Nein. Ein kurzes Wort mit außerordentlicher Wirkung. Wie du verneinend und selbstsicher deinen Zeitplan entlastest und die geschundenen Nerven schonst.
Die Regale der Selbsthilfebücher laufen über. »Sag nicht ja, wenn du nein meinst«, »So sagen Sie nie mehr ja, wenn sie nein sagen wollen« und »Selbstachtung statt Harmoniesucht«.
Dabei lässt sich die Essenz all dieser Bücher recht gut zusammenfassen. Nein ist einfach nur ein Wort, was jedes Kleinkind mit als Erstes lernt. Die Hürde ist zum einen, sich zu trauen es auszusprechen und zum anderen nicht so zu tun, als wäre man gerade aus einem Erdloch gekrabbelt und hat seit Jahrzehnten keine soziale Kontakte gepflegt. Die Kunst ist es, so zu tun, sodass das Gegenüber ein Gespräch mit einem Lächeln verlässt und gern an die kurze Plauderei zurück denkt. Und das obwohl der Gesprächspartner gerade eine Abfuhr erfahren hat. Als Anfänger würde ich die Latte etwas niedriger ansetzen. Kein Geschrei, keine hervortretende Adern auf der Stirn und das Geschirr im Schrank ist nach dem Gespräch noch vollständig – das wäre ein guter Anfang.
Verabredungen
Deine Freundin möchte schon so lange in das neue, vegane Katzencafé in der Stadt und ihr seid verabredet auf heute Nachmittag. Eine Katzenallergie eignet sich hierbei nicht als Ausrede, da sonst die Verabredung nie ausgemacht worden wäre. Spontane Entwicklung einer solchen sind mehr als unglaubwürdig. Bitte jetzt auch nicht mit Kopfschmerzen oder Grippe um die Ecke kommen. Wenn es denn eine Krankheit sein muss, dann so abstrus, dass sie nicht ausgedacht werden kann. Bei Männern empfiehlt sich die Hodenentzündung. Sie gibt dir fast eine Woche Spielraum und ist so peinlich, dass sie niemand erfinden würde. Außerdem sind dir Mitleidsbekundungen sicher.
Der Umzug
Ein Umzug steht im Bekanntenkreis an. Zu dumm, dass dir kurzfristig etwas dazwischen gekommen ist! Aber nächste Woche Donnerstag zwischen 13.00 Uhr und 14.00 Uhr hättest du Zeit. Alternativ der übernächste Mittwoch zwischen 09.00 Uhr und 10.30 Uhr. Ach, da ist der Umzug schon über die Bühne? Eine Schande. Du hättest wirklich gern geholfen. Aber was soll’s – der Wille zählt. Wann war noch mal die Einweihungsfeier?
Auf der Arbeit
Nichts spricht sich schneller herum, als die Tatsache eine hilfsbereite Kollegin zu sein. Natürlich hilft man gerne, nur manchmal braucht man mal 2 Stunden Ruhe für die eigene Arbeit, weil sonst die Welt untergeht. Ein kurzes, knappes, freundliches »Bitte nicht jetzt. Ich melde mich später, wenn ich Zeit habe«, wimmelt die netten Kollegen nur zu 50% ab. Die anderen verwickeln dich in eine Diskussion, jammern über ihren eigenen Scheiß oder fangen an dich zu verfluchen. Um all dem zu entgehen gibt es Kopfhörer und eine Playlist deiner Wahl. Jetzt nur noch im Tunnelblick verkrampft auf den Bildschirm starren. Trotzdem schaffen es einige mit fuchtelnden Bewegungen in dein Blickfeld. Jetzt musst du zeigen, dass du keinen erhobenen Mittelfinger brauchst, denn du kannst das mit den Augen. Sollte er immer noch nicht aufgeben, fordere ihn auf seine Frage zu tanzen. Natürlich sind die Stöpsel dabei noch drin. Gestikuliert er weiter, zeig einfach auf dein neues Schild: »Bitte nur stören bei Feueralarm oder Zombieapokalypse.«
Viel Spaß beim Ausprobieren, weil »Nein« das neue YOLO ist.
Letzte Bearbeitung war am 28.02.2017