Miteinander

Die Antwort auf alle Fragen: Babyfoto

An alle, die bereits als Antwort auf eine simple Whatsapp-Frage ein Babyfoto ohne sonstigen Kommentar zugeschickt bekommen haben: Ihr seid nicht alleine.

Abseits dieses Blogs bin ich zuweilen ein recht umgänglicher Mensch, trenne Müll, gehe zur Wahl und furze nicht in Aufzügen. Wider Erwarten überkommt mich sogar ab und zu eine Welle der Nächstenliebe, in der via Smartphone zum Geburtstag gratuliere oder einfach so frage: Hey, wie geht’s? Und was bekomme ich als Antwort? Kein Kommentar zum Befinden, kein »Wessen Nummer ist das?«, sondern ein … Babyfoto.

Es kann niemand entkommen

Mittlerweile wurde mir von anderen Betroffenen versichert, dass diese Art und Weise der Antwort keine Seltenheit ist. Nach einer Dauer von mindestens neun Monaten besteht die Gefahr, dass Dialoge durch wortkarge Bilderfluten in Form von Babyfotos gefährdet werden. Da kannst du nach dem Netflix-Passwort oder dem Wetter in Irgendwo fragen, es folgt darauf nur eine Antwort: ein Bild eines kleinen sabbernden Menschens, der sich noch nicht wehren kann.

Über die Gründe lässt sich nur spekulieren. Vielleicht genießen es junge Mütter und Väter einen gewissen Moment der Wahrheit zu provozieren, in dem alle Karten auf Tisch kommen. BÄM! Ich habe Nachwuchs gezeugt, und Du so!? Oder sie platzen vor Stolz und Liebe und wollen die ganze Welt daran teilhaben lassen –  oder zumindest diejenigen, die ahnungslos fragten, ob alles okay sei. Manche verzieren ihre WhatsApp-Profile und Status-Postings mit Fotos ihrer Sprößlinge. Frei nach dem Motto: frag mich endlich, was sich alles bei mir getan hat!

Mir egal, was ihr schreibt. Hier ist ein Babyfoto

Laut einer amerikanischen Studie könnte das ständige Posten von Babyfotos den Versuch darstellen, eine eigene Rolle zu finden und somit die Bestätigung für das eigene Tun zu erhalten. Im Grunde sollte ich mir als Mann an dieser Stelle eine Meinung schenken. Mir ist vollkommen klar, dass ich mich bei diesem Thema auf ganz dünnem Eis bewege. Was weiß ich schon über den Gegenwind, den eine junge Mutter spüren kann? In meiner wagen Vorstellung ist der Druck gewaltig. Es muss alles stimmen! Balanceakt zwischen Erwartungshaltungen, eigenen Ansprüchen und dem Schein, den es zu wahren gilt.

Aus diesem Grund suchte ich den Dialog zu Menschen, die auch unfreiwillig stapelweise Babyfotos sammeln. Sie bestätigten meine Erfahrungen, indem sie mir Auszüge der teilweise recht absurden Gespräche präsentierten. »Heute Abend was vor?« Babyfoto. »Habe mir ’nen neuen Teppich gekauft. Was hältste davon?« Babyfoto. Wobei der schwierige Teil erst NACH dem Foto kommt. Wie antwortet man auf das Bild eines Säuglings?

Doch wie sollte man antworten?

»Hmmm. Okay.« oder »Baby..?« … eine wirklich geeignete Antwort möchte mir nicht einfallen. Zumal die geblitzten Babys eh alle gleich aussehen. Ist das nun der Nachwuchs von Lena oder von Bernd? Keine Ahnung, verdammt! Weitere Antworten: »Ist es voll funktionstüchtig?« könnte beleidigend wirken, während ich »Nein, danke« schon beinahe wieder angebracht finde.

Am besten sie schicken mir alternativ besser Bilder von Welpen oder anderem süßen Getier, da kann ich meine Freude kaum zügeln: »OMG WAS IST DAS FÜR 1 KNUDDELWUDDELKNUTSCHIWUTSCHI … ICH WILL STERBEN. GIB IHN MIR SOFORT. AAAAAAAAAAAAWWWW <3<3<3 SO FLAUSCHIG!!!!!1111«. Da kann kein Säugling mithalten, im Gegenteil. Welpen 1, Babies 0.

Image by joffi from Pixabay

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Veröffentlicht von
Oliver Peters

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