Ratgeber

Wie man auf »Wie geht’s Dir?« antwortet, wenn man kein Leben hat

Wie aus der Pistole geschossen wird in jedem Smalltalk gefragt: Wie geht’s Dir. Doch was soll man antworten, wenn man nichts zu erzählen hat?

Da ist sie wieder, deine unsichtbare Grenze, die niemand überschreiten sollte. Doch die Leute da draußen verraffen es immer wieder, fangen Smalltalk an und stellen unangenehme Fragen, bevorzugt den einfallslosen Klassiker »Wie geht’s Dir?«. Alter! Nur weil wir uns jahrelang erfolgreich aus dem Weg gegangen sind, muss bei einem Aufeinandertreffen niemand Interesse am Gegenüber heucheln. Erst recht, wenn nur positive Antworten erwartet werden und nicht die schonungslose Wahrheit: das sich eigentlich nichts seit der letzten Begegnung verändert hat.

Simpel, aber funktioniert: »Danke, gut!«

Wie beim High Noon Duell profitiert derjenige, der zuerst »Wie geht’s Dir?“ fragt. Bist Du zu langsam, musst Du in den sauren Apfel beißen und überlegen, was Positives in den Wochen (oder gar Monaten?) passiert ist. Verwechsle nicht die aufregenden und dramatischen Situationen, die in Deinen Lieblingsserien passierten mit Deinem eigenen recht faden Leben, sondern konzentriere Dich auf Deine eigenen Erlebnisse. Schnell wirst Du merken, dass Dein persönliches Highlight das Gelingen einer vegetarischen Bolognese-Sauce war.

Begehe nicht den größten Fehler, an dieser Stelle den Ball zurück zu passen. Niemand zwingt Dich, auf diese bitterböse Frage nach Deiner tristen Existenz mit einer Gegenfrage (»…und selbst??«) zu antworten. Außerdem bist Du nicht so gemein wie Dein Gegenüber, weil Du Dir vollkommen bewusst bist, dass wir alle nichts Besonderes in unserem Alltag machen, aber gerne das Gegenteil darstellen – siehe Insta und so. Stelle einfach eine vollkommen andere Frage zu einem Thema, welches Dich sogar interessiert. Oder sprecht über das Wetter, das geht immer.

Stelle Dich taub und mach einen auf Seinfeld

Unhöflich und dreist, aber muss man wirklich auf alle Fragen eine Antwort wissen? Du kannst die Frage »Wie geht’s Dir?« einfach übergehen, indem Du sie einfach übergehst und so tust, als ob du sie überhört hättest. Starre das Gegenüber so lange an, bis eine alternative Frage gestellt wird. Sollte die stille Überbrückung zum angenehmeren Thema zu lange dauern, bringe noch einmal Deine geniale vegetarische Bolognese Sauce ins Spiel.

Richtig fies sind Gesprächspartner, die treffsicher ins Unangenehme zielen, indem sie nicht nach Befinden fragen, sondern dabei noch konkret werden. »Was macht der Job?« oder »Wie läuft das Liebesleben?« Um Dich vor der Blamage zu bewahren, dass sich auch in diesem Bereich nichts, aber auch gar nichts getan hat, erfinde einfach Halbwahrheiten, die auf die Geschehnissen Deiner Lieblingsserien basieren. Achte nur darauf, dass Du keine Drachen, Wrestler oder Zombies einbaust, bleib lieber auf dem Teppich und nimm ’ne Sitcom.

Smalltalk und blöde Fragen

Sollte gar nichts fruchten, bleiben wohl nur noch zwei Alternativen: entweder die Flucht oder Du sprichst verdammt noch mal über Deine Bolognese Sauce. Dein Gegenüber hat es ja so gewollt! Stellte immerzu blöde Fragen, die Antwort darauf muss sie halt auch aushalten können!

Auch wenn die letzten 90 Tage keinerlei Highlights boten, kannst Du Dich wenigstens über das Gelingen Deiner vegetarischen Bolognese-Sacue erfreuen. Man wird nicht jederzeit eine Weltreise starten oder ein neues Musikinstrument lernen. Dazu müsste eine maßgebliche Änderung im Alltag stattfinden, wie ein Jobwechsel oder eine neue Beziehung. Bis dahin ist und bleibt alles wie gehabt und Du wirst keine brauchbare Antwort auf »Wie geht es Dir?« parat haben. Lüge, flüchte, überhöre die Frage oder denk besser an Dein Kochtalent.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Veröffentlicht von
Oliver Peters
Schlagwörter: InterviewSmalltalk

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