Freddy Krüger, Michael Myers und Jason Voorhees. Horrorfilme gehören zu den beliebtesten Kassenmagneten. Sind wir alle blutgeil oder was ist da los?
Eine illustre Gruppe Teenager biegt auf ihrem Trip falsch ab und landet irgendwo im Nirgendwo, wo jene Freaks wohnen, die statt Messer und Gabel lieber Kettensägen benutzen. Begeistert fiebern wir mit, wie die Teenies der Reihe nach abgeschlachtet werden. Sei es von Serienkillern, Geistern, Zombies, Monstern oder verrückt gewordenen Bibern. Was macht die Faszination von Horrorfilmen aus? Warum bekommen wir nicht genug, obwohl die Filme meist nach Schema F ablaufen?
Die Welt einfach nur brennen sehen
Wenn ich ehrlich zu mir bin, verlief gestern nicht großartig anders als der heutige Tag. Heute vor einer Woche könnte der Tag ebenso trist gewesen sein. Manchmal kann ich die Tage kaum voneinander unterscheiden. Wege, Zeiten, Orte; sie alle unterliegen meiner alltäglichen Routine, aus der mir selten ein Ausbruch gelingt. Was wäre da eine ordentliche Zombie-Apokalypse für eine herrliche Abwechslung! Ich würde auf dem Weg zur Arbeit nicht nur mit einem Besenstiel aufdringliche Untote pfählen, sondern auch definitiv über rote Ampeln huschen – Nervenkitzel pur. Ein Horrorfilm bietet genau dieses erwünschte Szenario, ein Unheil, welches über unsere heile Welt hereinbricht und alles auf den Kopf stellt. Diese Filme beginnen zum Großteil in einem sympathischen Umfeld, in dem alle Protagonisten extrem entspannt und happy scheinen. Blöd nur, dass so ein lebensbedrohlicher Clown mit Hackebeil nach wenigen Minuten den entbehrlichsten Charakter enthauptet und somit die Meute aufschreckt. Die Meute, das sind natürlich auch wir Zuschauer.
Wir feiern die Klassiker des Horrorfilm-Genres und bekommen nicht genug Fortsetzungen der erfolgreichsten Titel. Es muss der insgeheime Wunsch sein, dass uns etwas Bedrohliches auf die Probe stellt. Stellen wir uns dieser Angst, werden wir mit einer massiven Ausschüttung von Glückshormonen belohnt. Wissenschaftler sprechen in dem Fall von einer sogenannten Angstlust. Diese ist gekoppelt mit der Sicherheit, dass am Ende das Böse besiegt wird. In den meisten Horrorfilmen ist genau das der Fall. Wir wollen uns fürchten, eventuell auch ein wenig ekeln und aufgeilen, aber zum Ende hin soll wieder schön die Sonne scheinen. Das Gute hat gesiegt, selbst über die Angst – auch wenn kurz vor dem Abspann 95 Prozent aller Darsteller verstarben.
Der Wunsch nach der Apokalypse
John Carpenter (Halloween), behauptete in einem Interview, dass Horror-Regisseure die angenehmsten und lustigsten Zeitgenossen überhaupt wären. Diese These vertrat er, weil diese Filmemacher ihre bösen Geister aus ihrem Oberstübchen holen und auf die Leinwand bannen. Wir Normalos hingegen leben manchmal mit diesen Albträumen und gruseligen Vorstellungen, ohne sie je zu äußern. Dafür lieben wir aber Horrorfilme, weil sie unseren schlimmsten Gedanken Bilder oder gar ein Gesicht verleihen.
Neben dem Wunsch nach Monstern unter meinem Bett gibt es auch noch die ewige Neugierde. Was kommt nach dem Tod? Gibt es Aliens? Funktionieren Ouija Boards wirklich? Lebt Elvis noch? Was wird in Area 51 versteckt? Schnöde Realität, bitte überrasche mich mit Werwölfen, Yetis und Poltergeistern! Stille meine Sensationsgier und Adrenalinsucht mit Exzorzismus, Kannibalen oder wenigstens Jack Nicholson.
Eigentlich bin ich ja froh, dass Horrorfilme so übertrieben unrealistisch sind. Da sie so weit von unserer Realität entfernt sind, können wir uns erst richtig an ihnen erfreuen. Nicht auszudenken, wenn irgendein Filmemacher auf die Idee käme, plötzlich ein reales Szenario zu zeichnen. Dann gäbe es statt dieser trotteligen Teenies zu Beginn eines Filmes nur abgeklärte Jugendliche, die unentwegt auf ihr Handy starren. Es würde nicht der Schwarze oder die Cheerleaderin als erste Person sterben, stattdessen aber der Langsamste. Am Ende gewinnt nicht das attraktive Mädchen von nebenan über das Böse, sondern derjenige, der mehr Glück als Verstand hat. Doch wer will so etwas sehen?
Letzte Bearbeitung war am 04.07.2016