Du erkennst schlechten Sex daran, dass Du nicht nur unbefriedigt verbleibst, sondern auch am liebsten durch das Badezimmer flüchten würdest. Eine Anleitung.
Es gibt schlechte Filme, schlechten Geschmack und natürlich auch schlechten Sex. Blöd nur, dass Letzteres gerne stillschweigend unter den Teppich gekehrt beziehungsweise als belanglose Erfahrung (»Ich war besoffen!«) abgespeichert wird. Dabei mussten die meisten von uns mit diesem Thema auseinandersetzen, da nur wenige zum Pornostar geboren werden.
Schlechter Sex zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass mindestens einer der Beteiligten insgesamt sechs Phasen durchstehen muss. Der Andere ist meist damit beschäftigt, sich selbst total toll zu finden. Stufenweise steigert sich die Verzweiflung, bis man sich fragt, warum man nicht einfach daheim geblieben ist … irgendeine Serie gucken … die Katze bürsten … Steuererklärung … solche Dinge halt.
Du ackerst wie von Sinnen, doch irgendwie tut sich nichts. Der Reihe nach gehst Du sämtliche Störfaktoren in der Umgebung durch. Ist es zu hell? Seid ihr zu nüchtern? Beobachtet euch eine Katze? Solltest Du keinerlei Probleme ausfindig machen, fangen die Selbstzweifel an. Es könnte sein, dass einer von Euch entweder falsche Signale gesendet hat (»Eigentlich war tatsächlich ein DVD-Abend gemeint!«) oder keinen Schimmer von Sex hat und mit dem Finger in Deinem Ohr spielt.
Die zweite Phase bei schlechtem Sex ist geprägt von Schönrederei. Lächerlich, wenn man sich über erfolgreiche Hygiene beim Gegenüber freut. In der Verzweiflung ist es naheliegend, dass Du Dich an jeden Strohhalm klammert; aber wenn es Dich begeistert, weil er oder sie bei Dir wenigstens nicht die Technik »Dirty Sanchez« ausprobieren wollte, bist Du am Ende.
Die ersten Minuten/Stunden sind geschafft und die böse Vorahnung wird zur Gewissheit. Es wird nicht nur besser, sondern es scheint auch kein Ende zu finden. Nicht nur, dass Dein eingeplanter Orgasmus Adieu sagt. Es macht sich außerdem ein ungutes Gefühl der Langeweile und Ausnutzung breit. Stattdessen überlegst Du Dir, was Du noch alles einkaufen musst. Bevor Du Dich fragst, ob Du einen Herzinfarkt oder eine vergessene Ehefrau/vergessenen Ehemann vortäuschen sollst, überlegst Du Dir, wie das Safeword lautete. War es nicht »Ich will ein Kind von Dir«?
Okay, Du bist Dir sicher, dass Du einige dieser seltsamen Stellungen und Griffe bereits in miesen Pornoclips ertragen musstest. Dass diese reizarmen Peinlichkeiten nicht nur ins Auge gehen können und wortgewaltig mit allerhand Schmuddeltalk aufgewertet werden müssen, bestärkt in Dir nur einen wankelmütigen Zustand zwischen Todessehnsucht und Lachanfall. Kurz darauf fragst Du Dich, ob Du gerade jemanden entjungferst.
Zum Glück hast Du eine gewaltige Vorstellungskraft. Denke einfach an all die Dinge, die Dich wirklich scharf machen. Zum Beispiel so ein verführerischer 10 Liter Ben & Jerry’s Eisbecher. Auch helfen Erinnerungen an die schöneren Momente in der Horizontalen. Der Nachteil dieser Traumreise ist, dass sich jede reale Sekunde wie eine Minute anfühlt. So wird selbst jeder Quickie zur Qual.
Oh, wer hätte gedacht, dass Du so dreist lügen kannst. Wenn Du es überstanden hast und am liebsten Dein Geld zurückverlangen würdest Dein Gegenüber umarmen würdest, weil er/sie aufhörte, wirst Du Dir den schlechten Sex nicht anmerken lassen. Stattdessen schleichst Du heimlich ins Badezimmer, stellst vor dem Spiegel Deine Zurechnungsfähigkeit in Frage und löscht seine/ihre Nummer. Dort verweilst Du so lange, bis Du eine Wohnungstüre hörst oder durch das Badezimmerfenster flüchten konntest.
photo: come on by neto baldo, cc 2.0
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