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Whatsapp: Sozialdruck leicht gemacht

Whatsapp ärgert die Nutzer mit weiteren Updates, die einen immer größer werdenen Sozialterror auslösen können. Nichts wird mehr verheimlicht, alles kommt raus. Da sehnt man sich nach der guten alten Telefonzelle – ohne Haken.

Schon mal in der U-Bahn mitgehört? »Da! Blaue Häkchen! Er hat es gelesen, aber nicht geantwortet. Ich mach Schluss!« Man fragt sich, ob Whatsapp von Sadisten programmiert wurde. Vordergründig ein Social-Messenger, aber in Wirklichkeit ein Teufelswerkzeug, mit dem man sich selbst ruinieren kann. Mit jedem Update wird eine Änderung eingeführt, die jeden Nutzer unter Druck setzt. Die aktuellen Änderungen beinhalten z.B. die berüchtigten »Blauen Häkchen«. Die zeigen an, ob die gesendete Nachricht überhaupt gelesen wurde. Neuerdings sogar mit Uhrzeit. Somit wird es unmöglich, sich mit schnöden Ausreden wie »Och, habe ich noch nicht gelesen, Honeybunny« rauszureden.

Der Sozialdruck steigt

Der durchschnittliche Bürger lügt bis zu 200 Mal am Tag. Dank moderner Technik nur noch bis zu 100 Mal. Die breit genutzten Online-Tools wie Facebook, Twitter und Co. gekoppelt mit Messengern wie Whatsapp machen es unmöglich, sich aus der Affäre zu ziehen. Feiert man krank? Der Chef wird deinen Facebook-Status checken und dein Gehalt kürzen. Keine Lust auf den Geburtstag? Die blöden Haken zeigen an, dass du die Einladung bekommen hast. Du warst nur mit Pyjama bekleidetet im Supermarkt? Wissen wir schon, gibt es bei YouTube: »Pathetic guy goes shopping with his dick hanging out« – 100.000 Likes.

Die Aufregung über die aktuellen Änderungen ist groß. Die Nutzer wollen nicht, dass man ständig kontrolliert werden kann. Dabei ist das nächste Update eventuell schon in der Mache: Es könnte ja noch der Ort angezeigt, von wo man die Nachricht schickte oder wo man sie las. Weiterführend könnte noch ein Live-Foto mitgeschickt werden, welches den Gesichtsausdruck beim Schreiben/Lesen einfängt. Damit dürfte sich die Lügen-Rate pro Tag noch weiter reduzieren.

Sehnsucht nach Telefonzellen-Romantik

An manchen verwahrlosten Bahnhöfen lässt sich noch eine klassische Telefonzelle finden. So ähnlich aufgebaut wie eine Duschkabine, wirkt der mit Tags vollgeschmierte Kasten doch recht fehl am Platze. In einer Zeit, in der viele nahezu alles freiwillig (mit)teilen (Mittagessen, Katze, Urlaubsfotos, usw.), wirkt so ein geschlossener Apparat mit Sicht- und Hörschutz schon kurios.

Dabei hat man den Eindruck, dass genau so ein Konzept herbeigesehnt wird. Etwas mehr Privatsphäre, etwas mehr Zeit für sich, etwas mehr Lässigkeit. Nicht mal eine Nummer wird von einer Zelle übertragen, geschweige denn »Blaue Häkchen«. Vielleicht gibt es ja eines Tages ein Whatsapp-Update, welches eine Hologram-Telefonzelle herbeizaubert, die wenigstens etwas eine Privatsphäre simuliert.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Oliver Peters

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