Bei der Berufswahl verschwimmen die Grenzen zwischen Traumwelt und bitterer Realität. Wer an seinen Traumberuf glaubt, träumt auch bestimmt von Einhörnern.
Den Beruf zur Berufung machen! Gehe dem nach, was dir Spaß macht und verdiene dich dabei dumm und dämlich. All dies wird einem von klein auf indoktriniert und man glaubt es.
Junge Menschen, die den IQ von drei Meter Feldweg aufweisen, glauben an die Karriere als Gehirnchirurg und fiebern darauf hin. Du kannst alles schaffen was du willst, du musst nur fest genug daran glauben. Unbezahlbar ist ihr Gesichtsausdruck, wenn sie realisieren, dass dies nicht umsetzbar ist. Die dadurch resultierenden Verletzungen auf den Seelen sind hässlicher, als die Narbe einer Blinddarmoperation aus den 60ern.
Bei der Berufswahl aus der Reihe tanzen
Sind die geistigen Fähigkeiten zum Studieren vorhanden, wird dem Sprößling geraten, zu studieren was ihn interessiert. Ob die Wirtschaft noch einen Magister in Kunstgeschichte braucht, der später Taxi fährt oder ein abgeschlossenes Pferdewissenschaftsstudium, um Burger beim goldenen M zu servieren, sei dahin gestellt.
Natürlich geht es bei der Wahl des Studiums auch um Charakterbildung und Persönlichkeitsentwicklung. Es soll nur niemand heulen, wenn man nach 10 Jahren Anhäufen von BAföG und diversen anderen Studienkrediten diese nicht zurückzahlen kann, weil die Fähigkeiten in der Wirtschaft nicht benötigt werden. Es ist schön, wenn man fehlerfrei seinen Namen tanzen kann, es ist nur leider unmöglich damit Geld zu verdienen.
Realitätsferne Eltern der Nutellageneration
Warum ist man nicht ehrlich zum eigenen Nachwuchs? Sagen wir, dass es im Leben darum geht einen Beruf zu finden, der keinen morgendlichen Brechreiz auslöst und die Miete bezahlt. Die Erwartungshaltung von Spaß bei der Arbeit, sollte ersetzt werden durch eine Portion Realismus, die den Gesprächspartner nicht gleich zum Weinen bringen muss, aber die Vorstellung vom Leben als Ponyhof gerade rückt. #nutellageneration
Der Verdacht liegt nahe, dass manche Eltern ihre Berufswahl bereuen und diese nun indirekt vom Nachwuchs erfüllen lassen wollen. Was dieser gefälligst zu erledigen hat, damit sich das eigene Leben nicht komplett verfehlt anfühlt.
Man muss mit seiner Arbeit weder den Regenwald retten, noch ein Heilmittel gegen Aids finden, noch einen Regenbogen pupsen vor Freude, wenn man zur Arbeit fährt. Wenn man sich nur selten deshalb nachts in den Schlaf weint und die Panikattacken weniger oft vorkommen, als die Zahlungen von Urlaubs und Weihnachtsgeld, läuft es schon ganz gut.
Selbsthilfe zum Selbstzweck
Noch schlimmer, oder eher trauriger ist es, wenn Menschen in der Midlife-Crisis denken, sie müssten das Rad neu erfinden. Ein LKW Fahrer Mitte 50 hat nun mal schlechte Karten Astronaut zu werden. Auch wenn das immer sein Traum war und es ihm jetzt erst richtig klar wurde, nachdem er das fünfte Selbsthilfebuch mit dem Titel »Geld entsteht im Geist« gelesen hat. Alle gut gemeinte Warnungen aus dem Bekanntenkreis werden als kleingeistig abgetan und belächelt, während er auf direktem Weg in sein Verderben rennt. Erkennen wird er es erst, wenn es zu spät ist. Im Anhang des Selbsthilfebuches, findet man in einer Fußnote auch die Erklärung: Der Glaube an den eigenen Erfolg war wohl nicht fest genug. Frei nach dem Motto »Ob du nun an deinen Erfolg glaubst oder nicht – du hast völlig recht«.
Solche Bücher zu schreiben ist nicht nur hinterhältig, es zerstört mitunter auch Existenzen.
Ich glaube, ich schreib auch ein Buch. Der Titel steht bereits: »Tu, was du einigermaßen hin bekommst und sei zur Hölle zufrieden damit.«
photo: Only the passionate by Eliza Tyrrell, cc 2.0
Letzte Bearbeitung war am 08.03.2016