Kategorien: Gesundheit

Beim »Gesundheit!« sagen will jeder der Erste sein

Hatschi! Gesundheit! Danke! Bitte! Ein typisches Ritual auf den ersten Blick. Auf den zweiten ein erbitterer Wettkampf um Schnelligkeit. Die Zeit bzw. Nase läuft!

Es gibt dieses Meme namens »Blank Nut Button«, welches zur folgenden Situation bestens passt: jemand niest und wie aus der Pistole geschossen brüllt einer: »Gesundheit!!!!!11«. Meiner Ansicht nach bereitet es besonders hierzulande ein großes Vergnügen, zur jeweiligen Situation die passende Phrase zu dreschen.

Endlich mal recht haben

Zwar habe ich keine Statistik parat, um meine These zu stützen, aber ich erlaube mir zu behaupten: Alman-Achim und Alman-Anette lieben es, nach einem Rotzlaut so schnell wie möglich »Gesundheit« zu brüllen. Sie lauern auf ihre Chance, endlich voller Stolz und mit der Gewissheit das vermeintlich einzig Richtige gesagt zu haben – und freuen sich wie Bolle. Gibt natürlich auch Sonderfälle:

Ich_iel from r/ich_iel

Dankeschön! Bitte, gerne! Die Höflichkeit nach einem Nieser kennt kaum Grenzen. Natürlich gibt es einige Pappenheimer, denen die Rotzfahnen anderer Leute egal sind. Aber in den meisten Fällen hört man Genesungswünsche, eine Höflichkeit, die sonst im Alltag kaum noch anzutreffen ist.

Prost, Gesundheit, was auch immer

Ein paar Worte zum Ursprung. In Zeiten der Pest wünschte man sich »Gesundheit«, sobald jemand nieste. Ein Hatschi stand für eine mögliche Infizierung und mit einem hastigen Genesungswunsch sollte das Unheil verhindert werden. Auf Englisch sagt man »Bless you!«, auf Polnisch eher »Na zdrowie!«, was ebenso »Prost« bedeutet. Jedoch fände ich es etwas irritierend, wenn eine Stimme aus dem Off bei einem besonders feuchten Nieser meinerseits die Notlage mit »Prost« kommentiert.

Zurück zum Wettrennen. Es erstaunt mich, wie in einer Welt voller Unverschämtheiten dieser scheinbar in Stein gemeißelte Reflex des »Gesundheit!«-Rufens dennoch unverwüstbar wirkt. Die Menschen erscheinen gefühlt immer ignoranter, egoistischer, intoleranter und streitlustiger, aber ein Hatschi schafft Raum für Höflichkeit, für Zwischenmenschlichkeit. Sind wir schon so weit, dass wir krank auftreten müssen, ehe etwas Rücksicht und Höflichkeit eingeräumt wird? Manche sagen, Kommunikation sei »alles«. Vielleicht ist Niesen das Kommunikationsmittel der Wahl.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Oliver Peters

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