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Zwiebeln und Schokolade gegen Libidoverlust

Wenn nicht mal mehr die Songs von Marvin Gaye oder Barry White helfen, muss man andere Saiten aufziehen. Um die Libido wiederzubeleben, braucht man nur Schokolade, Zwiebelringe und Honig.

Sex? Nein, danke. Es war ein schleichender Prozess, der kaum Aufsehen erregte. Viel stieß ich per Zufall darauf, als ich im Wartezimmer einer Arztpraxis abgegriffene Zeitschriften durchblätterte. In einem Artikel wurde kein Blatt vor den Mund genommen und brachte auf den Punkt: Männer haben immer häufiger Libido-Probleme.

Schnell, schneller, am schnellsten! Rasch zum Yoga/Zumba/Curling und anschließend Aldi. Fix den Kram für den morgigen Arbeitstag vorbereiten. Noch mal schnell Facebook und Whatsapp checken. Früh schlafen gehen, um früh aufzustehen und die Kinder zur Schule bringen. Funktionieren müssen, tagein, tagaus. Da bleibt die Lust auf der Strecke. So ähnlich bringen es die Experten in dem Artikel das Debakel zusammen und ich muss zugeben, dass ich mich direkt wieder erkannte. Ich habe zwar weder Kinder noch treibe ich Sport … aber Facebook und Aldi graste ich die Tage schon ab.
Da ich an dem Tag eh schon aufgrund einer hartnäckigen Erkältung die Hausärztin aufsuchte, nahm ich den Artikel gleich mit ins Sprechzimmer und klagte mein Leid.

Viagra gegen Druck

„Frau Doktor, die Medien lügen doch nicht! Ich habe keine Lust auf Sex!“
„Das beruhigt mich. Dafür hätten wir nun auch gar keine Zeit.“
„Nein! Ich mein, so schauen sie doch. In dem Artikel sind die Probleme des modernen Mannes aufgelistet. Der Mann, ich zitiere, ist gnadenlos mit den Anforderungen des Alltags überfordert. Karrieredruck, Beziehungsdruck, Leistungsdruck. Abgesehen von dem üblichen Morgenlattendruck tut sich rein gar nichts mehr. Frau Doktor, so helfen sie mir doch.“
„Sie könnten luststeigernde Mittel verwenden. Sie wissen schon. Aphrodisiaka. Oder Viagra?“
„Hmm. Geben Sie mir doch nur was gegen Schnupfen.“

Lust zu Schwarzmarktpreisen

Ich verließ die Praxis und starrte dabei mit Absicht jeder Arzthelferin auf den Hintern, um irgendwelche Gelüste bei mir festzustellen. Doch es tat sich nichts.  Dabei zeichneten sich diverse Anreize unter der weißen Berufskleidung ab. Mein Zustand musste schlimmer sein, als ich zunächst annahm.
Daheim angekommen checkte ich (nach Facebook) erst mal Wikipedia in Sachen Aphrodisiaka. Eine Auflistung der seltsamsten Luststeigerungsmittel verdarb mir noch mehr die Laune. Nashornhörner, fein gerieben mit Löwenurin, samt der Essenz von Tigerhoden? Klingt nach Dschungelcamp. So was kann doch gar nicht schmecken! Von den Schwarzmarktpreisen ganz zu schweigen. Ich wüsste nicht einmal, wo ich das Zeug her bekommen sollte. Auch wenn es in Asien recht populär zu sein scheint, möchte ich nun nicht im China-Imbiß nachfragen.

Viel hilfreicher war da eine kleine überschaubare List von natürlichen Luststeigerungsmitteln. Da fanden sich diverse Kräuter und andere Nahrungsmittel, die ich allesamt bei meinem üblichen Gang zum Aldi einsacken könnte. Gesagt, getan. Ich startete somit meinen Lusteinkauf beim Discounter meiner Wahl und kaufte neben all den Kram noch zwei weitere Artikel, um von meinem Vorhaben abzulenken. Düsseldorfer Senf und eine Dose Thunfisch.
Einige Artikel, die ich im Netz fand, richteten sich wohl eher an eine weibliche Zielgruppe. Zum Beispiel Bananen und Avocados. Doch die ließ ich einfach liegen. Man muss es ja nicht übertreiben.

Zwiebeln und Pornorap

Wieder daheim angekommen, erstellte ich direkt eine Youtube-Playlist mit sexy Songs von Marvin Gaye, Barry White und diversem Pornorap, um mich zusätzlich in Stimmung zu bringen. Let’s get it on … Mädels, haltet euch fest – Big Daddy hat eingekauft.
Ich öffnete ein paar Gewürzstreuer, die ich gerade erstanden hatte und stellte sie nebeneinander vor mir auf einen Tisch. Zimt, Vanille, Thymian, Koriander, Muskatnuss und Chili. Ich atmete so tief ein, wie es nur ging. Der blöde Restschnupfen verhinderte doch eine stressfreie Atmung. Blöd. Als ich zum Schluß total übertrieben nahezu den gesamten Chilistreuer einatmete, wurde es endlich heiß. Nur auf die falsche Art und Weise. Meine Augen fingen an zu brennen und zu tränen! Ich dachte nur: So muss sich spontane Selbstentzündung anfühlen. Gar nicht gut!
Dabei sollten alleine diese Gewürze schon anregend wirken. Musste ich also direkt zum härteren Zeug greifen.
Laut meiner kleinen Einkaufsliste sollen Datteln, Austern, Granatäpfel, Ingwer, Kokosnüsse und Trüffel auch ordentlich in Fahrt bringen. Dumm nur, dass Aldi nichts davon in seinem Programm führt. Also musste ich mich mit dem Rest meiner Liste abfinden: Schokolade, Honig und Zwiebeln.

Aber bitte mit Honig

Passenderweise stimmt Marvin Gaye gerade per YouTube „Sexual Healing“ an, als ich ein Stück Schokolade in das Glas Honig eintunke. Die Zwiebel hatte ich zu Zwiebelringen verarbeitet, die ich direkt nach der Schokolade verzehrte. Die Kombination schmeckte widerlich. Es konnte demnach nur gut sein. Wie eine bittere Pille oder so. Ich wartete auf die einschlagende Wirkung.
Drei Tafeln Schokolade und zwei Zwiebeln später hatte ich die Nase voll. Erstens war mir schon extrem schlecht und zweitens stellte sich immer noch kein Viagra-Gefühl ein. Davon abgesehen stank ich bereits so abartig nach Zwiebeln, dass eh keine Frau auf Tuchfühlung mit mir gehen würde.
Das war es wohl, mein Sexleben. Adieu, schöne Stunden der Wolllust! Ihr hattet es gut mit mir gemeint. Was soll die Aufregung auch? Auf die Qualität kommt es an. Nicht auf die Quantität! Außerdem kann ich mich nun wieder auf wichtigere Dinge konzentrieren, da das Thema endlich komplett vom Tisch ist. Ja! Das werden gute Jahre! Lieber auf die Hobbies und Interessen konzentrieren, denn sich irgendwo das Hirn rauszu…

Am nächsten Tag fand ich mich im China-Imbiß wieder. Der nette Chinamann konnte mir nicht direkt weiterhelfen, aber sein Schwippschwager aus Dormagen lässt sich das Mittel direkt aus Südafrika importieren und schwört drauf. Der Preis ginge natürlich nicht in Ordnung. Aber was tut man nicht alles. Aus Dankbarkeit kaufte ich eine kleine Portion gebratene Nudeln – extrascharf.


photo: match smoke by andrew magill

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Veröffentlicht von
Oliver Peters
Schlagwörter: NahrungSex

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