Ratgeber

Viraler Schwachsinn: Die Löffel-Liste

Unverzichtbare Erlebnisse zum Abhaken, bevor man stirbt bzw. den Löffel abgibt – die sogenannte Bucket List. Totaler Unfug oder Leitfaden zum Glück?

Listen sind angesagt und eine besondere geistert seit einiger Zeit durch das Netz. Die Bucket List. Frei übersetzt ins Deutsche bekannt als die Löffel-Liste. Abgeleitet ist diesem schmissige Begriff vom umgangssprachlichen »den Löffel abgeben«. Was würde man noch gern erleben vor seinem Tod, seinem 50. Geburtstag oder der nächsten Monatsblutung? In Listenform zum Abhaken wird dies gerne, für alle sichtbar im Netz, zelebriert.Keine Liste gleicht der anderen, da alle Menschen unterschiedlich schwachsinnige Vorstellungen davon haben, was sie angeblich glücklich machen würde. Bestimmte Städte besuchen, Helikopterflüge, Museen, erstklassige Restaurants, shoppen in NY, Promis persönlich treffen …

Glück zum Abhaken

Was einem niemand sagt ist, dass dies sicher tolle Erfahrungen sind, war man jedoch vorher nicht glücklich, wird man es danach auch nicht sein. Allein die Vorstellung Glück über eine Liste von Erfahrungen erarbeiten zu können, scheint verlockend. Man erliegt gerne dieser Idee, da sie einfach umzusetzen klingt. Verführerisch: Statt sich mit der zerstrittenen Familie zu versöhnen, stellt man eine Liste von Städten ins Internet, die man besuchen möchte vor seinem Tod. Schafft man es alle Punkte abzuhaken, ist das Lebensziel erfüllt und man kann glücklich sterben. Wirklich?

Die ultimative Dark-Bucket-List

Eine dunkle Version der Bucket List, die einen wirklich glücklich machen würde, würde niemand ins Netz stellen und stolz nach und nach abarbeiten. Die wäre nämlich wahlweise peinlich oder hässlich. Dafür würde sie wirklich glücklich machen.

  • Aufhören zu Saufen und danach die eigene Frau zu verprügeln
  • Jeden Tag ein ernst gemeintes Kompliment aussprechen, statt nur nörgelnd »Mahlzeit« über den Rand des Kaffeebechers zu nuscheln
  • Endlich den persönlichen »Happy Place« finden und regelmäßig aufsuchen
  • Das Geld, welches für die Spielhölle geplant war, einfach einem Obdachlosen in die Hand drücken und stattdessen nach Hause gehen
  • Statt wie bisher hupend auf der Vorfahrt zu bestehen, im Straßenverkehr vorlassen
  • »Nein« sagen, ohne schlechtes Gewissen
  • »Ja« sagen, ohne Angst
  • Sich einen Monat über nichts und niemanden beschweren
  • Helfen, ohne Dank/Geld/Anerkennung zu erwarten
  • Ein Jahr lang auf Emoticons verzichten und statt den hässlichen gelben Grimmassen schreiben was man fühlt
  • Den Freundeskreis aussortieren
  • Sich selbst lieben (das trauen sich die wenigsten)

So, genug des Hippie Geschwafels. Natürlich benötigt niemand der Leser dieses Blogs eine Dark-Bucket-List, da wir ja alle perfekt sind und uns zum Glück nur noch ein paar Urlaubsziele fehlen.

Ich trinke jetzt weiter meine viel zu warme Cola und blinzle in die Sonne zu meinem Lieblingslied. Scheiß auf Listen. DAS ist Glück.

Melanie Messinger

Sie arbeitet in der Technik und muß mit Mitte 30 noch oft den Ausweis vorlegen beim Lotto spielen. Zum Trost schreibt und singt sie gern - von Alt bis Mezzosopran.

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Veröffentlicht von
Melanie Messinger
Schlagwörter: ListenTod

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