Kategorien: Gesundheit

Sommerdepression – Trotz Sonne verzweifelt

Der Sommer ist da und die Schatten werden länger. Im Falle einer Sommerdepression helfen dem Sonnenverweigerern weder Grillabende, Urlaub noch Eiscreme.

Sommer, Sonne, Blahblahblah. Viele bemerken den Start des Sommers weniger an der massiven Sonneneinstrahlung oder gar am Datum, sondern eher an der Bekleidung. Sollten beim Blick aus dem Fenster direkt die ersten Birkenstock-Socken-Träger zur Bäckerei schlurfen, so ist der Sommer endlich da. Im Schlepptau, wenn auch kaum merklich: Die Sommerdepression.
Während sich das Gerücht hartnäckig hält, dass eine Depression ihre Hochsaison in den Wintermonaten feiert, bietet die sonnenreiche Jahresmitte mindestens genauso viele Möglichkeiten, um in schwerste Entmutigung zu verfallen. Eine sommerbedingte Depression betrifft hauptsächlich Frauen zwischen 20-40 Jahren. Männer sind zu simpel gestrickt für sonnige depressive Phasen. Als Kerl besteht immer die Möglichkeit zu grillen, dabei Bier zu trinken und leichtbekleidete Frauen anzustarren. Da bleibt keine Zeit für Selbstzweifel.

Nackte Tatsachen und Unternehmungsunlust

Wahrscheinlich wird im Falle einer Sommerdepression etwas mehr die Stirn gerunzelt. Warum sollte ausgerechnet der Sommer mit all seinen Möglichkeiten gewisse Leute runterziehen? Dabei liegt exakt dort das Problem. All die Möglichkeiten, die im Winter nicht gegeben sind, stellen die Betroffenen vor neue Herausforderungen, die sie nur schwerlich bewältigen können. Das Offensichtlichste ist die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, der bei den ersten Sonnenstrahlen sofort entblößt werden muss. Andernfalls wird man von Freunden, Verwandten und Kollegen kritisch beurteilt.  Nach dem Motto: „Willst Du nicht mal den Skianzug ausziehen?“
Ein weiterer Faktor wäre der Unternehmungszwang. Nur weil es draußen strahlt ohne Ende, muss man vor die Türe? Etwas unternehmen? Aber mit wem? Und vor allem wohin? In einer Welt voller verpflichtungsscheuen Singles und zermürbenden Dauerstress ist es gar nicht so einfach, zwanglos unter der freien Sonne Zeit zu verbringen. Außerdem könnte man seine Lieblingsserie verpassen.

Es gibt noch weitere Beispiele, wie ein Sommer deprimieren kann. Dinge, mit denen man als Sonnenanbeter auch nicht unbedingt rechnen mag. In jedem Fall sei es ratsamer, die Sonnenmuffel nicht ins brennende Scheinwerferlicht der Sonne zu zerren. Zumal sich der eine oder andere Sommerfreund nun gewiss wieder erkennen wird.

Sommerdepression: Der Sommer und seine Tücken

Schwimmen gehen: „Plantschen im Eigensaft!“

Oh ja, Schwimmen gehen ist im Sommer besonders angesagt. Unter der prallen Sonne kann man seinen Mozzarella-Teint auffrischen und auch zeigen, was man hat. Besonders lecker ist jedoch das Schwimmen selbst, wenn man bedenkt, wie viele Leute da ins feuchte Nass steigen. Erinnert ein wenig an Bade-Sonntage aus den Erzählungen der lieben Oma. Der Letzte, der ins Badewasser durfte, kroch oft schmutziger als vorher aus der Wanne.

Spieglein, Spieglein: „Ich kann auf meinem Handy nichts erkennen!“

Man stelle sich vor, man erhält eine superwichtige Nachricht vom Chef oder Ehepartner und durch die blöde Helligkeit samt Spiegelung erkennt man nichts. Da helfen auch diese blöden Folien und Verkrampfungen um Schatten zu spenden kein Stück. Stattdessen stirbt man dumm. Noch schlimmer wäre nur noch, wenn man aufgrund der Seheinschränkung Nachrichten usw. falsch versendet und sich wundert, warum man auf einmal 50 Tonnen Katzenfutter bestellt hat.

