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Hoeneß wird Chef der FIFA-Ethikkommission

Hoeneß wird Chef der FIFA-Ethikkommission

Ulrich Hoeneß’ Verstrickungen in einen kaum nennenswerten Fall von Steuerhinterziehung sprechen von einem ausgeprägten Sinn für Internationalität und Weltoffenheit. Bestechung ist nicht seins. Eine Glosse von Claus Seifert.

Zürich. Im Wirbel um die Verleihung des Ballon d’Or ist eine formale Meldung der FIFA medial untergegangen. In ihrer Tragweite jedoch steht sie der Kür von Christiano Ronaldo zum Weltfußballer des Jahres in nichts nach.

Mit Wirkung zum 1. April 2015 wird Ulrich Hoeneß zum neuen Chef der FIFA-Ethikkommission ernannt. Er tritt damit die Nachfolge des durch einen Steuergeldskandal beschädigten Schweizers Cornel Borbely an. Im Gespräch ist, ihm Lothar Matthäus als Adjutanten zur Seite zu stellen, nachdem sich der amtierende Hans-Joachim Eckert bei öffentlichen Auftritten durch die Anwesenheit eines Unterwäsche-Models selbst diskreditierte. Die Situation war zuletzt untragbar geworden.

Bayerische Tugend verspricht zeitgemäße moralische Werte

Der 63-jährige Ulrich „Uli“ Hoeneß gilt als ein bayerischer Moralapostel mit sozialer Ader. Neben dem fußballerischen Wissen honoriert die Wahlkommission um den FIFA-Präsidenten Joseph „Sepp“ Blatter „Ulis“ Eigenschaft als Gutmensch in der Szene, welcher sich immer wieder um die Resozialisierung gestrauchelter ehrbarer Persönlichkeiten einsetzt, zuletzt im Falle des als unschuldiger brasilianischer Fußballstar verkannten Brandstifters Breno. Auch für die Förderung von Jugendlichen im Fußball, zumal aus öffentlichen Steuertöpfen, setzt sich Hoeneß ein.

Der Reihe nach: Der urbayerische Unternehmer (HoWe Wurstwaren) und ehemalige Funktionär und Spieler wurde 1952 im baden-württembergischen Ulm geboren. Seine Eltern Erwin und Paula erzogen ihn im katholischen Geiste von Ehrlichkeit, Anstand und persönlicher Verantwortung. So nahm es nicht wunder, dass sich „Uli“ bald erste Lorbeeren als Assistent in der Steuerabteilung des SSV Ulm (Jugend) verdiente. Der nach heutigem Maßstab zu Unrecht mit einem Malus (Abiturnote 3,4) abgestrafte blitzgescheite Hoeneß begann ein Studium der Anglistik und Geschichte, das er nach zwei Semestern abbrach. Nach dem Gewinn nahezu aller wichtigen Titel beim FC Bayern München jedoch entdeckte „Uli“ 1979 als jüngster Manager in der Bundesliga-Geschichte seine eigentliche Bestimmung. Mit geschickter Hand hatte er einen Deal zwischen Magirus-Deutz und Paul Breitner eingefädelt.

„Uli“ passt zur FIFA

Ulrich Hoeneß’ jüngste Verstrickungen in einen kaum nennenswerten Fall von Steuerhinterziehung sprechen von einem ausgeprägten Sinn für Internationalität und Weltoffenheit. Die Schweiz erkor Hoeneß zu einem Hort der Seelenwäsche. Hier fühlte er sich wohl und wurde schnell heimisch. Bei der ortsansässigen Filiale der Privatbank Vontobel eröffnete er ein Nummernkonto. Um dem pausenlosen Stress der Münchner Arbeitswelt zu entfliehen, war für Hoeneß neben der gesunden Bergluft der unkomplizierte Zugang zu Bargeld wichtig. Auf diese Weise konnte er sich nach einer reinigenden Wanderung auf einer der Almhütten eine Pepsi in Landeswährung kaufen. Der gute Kontakt zu den Mitarbeitern der Bank, die – so Hoeneß – „nie Fragen stellten“, tat ein Übriges. So hebt nun Blatter auch hervor, dass es „die Nähe zur Schweiz mit ihren reichhaltigen natürlichen Quellen“ gewesen sei, die der FIFA den Ausschlag gegeben habe, Hoeneß für die Position im Ethikrat zu nominieren.

Gespräche mit den Landsberger Haftrichtern

Der Einstieg von Hoeneß zum 1. April erscheint wohlüberlegt und folgt der stringenten Logik der FIFA, „Leute mit dem nötigen Sachverstand“ frühestmöglich an sich zu binden. Wie von dem gut informierten deutschen Fußballschiedsrichter Robert Hoyzer zu erfahren ist, werden seit einiger Zeit Gespräche über den ablösefreien Transfer von der HA Landsberg (Herren-Abteilung) an den FIFA-Sitz in Zürich geführt. Bei einer gemeinsamen Skifreizeit in Davos habe man über eine vorzeitige Auflösung des Vertrages verhandelt und gehe davon aus, dass die deutschen Behörden dem ablösefreien Wechsel zustimmen, um sich nicht dem Verdacht der Steuerhinterziehung auszusetzen. „Dieses Thema wird in Deutschland derzeit heiß diskutiert, und man muss vorsichtig sein“, weiß ein ranghoher Richter, der nicht namentlich genannt sein möchte.

„Uli“ hilft auch im Falle von Russland und Katar

Gerade bei der Aufarbeitung der Bestechung von FIFA-Wahlmännern im Zuge der Vergabe der Weltmeisterschaften an Russland und Katar könne Hoeneß’ Expertise von großem Nutzen sein. So habe er in der Zelle der HA Landsberg kleine Inschriften auf der Wand hinterlassen, sie seine Kollegen von der FIFA nun wohl gut gebrauchen könnten.

Gastautor: Der Aachener Ingenieur Claus Seifert (Jahrgang 1968) verbindet seine beruflichen Einsätze mit Erkundungen von Land und Leuten. Sieben Jahre war er in Fernost tätig. Derzeit entsteht sein alternatives Reiseportal “Bedienungsanleitung für China”.

photo: „FC Bayern Munchen president Uli Hoeness during his short autograph-session in Minsk before the BATE-FCB match“ by Александр КорчикOwn work. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons.


Letzte Bearbeitung war am 16.08.2017

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