Arbeit

Sexismus im Büro

Sexismus 2016: Frauen verdienen immer noch nicht so viel wie ihre männlichen Kollegen und ertragen weiterhin arschige Kommentare über ihre Hinterteile.

Phase 1

Diese Form der Belästigung beginnt häufig indirekt. In Hörweite berichten Männer unter sich, wie sie zu Hause mit ihren Frauen umgehen. Natürlich sind alle Blicke auf die wenigen Frauen im Raum gerichtet, wenn unter Gelächter erläutert wird, dass man der Gattin zu Hause das Schnee schippen, als Straffung des Busens verkauft hat.

Die nun folgende Reaktion der anwesenden Frauen, bestimmt den weiteren Verlauf. Schaut Frau genervt, ist sie eine doofe Zicke ohne Humor. Lächelt sie, scheint sie cool zu sein und ermuntert zu Phase 2. Der direkten Ansprache.

Phase 2

Eine Kollegin isst in der Kantine ein Stück Huhn. Dieses inspiriert einen männlichen Kollegen zu folgender Aussage. »Haha, sie hat eine Hühnerbrust!« Hier gibt es nun ebenfalls mehrerer Möglichkeiten zu reagieren. Sie könnte weglaufen und unter Tränen in den Toilettenräumen beschließen, nun doch endlich für die Brust Operation zu sparen. Oder sie lächelt und entgegnet dem doch recht kräftigen Kollegen, dass es wohl stimmt und die Möpse wohl sogar kleiner sind, als seine.

»Ihr einziger Sinn und Zweck im Büro sei es, ästhetisch ansprechend zu bleiben«

Ebenfalls beliebt ist ständiges Kommentieren der Essgewohnheiten, in Kombination mit einer Bewertung der Größe und Form des Gesäßes. Männer mit einem Gewicht von 120 Kilo und der Figur einer mit Fäkalien befüllten Socke, suggerieren jungen Frauen, die halb so viel wiegen, ihr einziger Sinn und Zweck im Büro sei es, ästhetisch ansprechend zu bleiben. Wohl von der Geschäftsleitung eingeplant, zum Erhalt der Arbeitsmoral. Das besagte Frauen ebenfalls ihre Leistung für ihren Lohn bringen, wird geschickt ausgeblendet. Würden die meisten der kritisierten Geschöpfe 20 Kilo zunehmen und sich eine Glatze schneiden lassen, sowie nur noch Leggings mit bauchfreien Tops tragen – sie würden immer noch besser aussehen als die Mehrheit der Kritiker im Büro.

Phase 3

Nachdem nun systematisch das Selbstwertgefühl der Frau dem Erdboden gleich gemacht wurde, beginnt Phase 3: das Schwärmen. Es erscheint sinnvoll, die Beute vorher zu verletzten, bevor man zum finalen Schlag ausholt. Eine Frau, die sich selbst minderwertig fühlt, wird durch monatelange Demontage zum einfachen Ziel. 20 Jahre und 60 Kilo Unterschied spielen dann keine Rolle mehr. Zumindest aus seiner Sicht. Oft hilft hierbei nur der direkte Hinweis, man solle sich einfach mal überlegen, ob denn er täglich massiv von einer Frau von Mitte 70 angeflirtet werden wolle. Und das an einem Ort, dem er nicht so einfach entfliehen kann. Spätestens dann wird er es begreifen. Es sei denn er leidet unter einem Elektra-Komplex.

»20 Jahre und 60 Kilo Unterschied spielen dann keine Rolle mehr«

Schlussendlich gibt es zwei Möglichkeiten zu reagieren. Sich zu echauffieren und verletzt zu fühlen, oder mit einem Lächeln die Sache abtun und hin und wieder eine spitze Bemerkung zurückgeben. Sollte es komplett aus dem Ruder laufen, einfach kommentarlos einen Notizzettel zücken und emotionslos laut notieren: »Herr ____ sagt am ____ um ____Uhr Folgendes …«

Allein die im Raum schwebende Frage, ob besagte Notiz tatsächlich weitergeleitet wird, lässt den meisten das Grinsen im Gesicht sterben. Funktioniert besonders effektiv in amerikanischen Konzernen mit einer 24/7 Belästigungshotline.


photo: Good Girls Keep Their Legs Crossed by Helga Weber, CC 2.0

Melanie Messinger

Sie arbeitet in der Technik und muß mit Mitte 30 noch oft den Ausweis vorlegen beim Lotto spielen. Zum Trost schreibt und singt sie gern - von Alt bis Mezzosopran.

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Veröffentlicht von
Melanie Messinger

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