Urlaubsfoto Marathon: „Guck mal! Der Eiffelturm auf meiner Hand!“

Als ob diese Urlaubsfotos nicht schon bei Facebook nervig genug wären, wird das nur noch durch eine Privat-Vorstellung des letzten Urlaubs gesteigert. Damals waren es noch langatmige Dia-Vorträge, heute sind es lächerliche Powerpoint-Präsentationen, die auch noch mit Musik „Sunshine Reggae“) unterlegt sind. Dutzende Fotos vom Strand, von den Anlaufpunkten für Touris und vom Mittagessen. Manchmal muss man sogar Videos überstehen, Langeweile in Bildern. Eine Postkarte hätte genügt.

Schweißflecken: „Besser keine High-Fives verteilen.“

Die einen schwitzen mehr, die anderen weniger. Davon abgesehen, dass nicht jeder weiß, wie ein Deo funktioniert, verhindert es bei hohen Temperaturen nicht immer Schweißflecken. Sollten diese sich dann auf der Kleidung abzeichnen, sieht man bestenfalls von folgenden Dingen ab: spontanes  Jubeln, Handy beim Konzert hochhalten, La Ola-Welle und High-Fives.

Sonnenbrillen Dauerzustand: „Ich sehe schwarz.“

Die blendende Sonne lässt sich am besten mit einer dunklen Sonnenbrille abwehren. Dumm nur, wenn dadurch auch etwas die Sicht getrübt wird. Das gesamte Weltbild wird durch die Sonnenbrille in den Schatten gerückt, was kurz nach dem Aufsetzen direkt in eine Herbst-Winter-Depression abdriften kann. Nimmt man jedoch die Brille ab, wird man geblendet; sei es von der Sonne oder den blassen Beinen der Nachbarn.

Eis-Essen: „Hörnchen oder Becher?“

Viele Naschkatzen kennen die Problematik. Bestellt man einen Becher, so muss man den auch wieder loswerden. Bequemlichkeit ist im Sommer noch präsenter und der Aufwand zum Mülleimer zu gehen, wirkt ermüdend. Entscheidet man sich jedoch für ein Eis im Hörnchen, könnte der Verzehr seltsame Blicke auf sich ziehen. Nicht wenige sind beschämt von der Leckerei am Eis, erst recht, wenn man mit der Zunge tief ins Hörnchen vordringen muss. Dieser Zwiespalt löst Verzweiflung aus – man entscheidet sich am Ende lieber für Calippo oder Flutschfinger.

Grillabende bis zum Abwinken: „Wer soll das alles essen?“

Grillen hat sich zum Volkssport gemausert. Es scheint, als würden einige ihren Garten/Balkon gar nicht mehr verlassen und tagein tagaus würstchendrehend Radler trinken. Die Lust nach Fleisch greift um sich; es wird bis zum Exzess Bauchfleisch gegessen, als ob es im Winter so etwas nicht gäbe. Sogar Veggies haben sich von der Grilllust anstecken lassen und schmeißen lauter Gemüse auf die Holzkohle-Grills. Doch nach zig Tagen Völlerei und gestapelter Bierkisten bleibt nur noch die Erkenntnis: Das kann man bis zur nächsten (Winter)Depression niemals wieder abspecken. Aber zum Glück gibt es zum Trost reichlich Schokolade.

Siehe auch: Frühlingsdepression – Wenn der Lenz entmutigt


photo: got lost by holly lay, cc 2.0

Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

Share
Veröffentlicht von
Oliver Peters
Schlagwörter: DepressionSommerSonne

Recent Posts

Fragen, die man beim Deeptalk nicht stellen sollte

Spoiler vorab. Die Frage »Und sonst so?« zählt nicht als typische Frage für Deeptalk. Doch…

9 Monaten her

Wie man den Valentinstag (als Single) überlebt

Es gibt unendliche viele Gründe, den Valentinstag zu hassen. Nicht nur für Singles ist der…

9 Monaten her

Lachen statt Schwanzvergleich

Als Mann muss ich an dieser Stelle gestehen: Ja, auch ich fühlte mich bereits unter…

10 Monaten her

Wie man das fünfte Rad am Wagen ist, ohne zu nerven

Das letzte Wochenende war mal wieder fantastisch! Kaum ein Auge zugemacht, die ganze Nacht durchgetanzt,…

10 Monaten her

Wie geht man Kollegen um, die einem zu nahe kommen?

Jeder kennt diese eine Person unter den Kollegen, die einem beim Sprechen immer viel zu…

10 Monaten her

»Ich kann keine Nachrichten mehr schauen, ohne zu verzweifeln«

Es gibt diese süße Radio-Station, dessen Name mir gerade entfallen ist. Der Name spielt keine…

10 Monaten her