Männer geben gerne an, wenn es um ihre liebsten Songs und Musiker geht. Doch sind Frauen in Sachen Musik wirklich nicht so bewandert, wie Männer glauben?
Alle Boyfriends an dieser Stelle weglesen, da ich eure Freundinnen etwas fragen möchte: Hat euer Typ euch schon mal schief angeschaut, als ihr ihm eure Musiksammlung offenbart habt? Damit sind nun nicht eure Jugendsünden gemeint, wie zum Beispiel diese DJ Bobo CD oder die Playlist mit sämtlichen Hitsingles von Take That. Nein, er findet einfach alles fade und albern? Damit seid ihr gewiss nicht alleine. Ich bin davon überzeugt, dass ich in meiner selbstauferlegten Rolle als musikalischer Erklärbär schon zig Frauen zu Tode gelangweilt habe, nur weil ich Details über Platten wusste, nach denen niemals jemand gefragt hat. Warum ist dem so? Sind manche Männer verkappte Korinthenkacker, denen voll einer abgeht, wenn sie angeberisch Vorträge über skandinavische Heavy-Metal-Bands vom Stapel lassen können? Wahrscheinlich ja. Auch ich muss gestehen, dass ich meine Herzallerliebste allen Ernstes mit »Kannst Du mir alle Member vom Wu-Tang Clan aufzählen?« nervte.
Verstaubte Seitenhiebe
»Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum«, hatte Nietzsche gesagt. Außerdem war er der Meinung, dass man die Peitsche nicht vergessen soll, wenn man zu Frauen geht. Aufgrund solcher Aussagen ist seine Rolle als Frauenversteher zweifelhaft, aber er scheint recht musikalisch gewesen zu sein. Beim Tippen dieser Zeilen stelle ich ihn mir vor, wie er vor seiner Frau die Werke Wagners zerrupft, während sie krampfhaft versucht, ein Gähnen zu unterdrücken. Dabei ist Musik doch etwas Verbindendes, gerade für frisch verliebte Pärchen! Welche Turteltäubchen haben nicht diesen einen gemeinsamen Song, welcher den Soundtrack für den ersten Kuss lieferte? Zu dem man selbst Jahre danach immer noch gerne zum Tanz bittet?
Männer neigen zum Schlechtreden, selbst wenn es um Bands und Songs geht, die beide mögen. Wenn sie ihre liebsten Metallica-Kracher auflegt, dauert es keine Minute bis er jammert: »Hast du nichts von den alten Sachen?« Natürlich lässt er die Gelegenheit nicht aus, seine superseltene in Leder gebundene limitierte Hyper-Edition vom ersten Album – natürlich mit Signaturen – herauszukramen. Welches er damals vor zehn Jahren auf eBay für ein kleines Vermögen ersteigert hat. Das nun fast vergessen zwischen ungewaschenen Socken und alten Magazinen verstaubte.
Männliche Ohren, weibliche Ohren
Vielleicht vermissen manche Männer es, die Welt und ihre Tücken zu erklären. Deshalb verteidigen sie ihr Terrain so heftig, wie es nur geht. Beim Fußball und Autofahren sind wir Kerle ja schon gnadenlos gescheitert. Deshalb lässt sich der Mann von Welt schon lange wieder Bart stehen, da er auf diesem Gebiet unerreicht ist. Dabei gibt es in der Musik doch nichts zu verlieren. Frauen lieben ihre Lieblingssongs nicht, weil sie den Sänger knuffig finden, oder weil sie neidisch auf sein splissfreies Haar sind. Nein, ihre Ohren funktionieren genau so gut wie männliche Lauscher. Aber wie es leider scheint: Frauen sind häufig gezwungen, mehr als 100 Prozent zu geben, sofern sie von der dominierenden Männerwelt ernst genommen werden wollen.
Zurück zu meiner bescheuerten Frage nach den Wu-Tang Rappern: natürlich konnte sie mir nicht alle aufzählen. Ich kannte illustre Namen wie »Ol‘ Dirty Bastard« und »GZA« auch nur, weil ich damals nichts Besseres mit meiner Zeit anzustellen wusste. Meine Klugscheißerei musste ich derweil bitter bezahlen. Zwar brauchte ich nicht »Dirty Dancing« mit ihr schauen, aber wir gehen gerade sämtliche Disney-Filme alphabetisch durch. Und wir sind noch weit von »Wall E« entfernt.
Letzte Bearbeitung war am 10.04.2017