Senf

Meldung aus dem Off

Tataa! Damit hätte wohl niemand an dieser Stelle gerechnet. Ein kleines Lebenzeichen von mir.

Wie Fahrradfahren. Es fühlt sich für mich nicht seltsam an, in diesem Moment an altbewährter Stelle spontan in die Tasten zu hauen. Nichts verlernt, nichts fühlt sich ungewohnt oder seltsam an. Etwas erstaunt war ich jedoch, weil der letzte Artikel bereits länger her ist, als ich vermutete. Ich möchte kurz darlegen, wie es überhaupt dazu kam, dass hier kaum noch etwas passierte. Des Weiteren möchte ich versuchen, ob mich beim Schreiben selbst wieder die Lust packt, sozusagen ein kleiner Funke in mir entfacht, der im besten Fall wieder ein Feuer in mir auslöst.

Kauf mich!

Zwar hat mich ewig niemand gefragt, ob ich mal wieder „etwas geschrieben“ hätte oder warum ich überhaupt den Blog außer Acht ließ, dennoch möchte an dieser Stelle auf den Stillstand eingehen. Als ich diesen Blog hier ins Leben rief, waren Blog-Artikel noch der heiße Scheiß. Die unterhaltsame Seite des Internets wurde noch nicht beherrscht von Influencern und TikToks. Die Gedanken, Beobachtungen und Absurditäten eines selbst ernannten Schwarzmalers finden heutzutage kaum noch Gehör. Die populären Stimmen sind schlichtweg lauter und schreien förmlich nach Aufmerksamkeit.

Die Menschen haben zudem keine Zeit mehr, möchte ich gar behaupten. Dass nur die Schlagzeilen gelesen werden, ist ein alter Hut, aber aktuelle Beiträge in den sozialen Medien wirken auf mich, als würde ich eine überfüllte U-Bahn durchqueren, in der ich von anderen Mitreisenden permanent angeschrien werde. Kennst Du schon mein neues Pflegeprodukt? Hast Du meinen Podcast gehört? Willst Du an meinem Gewinnspiel teilnehmen? So hör mir doch zu! Willst Du sehen, wie ich einen Baum umarme? Oder meinen Arsch? Es gibt keinen Moment zum Durchatmen. Kein Entkommen.

Leck mich!

Dazu hat sich der Ton in den letzten Jahren verschärft, in manchen Fällen findet eine Diskussion, gar ein respektvoller Austausch von Meinungen, nicht mehr statt. Ist auch scheinbar nicht mehr gewollt, dass sich im digitalen Äther immer eine Blitzbirne findet, die selbst die dämlichsten Behauptungen vehement verteidigt. Mich frustriert das Ausbleiben der Debatten und somit die Möglichkeit zu Lernen. Dafür gibt es mittlerweile ein Wort: Echo Chamber. Hmm, eigentlich ein gutes Thema für einen zukünftigen Artikel. Notiert!

Ein weiterer Grund, der mich davon abhielt Beiträge zu veröffentlichen, war eine Form von Weltschmerz. Verzeiht mir diese womöglich übertriebene Bezeichnung, obwohl ich denke, dass viele dieses Gefühl nachempfinden können. Die letzten Jahre waren geprägt von weniger prallen Ereignissen, die ich an dieser Stelle niemanden herunterbeten muss. Viele der Entwicklungen sind längst noch nicht abgeschlossen und es wird sich zeigen, inwiefern sich die typischen Nachrichtenthemen zuspitzen. Das nahm mir die Lust zum Schreiben.

Belüge mich!

Ich stellte mir selbst die Frage: „Wem ist jetzt noch nach Unterhaltung, nach Lachen zumute?“ Vorausgesetzt, meine Texte waren in der Hinsicht überhaupt erfolgreich. Dafür ist kein Platz, redete ich mir ein. Dabei konnte ich dieses Argument selbst entkräften, wenn ich länger als eine Minute darüber nachgedacht hätte. Der selbst ernannte Schwarzmaler sah tatsächlich nur noch schwarz. Jetzt in diesem Moment, in dem ich diese Zeilen tippe, weiß ich, dass ich mich selbst angeschwindelt habe. Natürlich ist da noch Platz. Raum zum Lachen, ja, sogar Raum zum Atmen. Man muss es „nur“ anpacken.

Das habe ich heute getan. Aus dem Bauch heraus eingeloggt und einfach losgetippt. Und siehe da, es funktioniert. Zwar weiß ich noch nicht, ob mich dieses Gefühl in Zukunft erneut findet, aber ich wünsche es mir sehr. Abschließend möchte ich sagen, dass ich zu keinen neuen Ufern aufbrechen möchte. Keine Reels, keine Insta-Stories oder Podcasts. Ich werde weiterhin diese kleinen Texte schreiben, die bestenfalls kleine Momente schaffen, in denen Du durchatmen kannst.

Schaut bald wieder rein. Stichwort: Echo Chamber.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Veröffentlicht von
Oliver Peters

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