I believe in unicorns! Für mein Projekt 1Horn postete ich für eine Woche ausschließlich nur Themen und Dinge, die sich mit Einhörnern beschäftigen.
Hashtag Einhorn. Für insgesamt sieben Tage waren meine Social-Media-Aktivitäten auf Einhörner ausgerichtet. Der Ursprung dieses Experiments ist schnell erklärt: ich fragte mich, warum mir gewisse Inhalte bei Facebook angezeigt werden und ob ich fähig bin, dies zu beeinflussen. Gerade in Hinsicht auf die Diskussion bezüglich Trumps Präsidentschaft und mögliche zukünftige Wahlen war es mein Anliegen, die Existenz der Filterblase zu beweisen. Zu diesem Zweck nutzte ich #Einhornpower, um die sozialen Medien auf die Probe zu stellen. Mein kleines Experiment taufte ich auf den Namen »Projekt 1Horn«. In diesem Beitrag möchte ich über meine Ergebnisse und Erfahrungen berichten.
Ziel des Projekts 1Horn war es, meine sogenannte Filterblase zu durchbrechen. Eine Filterblase entsteht laut eines Artikels der FAZ wenn »Nutzer nur noch mit Nachrichten versorgt werden, die ihren bereits vorhandenen Präferenzen entsprechen«. Das bedeutet, dass durch den Gebrauch von Big Data die User im Internet zunehmend nur auf ihre bereits vermuteten Interessen und Ansichten stoßen. Andere Meinungen und neuartige Informationen können dabei untergehen.
Da meine News-Feeds insbesondere bei Facebook mit bestimmten Themen gespickt war (vorrangig Donald Trump, AfD und Flüchtlinge) wollte ich herausfinden, ob ich meine angezeigten Themen durch einen vollkommen neuen Aspekt (Einhörner) beeinflussen kann. Dabei muss erwähnt werden, dass ein News-Feed bei FB nicht nur durch meine eigenen Likes und Klicks bestimmt wird, sondern dass auch die Personen auf meiner Freundesliste die angezeigten Ergebnisse maßgeblich beeinflussen. Klicken demnach 50% Prozent meiner Liste auf einen gewissen Link, wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mir angezeigt werden. Was wiederum bedeutet, dass ich mein Facebook-Erlebnis nicht vollständig kontrollieren kann.
Ganz einfach. Sie sind unverwechselbar und werden massenweise als Gut der Popkultur produziert und verbreitet. Es gibt demzufolge zig Bilder, Deko-Gegenstände und Medien, die Einhörner darstellen und somit im Netz verfügbar sind. Auch war mir wichtig, dass mein gewähltes Objekt eindeutig ist. Beispiel: ein Käfer wäre schlecht gewesen, weil ich als Suchergebnis entweder das Tier oder das Auto angezeigt bekommen hätte. Bleibt noch zu erwähnen, dass ich zuvor keinerlei Interesse in Einhörner zeigte, was die Datensammler ordentlich verwirrt haben muss.
Für das Projekt 1Horn nahm ich mir vor, für ganze sieben Tage ausschließlich Einhörner zu teilen, zu liken und überhaupt anzuklicken. Als Medien nutzte ich für mein Vorhaben hauptsächlich Facebook und Instagram. Somit öffnete ich nur Beiträge, die in irgendeiner Form Einhörer zum Inhalt hatten; andere Beiträge meiner Kontaktliste ließ ich für das Experiment links liegen. Darüber hinaus versah ich mehr als ein dutzend Seiten mit »Gefällt mir«, die sich Einhörnern befassten.
Üblicherweise ist es nicht meine Art, täglich etwas in den sozialen Medien zu posten oder gar total fremde Beiträge zu kommentieren. Aber um meine Interaktion mit Einhörnern zu unterstreichen und den Datenkraken als authentisch zu verkaufen, sprang ich über meinen Schatten. So postete ich nicht nur höchst alberne Deko-Gegenstände und YouTube-Videos, sondern likte auch allerhand kitschige Einhornbilder, die ich sonst ignoriert hätte. Das Ganze betrieb ich öffentlich (mit Hashtags wie #einhorn), sodass jeder an meiner neu gefundenen Faszination teilhaben konnte.
