Lies doch mal wieder Kafka! Dann würdest Du nicht ständig irgendwelche Blogs lesen, die insgeheim Dein Leben ruinieren. Dieser hier natürlich ausgenommen.
Mal ganz grundsätzlich: Ich lese sehr gern und ich lese sehr viel. In meinem Leben war da schon viel Geniales und Erhellendes bei, aber natürlich auch Schund (was im Übrigen zur Folge hatte, dass ich mich nicht mehr ans Meer traue, Danke Frank). Man muss ja Bescheid wissen. Ich versuche sogar, die Zukunft aus meiner Buchstabensuppe zu lesen. Aber ganz ehrlich, Blogs verabscheue ich! Mal unabhängig davon, dass ich meine Worte gerne analog habe (ja, ich bin ein haptischer Mensch), warum zum Teufel vergeudet ihr so viel Platz mit euren Gedanken, anstatt ein paar neue Pornos hochzuladen? Denn nur dafür sollte das Internet da sein! Hier nun also meine Liste mit den furchtbarsten Webspace-Verschwendern:
Blogs selbsternannter Beauty-Queens – Alarmstufe Avocado
Ihr blinzelt mit euren Rehaugen in die Webcam und verstreicht anmutig die Wunder bewirkende, selbst gemixte Avocado-Pampe in eurem engelsgleichen Antlitz. Ist ganz einfach und macht Dich über Nacht 10 Jahre jünger! Von wegen! Ich hab deswegen nun ein blaues Auge. Als ich nämlich mit dieser grünen, klebrigen Masse (Zitrone brennt übrigens im Auge, kleiner Tipp von mir) aus dem Bad wankte, erschrak sich meine bessere Hälfte derart über das vermeintliche Ding aus dem Sumpf, dass er mich reflexartig zu Boden schickte. Als Wiedergutmachung rieb er zwar mein Gesicht auf ein Brot, um uns ein romantisches Dinner zu zaubern, allerdings erwachte ich am nächsten Morgen mit einem Trupp Ameisen im Gesicht. Die wollten vermutlich auch ein romantisches Dinner. Das ist nun zwei Wochen her, ich bin zwei Wochen gealtert und habe mich an die grünen Stückchen in den Haaren gewöhnt.
Blogs von Verschwörungstheoretikern – You can leave your hat on
Ich gestehe, ab und an schaue ich doch auf euren Seiten vorbei. Immer dann, wenn mich die Welt zutiefst deprimiert und im TV gerade kein Schenkelklopfer läuft. Ihr, meine lieben Licht-Esser, seid die Schenkelklopfer meines Herzens. Und ihr stellt mir kniffelige Rätsel: welcher Politiker ist nun ein Illuminat, welcher Royal ein Echsenmensch? Ich habe mich dabei ertappt, wie ich auf dem Weg zum Wocheneinkauf verstohlen meine Mit-“Menschen“ beobachte. Da ist doch ein Reptilienschwanz in der Buxe zu erkennen! Und die da, die hat doch gerade ein seltsames Zeichen in meine Richtung gemacht! Ich muss aufpassen, sonst kriegen die mich noch. Da, sie tut es schon wieder, fixiert mich mit ihren fiesen, kleinen Reptilienaugen, streckt den Zeigefinger an ihre Schläfe und tippt mehrmals dagegen. Ich schiebe mir meinen Aluhut tiefer ins Gesicht und flüchte nach Hause. Gibt es halt heute doch nur wieder Licht zu Mittag. Das lockt wenigstens keine Ameisen an.
DIY Blogs – Und plötzlich hast du nicht mehr alle Schubladen im Schrank
Also ich habe eine grundsätzliche Frage: Besitzt ihr denn alle einen eigenen OBI Baumarkt?! Wie groß sind eure Wohnungen, dass ihr derart viel Werkzeug, Zubehör und Glitzer lagern könnt? Wahrscheinlich beherbergt ihr auch noch eine Ameisen-Kolonie, natürlich selbst gebastelt (die Kolonie, nicht die Ameisen). Da lese ich staunend über suuuper tolle Anleitungen, wie ich mir mehr Platz und Wohlbefinden mit von mir kreierten Möglichkeiten für Stauraum erschaffen kann – natürlich glitzernd. Ist denn der Aufbau eines Ikea-Schrankes nicht Bastelei genug, auch wenn nach einem solchen Akt das einzige Glitzern in meinen Augen zu finden ist? Oder all die mehr als genialen Recycling-Ideen! Da werden obstförmige Objekte gehäkelt, gestrickt oder mittels eines Gewitters zum Leben erweckt, auf eine alte Schublade genagelt, nur um daran dann die (natürlich selbst genähte) Jacke aufhängen zu können. Seit ich meine Kleiderhaken abmontiert und dieses Kunstwerk befestigt habe, fällt mir alles aus der Kommode. Vielleicht kann ich die fehlende Schublade ja durch eine Europalette (mit Glitzer-Ameisen) ersetzen, die man anscheinend tonnenweise im Keller gestapelt haben sollte.
Blogs von Hobbyköchen – oder wie ich lernte, die Dosen-Ravioli zu lieben
Nach dem Avocadobrot-Dinner habe ich bei meiner besseren Hälfte dann doch mal sanft und frei von Vorwürfen nachgefragt, ob das – verdammte Scheiße – schon alles war, was er drauf habe. Ein Mann von Ehre lässt sowas natürlich nicht auf sich sitzen und so durchforstete er das Internet nach Rezepten der Haute Cuisine. Er fand sie bei euch!
Weil ihr behauptet, solche auf euren Blogs nicht nur zu präsentieren, sondern gleich vollkommen simple Kochanleitungen beizufügen. Ihr habt es zu verantworten, dass ich nun jeden Tag zum Krankenhaus muss, um nach seinen verbliebenen drei Fingern zu schauen. Ihr habt es zu verantworten, dass in den Handwerksbetrieben meiner Stadt nun Hochkonjunktur herrscht. Wobei ich mir überlegte, mittels Europaletten (glitzernd) das Loch in der Küchenwand zu einem Wintergarten zu erweitern. Dennoch, ihr habt es zu verantworten, dass ich einen empörten Abschiedsbrief fand. Es schien mir, als sei er mit Hilfe vieler, vieler, vieler kleiner Beinchen geschrieben worden.
Es ist einsam und kalt geworden in meiner kleinen Wohnung. Aber zum Glück bleiben mir noch meine analogen Bücher, aus besseren Zeiten. Mit denen kann ich mich wenigstens zudecken und dabei von Licht, Avocados und Ameisen träumen.
Letzte Bearbeitung war am 09.03.2016