Zu Karneval hilft nur noch die Flucht. Gerade wenn Clowns, Piraten, Cowboys und die restlichen kreativen Bützchen-Verteiler die Stadt auf den Kopf stellen.
Es ist wieder soweit und ich bereite mich seit Monaten auf die Zombie Apokalypse vor. Eine akribische Planung ist von Nöten, um das Ganze ohne bleibende Schäden zu überleben. Sie werden wieder von der Kette gelassen, all die Konfetti-Knallköpfe, Spaß-Spackos und Bützchen-Blödiane. Die fünfte Jahreszeit ist da, wir stecken mittendrin. Wie ein sich ausbreitender Virus sehe ich Tag für Tag mehr kostümierte Pappnasen (manchmal sind die Riechkolben auch aus Schaumstoff) und weiß: es ist Zeit meinen Fluchtplan umzusetzen!
Versteht mich nicht falsch, alemannische Fastnacht liebe ich (da wird man noch ordentlich von ausschließlich männlichen Hexen verprügelt!), aber meine erste Begegnung mit Karneval in NRW war olfaktorischer Natur. Der Mensch scheint vielfältige Möglichkeiten für Ausscheidungen aller Art zu haben..
Karneval – der Countdown läuft
Am 11.11. wird ja bekanntlich der Startschuss gegeben. Für die Jecken zum feucht-fröhlichen Schunkeln; für mich, massig Konserven und allerlei andere haltbare Lebensmittel zu bunkern. Von meinem Freund trennte ich mich bereits letzten November. Er dachte, es sei total witzig, um 11.11 Uhr besagten Tages mit einer Papier-Tröte von hinten in mein Ohr zu tuten und mich mit Konfetti zu bewerfen. Muss ich schon weniger Vorräte kaufen, ist eigentlich ganz praktisch, und Cowboy und Indianer spiele ich auch nicht gerne.
Alte Weiber und hohle freche Früchtchen
Es wird Zeit, sich zu bewaffnen. Man kann jetzt schon nicht mehr abends durch die Stadt ohne auf schunkelnde Party-Bienen und total kreative Cowboys zu treffen, welche unterwegs zur TPrunksitzung ihrer Wahl sind. Meinen Blick des Todes ignorieren sie und schalmeien mir fröhlich konfetti-werfend entgegen, ich solle doch mal lachen, dat Lewen is zu schöööön. Ich dachte, ich hätte meinen als Einhorn verkleideten Ex in der Gruppe erspäht. Bin mir aber nicht sicher, hatte Konfetti im Auge.
Krawatten ab – Rathaus gestürmt – Hirn abgegeben
Dann ist es endlich soweit, der offizielle Startschuss fällt. Auf den Rathausplätzen der einschlägigen Karnevals-Hochburgen sammeln sich die Zombies und sind am frühen Morgen schon blauer als Papa Schlumpf. Von diesen übrigens einige rumlaufen, an Kreativität nur von diversen Piraten übertroffen. Der Bürgermeister sieht in den Nachrichten (läuft ja überall nix anderes – scheiß doch auf die Konflikte dieser Erde) irgendwie gequält aus, als er den Schlüssel zur Stadt übergibt. Ich bin kein Fan seiner »Arbeit«, aber in diesem Moment fühle ich mit ihm. Er hat auch Konfetti-Tränen im Auge, während sich ein Einhorn versucht an seinem Bein zu reiben.
Was wäre, wenn man an Rosenmontag Kakteen werfen würde?
Ich bin, wie gesagt, vorbereitet. Mein Zugticket nach Baltrum habe ich schon vor Wochen gekauft und während all stadteinwärts zum großen Umzug strömen, fliehe ich in die entgegengesetzte Richtung. Es ist etwas schwierig, sich mit meinem mit Konserven befüllten Rucksack durch den Hauptbahnhof zu kämpfen. Die Sichtweite beträgt lediglich fünf Meter vor lauter Konfetti in der Luft und zudem versuchen immer wieder wildfremde Clowns mich unterzuhaken und zum Schunkeln zu bewegen. Ich kann übrigens Judo – just saying. Auf dem Weg zu meinem Gleis hinterlasse ich eine Spur auf dem Rücken liegender Käfer. Franz wäre stolz auf mich.
Ich schaffe es letztendlich in meinen vollkommen leeren Zug und strecke erst mal die Beine aus. Ich könnte schwören, ich hätte bei der Abfahrt ein in sich zusammengesunkenes, kotzendes Einhorn am Gleis gesehen..
photo: Carneval 2012029 by Danilo Tic, CC 2.0
Letzte Bearbeitung war am 08.03.2016