Sollten Google-Ergebnisse unsere Art und Weise des Denkens darstellen, so haben zumindest Frauen schlechte Karten. Über den alltäglichen Sexismus.
Mein Kumpel braucht dringend eine Freundin. Er fängt schon an, Frauen anzustarren. Normalerweise ist das kein gutes Zeichen. Weil ich mir das Elend nicht länger ansehen wollte, wählte ich den simpelsten Weg, den wir uns alle antrainiert haben, sofern wir etwas suchen. Ich googelte schlicht und einfach nach Frauen. Dazu gab ich das berühmt-berüchtigte Suchfeld auch tatsächlich nur »Frauen« als Suchbegriff ein. Das Ergebnis erstaunte mich. So wurden mir keine neutralen Einträge über Frauen, beispielsweise in der Abteilung News (Stichwort Frauenquote oder Frauen fühlen sich unsicher) geliefert, sondern direkt an erster Stelle: »Blowjob – Was Frauen dabei denken« (Stern). Danach folgt ein YouTube-Video mit dem Titel »6 Fälle von Frauen – Die Männer Vergewaltigt haben!« und an dritter Steller »Was Frauen beim Sex wollen« (Men’s Health).
Zu meiner Konfiguration: für die Suche am Desktop nutze ich die VPN-Verbindung eines Opera-Browsers, um den Standort festlegen zu können. Lokale Ergebnisse scheiden somit aus. Als Location wählte ich Deutschland; das Ganze fand via Google.de am 10.01.2017 um 19.45 Uhr statt. Bei Interesse ist weiter unten ein Screenshot zu sehen.
Im ersten Moment drängt sich unter Umständen die Frage auf, ob Google schuld sei an dieser recht eindeutig zweideutigen Auslese. Pustekuchen, dem ist nicht der Fall. Viel mehr sind die Nutzer verantwortlich für diese Antworten, die bei einer einfachen Suche nach dem Term »Frauen« in der Liste erscheinen. Die Suchmaschine ordnet die Ergebnisse nach »Erfolg«, sprich nach den Seiten mit den meisten Klicks, welche auch die Antworten liefert, nach denen gesucht wurde. Faktoren wie Aufenthaltsdauer und Häufigkeit spielen auch eine Rolle. Auffällig ist nun, dass Männer Google scheinbar nutzen, um Frauen und ihre Sexualität besser begreifen zu können. Andere Zwecke wie ein neutraler Wiki-Eintrag zum Thema »Frau« erscheint abgeschlagen am Ende der Seite – mit illustren Google-Anzeigen einer russischen Partnervermittlung.
Ich testete auch die Eingabe des Suchterms »Frau«. Es ist möglicherweise ein Signal für Google und Konsorten, dass eher nach Konsum- und Kaufmöglichkeiten gesucht wird, sofern man Begriffe im Plural eingibt. Auf dieser Logik basierend wäre es ja noch irgendwie nachvollziehbar, dass man mir Russinnen andrehen möchte, aber auch bei der Einzahl kam an zweiter Stelle: Oralsex: Männer erzählen, wie eine Frau wirklich schmeckt (Brigitte). Zugegeben: dieses Mal führte wenigstens der Wiki-Artikel die Liste an.
Für all jene, die sich fragen, was beim anderen Geschlecht erscheint: diese Einträge mit derselben Suchkonfiguration sind zu lesen »Was Männer wollen : werde unwiderstehlich für ihn!« (gofeminin), »Männer verstehen – diese sechs Dinge schrecken nahezu jeden Mann ab« (Elitepartner) und Outfits & Accessoires für Männer (adidas Onlineshop). Irgendwie wirken die Suchergebnisse etwas anders, aber zeigen weiterhin die Suche aus einer männlichen, sexuell orientierten Perspektive – minus die Klamotten.
Das Schlimmste daran ist die Tatsache, dass so ein Ergebnis nicht überrascht. Frauen haben leider mit dem alltäglichen Sexismus zu kämpfen und leben mehr schlecht als recht damit. Selbst im Jahr 2017, in dem wir eine Frau als Bundeskanzlerin haben, ist zum Beispiel von einer Lohngleichheit zwischen Mann und Frau nicht viel zu spüren. Aber das Problem mit dem Sexismus fängt ja scheinbar bereits in den Köpfen an. Ich brauche an dieser Stelle niemandem die etlichen Frauenbilder aufzählen, die uns durch Medien, Religionen und Erziehung aufgezwängt werden. Aber ob wir Männer unsere Angst vor Frauen damit bekämpfen, dass wir sie anstarren oder ihre Sexualität googeln, wage ich arg zu bezweifeln.
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