An dieser Stelle möchte ich mich entschuldigen und gleichzeitig bedanken. Das muss eine kleine Zumutung gewesen sein, täglich mit Einhornkram zugemüllt zu werden. Wobei ich erstaunt war, wie viel Zuspruch ich erhielt und wie hoch die Interaktion war. Nicht nur, dass ich zahlreiche Nachrichten mit weiteren Einhorn-Links und Bildern erhielt. Es war darüber hinaus spannend zu beobachten, wie viele Kontakte auch Spaß daran fanden und mich in Verbindung mit Einhörnern erwähnten und markierten. So war es noch einfacher, meine Filterblase auszutricksen und andere Themen aus meinem Newsfeed zu verdrängen.
Nach sieben Tagen #Einhornpower kann ich letztendlich meine Ergebnisse zusammenfassen: es hat geklappt. Mein Facebook News-Feed war eine Landschaft voller Einhörner. Zwar waren hier und da noch Postings u.a. mit Trump zu lesen, was aber nicht weiter verwundert. Schließlich ist seine Präsidentschaft ein absolutes Reizthema, zu dem sich viele auslassen oder viele Links geteilt werden. Auch bei Instagram konnte ich große Erfolge verbuchen. Durch meine Postings erhielt ich neue Follower, die sich ausschließlich auf das Thema Einhörner konzentrieren.
Facebook ließ sich ein paar Tage Zeit, um die angezeigten Inhalte anzupassen. Erst ab dem vierten Tag waren eindeutige Unterschiede zu vorher festzustellen. Nach dem langsamen Start wurden mir auch themenverwandte Seiten und Gruppen vorgeschlagen. Diese nahm ich zu großen Teilen an, was dem Algorithmus von Facebook eindeutige Signale sendete.
Interessant war auch, dass mir ausschließlich positive Einträge über Einhörner angezeigt wurden. Von Kritik oder gar Hass-Postings keine Spur. Das ist ein wesentlicher Aspekt der Filterblase, dass negative Inhalte ausgeblendet werden.
Das Projekt 1Horn zeigte, dass es jedem Nutzer von sozialen Medien möglich ist, ihre Filterblase zum Teil zu durchbrechen. Die einzige Einschränkung ist bezüglich der Kontakte zu beachten, deren geteilte und gelikte Inhalte angezeigt werden. Personen, mit denen man besonders häufig interagiert, werden durch den Algorithmus bevorzugt; an irgendwelchen Daten müssen sich Facebook und Co. ja orientieren. Wobei ich die Datenkraken mit meiner Unberechenbarkeit in gewisser Weise ein Horn aufsetzte.
Es muss aber auch hervorgehoben werden, dass Filterblasen eindeutig existieren. Als Beispiel möchte ich erneut die Kontroverse um Trump ansprechen, bei der Filterblasen auch eine wichtige Rolle spielten. So schrieb Steffi Dobmeier in einem Bericht der »Morgenpost«, dass eine Filterblase »all das aus unserem Leben herausfiltert, was nicht zu uns passt, womit wir nicht einverstanden sind, was wir für falsch halten«. Dem möchte ich an dieser Stelle zustimmen. Wer fest davon überzeugt ist, dass Einhörner existieren, der glaubt vielleicht auch andere Märchen – und übersieht dabei schnell die andere Seite vom Tellerrand.
Die sozialen Medien können unsere Wahrnehmung gefährden, da sie uns ausgewählte Inhalte präsentieren, die wir nur noch konsumieren (liken, teilen) müssen. Damit möchte ich nicht sagen »früher war alles besser«, als wir noch Zeitungen durchblätterten und auch Inhalte lasen, welche uns vielleicht nicht in den Kram passten. Aber es lohnt sich, auch mal hinter den Vorhang zu schauen und die Filterblase, die uns eigentlich nur spiegelt, permanent in Frage zu stellen. Sonst führen wir im Grunde nur ein Selbstgespräch, bei dem andere Meinungen und Ansichten keine Relevanz haben.
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