Freizeit

Die vier Jahreszeiten im Alltag – eine Hassliebe

Wer braucht schon vier apokalyptische Reiter, wenn die unvermeidbaren Jahreszeiten ebenso Unruhe stiften können? Eine Liebeserklärung bzw. ein Hassbrief.

Ich unterstelle einfach mal dreist, dass die meisten von uns keine Bauern sind. Dennoch beschäftigt uns der Jahreskreislauf immens. Die vier Jahreszeiten Frühling, Sommer (auch wenn es Mode geworden ist, diese mit »Arschloch« zu bezeichnen – ich bleibe bei Sommer), Herbst und Winter beeinflussen unseren Alltag stark.
Antonio Vivaldi, seines Zeichens Musikfachmann, widmete einer jeder sogar ein komplettes Konzert! Muss also was dran sein, muss also wichtig sein. Ich persönlich widme den vier Quartalen nur einen kleinen Text und sage ihnen Danke! Für nix!

Der Frühling – ein Fest für Allergiker

Die ersten zarten Pflänzchen sprießen und man hat das Gefühl, es sei minimal wärmer geworden. Ein Grund direkt im Bikini/Mankini zur Arbeit zu gehen und mit der mondartig hellen Winterhaut die noch düsteren Montagmorgen ein wenig zu erhellen. Ist ja alles ganz hübsch und so, die Vöglein fangen auch wieder an zu pfeifen, aber wie ich eben sagte: die Pflänzchen sprießen! Nicht nur die Menschen haben Frühlingsgefühle, die scheiß Bäume in meinem Garten wollen sich ebenfalls vermehren. Und indem sie das tun, verwandeln sie mich in ein niesendes Wrack mit Augen so rot, wie nach zwei Wochen Urlaub am Ballermann. Während meine Mitmenschen also grenzdebil vor sich hinlächeln, weil endlich die Natur wieder erwacht, kratze ich mir vor lauter Jucken die Haut vom Körper. Wenigstens leuchte ich dann Montagmorgen nicht so.

Der Sommer – Hygienefreie Zone

All die Winterhasser, sie sind endlich wieder happy! Ab an den See, Wampe eingeschmiert und im Wasser geplantscht! Die Sache mit der Sonne, dem Vitamin D und den Glücksgefühlen – ich hab es begriffen. Allerdings muss ich in Ermangelung eines Autos mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit. In der U-Bahn scheint keine Sonne verdammt! Und wisst ihr, was ein heißer Sommer noch so mit sich bringt? Schwitzende Menschen. Schwitzende, von Körperhygiene nichts haltende, eng aneinander gedrängte Menschen in einem Verkehrsmittel, in welchem aus unerfindlichen Gründen im Juli die Heizung auf Maximum steht. Sofern ich die Ausdünstungen meiner Mitmenschen überlebt habe und aus dem tiefen Schacht wieder an die Erde gekrabbelt bin, zerfalle ich sowieso sofort zu Staub. Remember? Mondartige Haut..

Der Herbst – Achtung, Baum fällt!

Die Tage werden wieder deutlich kürzer und die zu Beginn noch so paarungswilligen Bäume werfen ihr Laub ab. Dazu schüttet es in der Regel kübelweise kaltes Nass vom Himmel. Super, alle naselang legt man sich also hin und als ob das noch nicht genug ist: orkanartige Böen zerreißen mir erst den Regenschirm und werfen mir dann einen Ast auf den Kopf. Manchmal denke ich, die Bäume spüren meine Antipathie und sie beruht auf Gegenseitigkeit. Da man jahreszeitentechnisch noch etwas verwirrt ist, kleidet man sich auch unsachgemäß und hat sofort die Erkältung des Jahrhunderts. Während ihr also die Schönheit eines Herbststurmes feiert, niese ich schon wieder vor mich hin und beobachte, wie sich schlagartig das kleines bisschen Bräune vom Sommer in Kalkweiß verwandelt.

Der Winter – Hochkonjunktur für Schneemänner

Entweder man liebt oder man hasst ihn. Wer ihn liebt, drückt sich die Nase am Fenster in Erwartung der ersten Schneeflocke platt und postet alle fünf Minuten ein Update auf Facebook, so sie denn dann rieselt. Ja, du bist der Einzige mit einem Fenster, ohne dich hätte ich das nie erfahren. Immerhin kann ich meine Blässe nun unter zehn Wollschichten verstecken und verlasse das Haus mit einem Turban von einem Schal, um mich in der U-Bahn erneut von meinen Mitmenschen mit Grippeviren beglücken zu lassen. Vorher aber verstauche ich mir noch den Knöchel. Ist ja Winter. Ist kalt und nass. Vereist leider die Stufen zu meiner Wohnung. Der Wohnung, in der pünktlich zum Dezember mal wieder die Heizung ausgefallen ist..

Ihr seht, der Kreislauf der Natur ist nicht zu unterschätzen. All überall lauern die Gefahren einer jeder Jahreszeit. Seid vorbereitet, schützt euch! Geht nach Hause und legt Vivaldi in die Anlage. Vielleicht eine kleine, leichte Sonate für Oboe. Ich persönlich lege mich unter eine Wärmelampe und lausche lieber der lieblichen Melodei meines maroden Durchlauferhitzers.

Nadine Goutrié

Eigentlich hat sie Geschichte und Kunstgeschichte studiert. Schnell fand sie aber heraus, dass ihre Umgebung statt Gemälde zu betrachten deutlich interessanter ist. Leider gefällt ihr oft nicht alles was sie da sieht, aber hey! Sarkasmus ist eine wunderschöne Sprache. Sie beobachtet euch und dann verwickelt sie euch in ein harmloses Gespräch. Kurze Zeit später findet ihr euch eventuell hier wieder. Glaubt ihr nicht, wenn sie sagt, dass sie euch mit ihren Texten reich und berühmt mache!

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Veröffentlicht von
Nadine Goutrié

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