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Warum ich Smalltalk hasse

Beitragsbild: Warum ich Smalltalk hasse

Smalltalk: der ultimative Eisbrecher, falls man mit dem Chef im Aufzug stecken bleibt? Lächerlich. Dieses sinnlose Geplauder ist reine Zeitverschwendung.

Wir alle kennen diesen unmögliche Moment. Man steckt mit einer Person in einer Situation, aus der man nicht ohne weiteres flüchten kann und wird zum Gespräch genötigt, dem sogenannten Smalltalk. Dabei ist es völlig irrelevant, ob man nervös mit dem Augenlid zuckt oder krampfhaft auf das Smartphone-Display starrt. Ein Entkommen scheint schier unmöglich. Wie geht es Dir? Was macht der Job? Die Liebe? Ist das nicht ein Sauwetter? Bald ist Weihnachten. Außerdem habe ich seit drei Tagen Durchfall. Lauter Dinge, die man nie erfahren oder besprechen wollte, nur um eine spontan aufkommende Langeweile zu überbrücken.

Furchtbar! Reine Zeitverschwendung und mit der unangenehmen Nebenwirkung, dass man das Gesagte unter Umständen nicht so schnell vergisst. Schnell findet man sich in einer Situation wieder, in der das Gehörte verarbeitet werden muss. So kam es nicht selten vor, dass ich mich sagen hörte: »Hast Du gehört? Dings hat schon wieder Durchfall«.

Smalltalk – leere Worte gegen Langeweile

Der Smalltalk spaltet die Gesellschaft. Die einen feiern das zwanglose Plaudern, während die anderen dem Gegenüber bei der Frage nach dem Befinden am liebsten eine Kopfnuss verpassen würden. Es gibt sogar sogenannte Smalltalk-Seminare, in denen die rhetorischen Fähigkeiten geschult werden können, damit man selbst auf das langweiligste Gelaber reagieren kann. Zugegeben, es gibt zahlreiche Alltagssituationen, in denen man Schweigen die Lage nur noch verschlimmert. Ich denke da an spontan an Bewerbungsgespräche oder die Vorstellung der Eltern. Ein schulendes Seminar würde mir wohl folgende Gesprächstaktik ans Herz legen.

Personalleitung: Sie möchten also für uns arbeiten. Warum eigentlich?
Ich: Gut, dass sie fragen. Spielen Sie Golf?
Personalleitung: Nein, sie etwa?
Ich: Nein.
Personalleitung: Gut, dass wir darüber geredet haben. Nun zu Ihrer Bewerbung …
Ich: Spielen Sie etwas anderes? Oder gehen Sie gerne joggen?
Personalleitung: Nein und nein. Hören Sie, wollen Sie über mich reden oder über Ihre Bewerbung?
Ich: Nach der Arbeit gehe ich unglaublich gerne laufen! Ich meine, wenn ich Arbeit hätte.

Anderes Beispiel.

Möglicher Schwiegervater: Hast Du ein Auto?
Ich: Nein. Wussten Sie, dass Ihre Tochter während des Schlafens spricht?
Möglicher Schwiegervater: Das mag sein. Mir ist wichtig, dass meine Prinzessin nicht wieder an einen Versager gerät.
Ich: Das ist bei mir ausgeschlossen. Sie versicherte mir bereits, dass sie sehr glücklich mit mir ist. Besonders unser Sexualleben begeistert sie!

Blablabla aus Höflichkeit

Zugegeben, vielleicht stelle ich mich für diese Art des lockeren Austauschs zu dumm an. In einem kurzweiligen Dialog gibt es meiner Meinung nach einfach zu viele Faktoren zu beachten. Wie viel darf man von sich preisgeben? Welche Fragen sind erlaubt? Andere Kulturen verhalten sich während eines Gespräches deutlich zurückhaltender, während ein Großteil der Deutschen gerne mit der Tür ins Haus zu fallen scheint. Keine Hemmungen mehr, wenn über Probleme in der Ehe in einer Warteschlange geklärt werden. Eine schnelle Abhandlung über die verminderte Lebenserwartung innerhalb von drei Stockwerken in einem Fahrstuhl – alles scheinbar kein Problem.

Generell versetzt sich einer der beiden Smalltalker gerne in die »Opferrolle« und klagt über sein Leid, während der andere in die Rolle des Trösters schlüpfen muss. Es scheint, als hätte jeder Dialog dieser Art ein unsichtbares Script, an das sich beide halten müssen. Nicht auszumalen, wenn einer die Ketten sprengt und etwas Unerwartetes sagt wie »Langweilig. Ich muss dann mal weiter«. Unsere scheinbar anerzogene Höflichkeit verbietet es uns, diesen Weg einzuschlagen. Stattdessen unterwerfen wir uns dem System Smalltalk und ärgern uns im Nachhinein darüber, dass man uns darüber in Kenntnis setzte, das Tante Ilona im Urlaub beklaut wurde.

Plaudern als angebliche Eisbrecher

Für mich ist Smalltalk der letzte Grashalm eine Wartezeit zu überbrücken. Auch wenn es immer wieder heißt »Arbeit ist das halbe Leben« verbringt man jedoch mit Warten einen Großteil seines Daseins. Wagt das Experiment und achtet mal auf Eure täglichen Pausen, in denen Ihr zum Halt gezwungen seid. Ampeln, Züge, Hochfahrende Rechner, Bankautomaten, Aufzüge, Werbeblöcke. In solchen Momenten können wir mittlerweile auf unser Smartphone zurückgreifen, sofern wir alleine sind. Sollte sich eine Person in unmittelbarer Nähe befinden, wirkt das Zücken des Zeitüberbrückers Handy arg daneben. Blitzschnell müssen die passenden Themen auf den Tisch!

Aktuelle Themen aus den Nachrichten eigenen sich kaum, da bei Politik und Religion die Meinungen auseinander gehen. Bleibt also nur noch das sichtbare Umfeld, sprich das Wetter. Wie der Wind meine Frisur ruiniert, wie der Regen meine Socken durchnässt und wie schön die nächste Woche werden soll. Sofern man sich nicht wieder über den Weg läuft.


Letzte Bearbeitung war am 22.09.2017

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