Ratgeber

»Haben Verschwörungstheorien meine Freunde ruiniert?«

Die Demotivationsfrage: Was ist nur mit meinen Kontakten in den sozialen Medien los? Hat sie der Verschwörungstheorien-Virus gepackt?

Demotivationsfragen: Rhetorische Fragen, deren Antworten entmutigen aber zeitgleich erheitern können. Regelmäßig auf Miesepeters.

Plötzlich ist der Kindergartenfreund Impfgegner

Der Gang zu meinem alten Arbeitsplatz überzeugte durch aberwitzige Graffitis, die mich regelmäßig aufmunterten. Besonders die Sprüche hatten es mir angetan: „All you need is beer“, „Verhaltet euch ruhig!“ oder „Bettina, ich habe die Faxen dicke“. Einer der zahlreichen Kalauer wirkt heutzutage total überholt: »9/11 was an inside job!« – womit wir auch beim Thema wären. Damals war der Spruch in Mode oder möglicherweise ironisch gemeint, aber dennoch ein gefährliches Spiel mit dem Feuer namens Verschwörungstheorie. Nahm eh keiner ernst, allerhöchstens die Chemtrail-Beobachter und Aluhut-Träger. Heute? Niemand ist mehr vor diesen Schwurblern sicher.

Meine zuvor unauffällige Kontaktliste bei Facebook scheint voll mit redseligen Wahnsinnigen, die dank der gut geschmierten Verschwörungsindustrie plötzlich das Bedürfnis verspüren, mich mehrfach am Tag mit Bullshit zu belästigen. Anfangs stoppte ich nur die Abos der besonders verhaltensauffälligen Rabauken, doch langsam aber sicher muss ich einsehen, dass es nicht immer die beste Idee ist, sich aus Höflichkeit oder Nostalgie mit alten Mitschülern von der Realschule via Social Media zu verbinden. Nur weil man ebenso oft als Letzter für die Volleyball-Gruppe rekrutiert wurde, bedeutet das nicht, dass einem im Alter Schwachsinn wie »Pizza-Gate« verbindet. Von daher meine Frage: Wie werde ich diese ganzen Vollhirnis los? Muss ich alle aus meinem Account werfen oder ist ein Ende des Wahnsinns absehbar? – Heiko F. aus Krefeld

Vermissen Sie schon die Klimakatastrophe?

Erinnern Sie sich noch an Ihre jüngsten Jahre? Möglicherweise riefen Sie mitten in der Nacht panisch nach Ihren Erziehungsberechtigten, weil Sie zu 100% ein Monster unter dem Bett vermuteten. In Ihrer Vorstellungskraft hatte sich Cthulhu höchstpersönlich unter Ihrem Lattenrost eingerichtet, um sich auf die Weltübernahme vorzubereiten, bis ein kleine Bettnässer im He-Man-Schlafanzug ihn überführte. Die Wahrheit war ernüchtend, natürlich war bis auf ein paar eindrucksvolle Wollmäuse nichts zu sehen.

Nun möchte den Schwurblern nicht unbedingt das Denkvermögen eines Kindes unterstellen. Könnte trotzige Reaktionen hervorrufen! Erst letztens las ich anderswo den klugen Ratschlag, die derzeit populären Verschwörungstheorien nicht öffentlich zu veralbern. Viele reagieren mit Ironie und Sarkasmus auf die üblichen Postings der Schwurbelgang, um den fragwürdigen Aussagen wenigstens etwas entgegen zu setzen. Nachteil dieser Taktik: die Theorie verbreitet sich dennoch. Ironie versteht letztlich nicht jeder, wahrscheinlich noch viel weniger als Humor.

Bleibt Ihnen deshalb nur der Rückzug aus den sozialen Medien? Ja. Aber grämen Sie sich nicht: es werden andere Zeiten kommen. Erinnern Sie sich noch an die Flüchtlingsdebatte? Brexit? Greta? Es herrscht ein rauer Wind in der Medienlandschaft, brandheiße Schlagzeilen braucht das Land. Oder halt Anheizer. Bis das Thema »Verschwörungstheorien« vom Nachfolger (Möglich: Berliner Flughafen wird erst 2030 fertig, Amthor wird Kanzlerkandidat, Cthulhu krabbelt unterm Bett hervor) überholt wird, empfehle ich stattdessen die guten alten »Fun Facts«.

Allen voran ist das »Kuriositätenkabinett« von Wikipedia zu nennen. Dort sind lustige Artikel wie zum Beispiel über »Allgemeiner Unsinn« zu finden, ein (sic!) durchaus ernstzunehmendes Forschungsfeld in der Mathematik. Fakten, Fakten, Fakten. Und das alles sogar mit Quellenangaben noch und nöcher. Wenn das mal kein gefundenes Fressen für alle Verschwörungstheoretiker ist. Wacht auf, Leute!

Weitere Demotivationsfragen.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Oliver Peters

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