Miteinander

Wenn Männer und Frauen aneinander vorbeitexten

»Warum antwortest Du nicht (innerhalb von 5 Minuten)?« und andere Katastrophen

»Hey. Was geht?« … Sprechen Männer und Frauen via Smartphone bzw. Messenger die gleiche Sprache? Oder schreiben sie nur aneinander vorbei?

Comedians wie der überdrüssige Mario Barth haben seinerzeit ihre Karriere durch Hervorhebung geschlechtlicher Unterschiede ins Rollen gebracht. Frauen sagen »Nein« wenn sie »Ja« meinen und Männer verstehen nicht die Bohne, blabla. Irgendwie nicht so innovativ oder gar witzig. Außerdem hat diese Art »Humor« etwas in mir bewegt: ich (fremd)schämte mich fortan für Männer-Frauen-Vergleiche und versuchte sie tunlichst zu unterlassen. Findige Kritiker werden innerhalb dieses Blogs sicherlich Passagen finden, in denen ich das eine oder andere Klischee ironisch zum Thema mache, aber hey! Manchmal ist es gar nicht so einfach, gewisse Schubladen zu vermeiden. Besonders, wenn es um das Texten mit dem Smartphone geht. Auch wenn es der Feminist in mir es nicht gerne zugeben mag, aber mit Frauen via Handy zu schreiben ist einfach anstrengend.

Ich gebe Dir 5 Minuten

Wie oft wünschte ich, Smartphones und so Kram wären nie erfunden worden. Diese ständige Verfügbarkeit ist Gift für meine nach Entspannung schreiende Seele. Während meiner Balzjahre als Single suchte ich verzweifelt regen Kontakt zur Damenwelt und verfing mich in waghalsigen Konversationen, die ich im sogenannten »real life« nie geführt hätte – zumindest nicht so. Vor allem nicht immerzu, sodass ich mein Handy kaum noch aus der Hand legen durfte. In dieser Zeit sammelte ich zum Beispiel reichhaltig Erfahrungen mit der Dating-App »Tinder«, die ich bereits hier im Blog zum Besten gab. Doch auch als gebundener Mann gibt das Handy keine Ruhe! Jeder vergebene Typ kennt die Situation in der die Herzallerliebste schreibt, aber einfach keine Zeit zum Antworten gegeben ist. Entweder muss die Welt gerettet werden, man schüttelt Essen in der Pfanne oder muss tatsächlich etwas für sein Geld tun. Nach gefühlten 30 Sekunden und realen fünf Minuten folgt eine weitere Nachricht auf dem Display: »Warum antwortest Du nicht?«

Currywurst gegen die innere Leere

Auch die Themenvielfalt macht durch große Unterschiede auf sich aufmerksam. So bin ich es gewohnt, ganze Tagesabläufe als Textnachrichten nachlesen zu können, während ich mich meist mit simplen Statusmeldungen begnüge. Auf ein »Was ein Tag. Meine Chefin verlor ihr linkes Auge, Nachbar Udo hat im Lotto gewonnen, Tante Erna hat nun was mit dem DHL-Boten angefangen. Ich fühle mich auch schon ganz seltsam und frage mich, ob ich nicht lieber eine Karriere im Drogenbusiness hätte einschlagen sollen – kann aber am Wetterumschwung liegen« antworte ich meist kurz und sachlich mit »Esse nun Currywurst, lol«.

Ist dem wirklich so? Sind wir Männer wenn es um das Verfassen von SMS oder Whatsapp-Nachrichten geht, so unkreativ und mundfaul? Oder liegt es nur an mir? Ich finde auf dieses Dilemma keine Antwort. Einerseits möchte ich ja an der regen Unterhaltung teilnehmen, doch ziehe ich ein Gespräch Angesicht zu Angesicht vor. Kurze Messages sind sicherlich eine Bereicherung für jedes Miteinander, nur stellt sich die Frage, ob diese nicht nur aus Langeweile verfasst werden. Laut einer aktuellen Studie wird die bereits erwähnte App »Tinder« nicht hauptsächlich für das Finden eines Techtelmechtels genutzt, sondern für das Führen von Freundschaften. Womöglich auf schriftlicher Basis.

»Bist Du nackt?«

Wagen wir mal einen Perspektivenwechsel. Männer sind ja scheinbar weniger talentiert in der virtuellen Gesprächsführung und überzeugen weniger durch Wortwitz und Vielfalt, sondern irritieren mit schlecht getimten Fragen. Ein Klassiker wäre zum Beispiel eine Whatsapp-Nachricht von einem Typen, mit dem seit über einem halben Jahr nicht mehr gechattet wurde, der fragt: »Hey, was machst Du heute abend?« Oder der betrunkene Ex, der am späten Samstagabend gesteht, wie leid ihm alles tut und dass er sich eine gemeinsame letzte Nacht wünscht – um der alten Zeiten willen. Dazu gibt es urkomische Screenshots im Web, wie zum Beispiel den Instagram-Account »Textsfromyourex«, der kein gutes Licht auf die Texterei des Mannes wirft.

Doch wie zuvor dargelegt, bin ich mir nicht sicher, ob das Schubladendenken angebracht ist. Wahrscheinlich gibt es auch den umgekehrten Fall; schreibfaule Frauen müssen dutzende Selfies von ihren Typen ertragen, die allesamt kommentiert werden wollen. Jedoch bin ich mir sicher, dass wir alle dieses Ungleichgewicht aus eigener Erfahrung kennen. Ob es allerdings vom Geschlecht abhängig ist, steht zur Diskussion offen. Ich für meinen Teil werde das Thema an dieser Stelle beenden, da mein Handy seit geraumer Zeit vor sich her blinkt und ich eine Vermisstenanzeige vermeiden möchte.

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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Oliver Peters

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