexy finden, stört ihn nur geringfügig. Unter dem Motto »Einer muss es ja machen« mauserte er sich zur lokalen Kompetenz, wenn es um Tiere geht. Viele haben nicht die Zeit und Muße, sich stundenlang in das Wartezimmer eines Tierarztes zu setzen und fragen stattdessen lieber Norbert B. nach Rat. Gerade das Thema Depressionen bei Haustieren liegt ihm am Herzen. »Ich habe schon viele Grauhaarpapageien und Meerschweinchen verzweifelt auf die Straße rennen sehen, nur damit die ewige Tristesse ein Ende hat. Besitzer sollten die Warnsignale ernst nehmen.« Oft konnte der Mann mit den stylischen Gummistiefeln die lebensmüden Haustiere noch retten.
Für die Zukunft wünscht sich Norbert B. eine Autobahnmaut, die Raser und Verursacher von überfahrenen Tieren kräftig zur Kasse bitten soll. Für jedes Tier soll je nach Größe, Gewicht und Niedlichkeit eine Gebühr fällig werden. Kritisch sieht er auch neuere Fortbewegungsmittel wie Mini-Segways. Erst letzten Donnerstag musste er einen geplätteten Tapir von der Straße entfernen, weil einer mit seinem Hoverboard drüber raste.
Nobert B. konnte in dem Notfall mit dem Habicht nicht mehr viel leisten. Die Autos hatten Großteile des Tieres entfernt und die Reste würde der Regen fortspülen oder die Aasfresser entsorgen. Der nächste Auftrag ist jedoch schon erteilt worden. Ein toter Igel auf der A40. Norbert B. klappt sein Handy auf und liest den Wetterbericht.
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