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Wie ich mein Totemtier fand

Beitragsbild: Wie ich mein Totemtier fand

Bärenstark, katzengleich und affengeil: Die Indianer glaubten an die Existenz von einem Totemtier, welches einer Person tierische Kräfte verleihen soll.

Es ist schon verrückt, wie unterschiedlich Meinungen bezüglich des Selbstbildes ausfallen können. Ich umschrieb meine Person gerne stark wie ein Bär, fleißig wie eine Biene, schlau wie ein Fuchs und potent wie ein Hengst. Frage ich jedoch in meine vertraute Runde, welches Tier meine Eigenschaften am besten umschreibt, höre ich wie aus der Pistole geschossen: Schwein.

Superheldenkräfte für Arme

Auch auf den vorderen Plätzen versammelt: Nacktmull, Rotarschpavian, Bandwurm und Seegurke. Der Fantasie scheinen keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, mich zu beleidigen. Dabei ging es mir nur darum, mein ganz persönliches Totemtier ausfindig zu machen. Für alle Unwissenden sei es kurz erklärt: die nordamerikanischen Ureinwohner, sprich Indianer, sind der Meinung, dass jeder Menschen von einem gewissen Tier abseits vom Affen abstammt. Diese werden auch Totems oder auch Krafttiere genannt und begleiten einen nicht nur ein Leben lang, sondern versehen die Personen auch mit gewissen Eigenschaften. Als ich das erste Mal davon hörte, wollte ich auch diese tierischen Superkräfte mein Eigen nennen. Leider stellte ich fest, dass ich nie wie Spiderman durch die Gegend swingen werde; vielmehr sind diese Features allgemeinerer Natur, wie zum Beispiel Mut oder Ausdauer. Doch der größte Abtörner war die Tatsache, dass man sich sein Krafttier nicht einmal selbst aussuchen kann. Es läuft sogar umgekehrt. Das Totemtier sucht Dich aus.

Der Meerschweinchenflüsterer

Auf der Suche nach meinem Totemtier besuchte ich mehrfach den Zoo. Natürlich vermied ich es dabei, allzu lange bei den unattraktiven Viechern abzuhängen. Schließlich wollte ich keine Hyäne oder einen Marabu als tierischen Buddy. Stattdessen beobachte ich stundenlang Bären, Falken und Haie, doch sie ignorierten mich ausdauernd. Auch die Tiger gähnten mich durch die Gitter nur an und ich befürchtete, am Ende höchstens ein quietschendes Meerschweinchen oder so als Totemtier-Trostpreis zu erhalten. Aus diesem Grunde wechselte ich fortan die Straßenseite, wenn mir irgendeine Trulla mit einem Handtaschenhund entgegen kam.

Dabei bietet der Alltag so viele Gelegenheiten, in denen man sich Verstärkung wünscht – gerne auch in tierischer Form. Was hätte ich manches Affentheater problemlos hinter mir gelassen, wenn mir so ein Totemtier beigestanden hätte, welches für Weisheit und Widerstandskraft steht. Zum Beispiel hätte ich mir allzu gerne gewünscht, dass ich einem dieser schreienden Schafe begegnen würde, denn deren Weltschmerz kann ich bestens nachvollziehen. Am liebsten würde ich auch einfach mal sinnfrei herumschreien, wenn mir alles auf den Sack geht. Leider haben sie mich aber nicht angebrüllt, sondern eher gierig angestarrt, sonst wäre ein wolliges und hysterisches Schaf mein wohlverdientes Totemtier.

Tierisches Absaufen

Mit der Zeit ging ich davon aus, dass die Begegnung mit einem Einhorn realistischer als diese Totemtier Geschichte sein könnte. Drum gab ich die Stalkerei im Tierreich auf und vergaß die Angelegenheit schnell wieder. Ab und zu wurde ich sicherlich mal wieder beschimpft, doch selbst bei absurdesten Vergleichen mit einem Stinktier blieb ich gelassen. Bis zu dem einen Tag, an dem mir ein Kumpel beim Umtrunk in einer Kneipe offenbarte, dass ich wie ein Kamel trinke würde. Übertrieben laut und abnormal viel. Darüber hinaus würden mir auch noch zwei Höcker wachsen, wenn ich weiterhin so viel Bier trinken würde. Auch wenn es von ihm nur ein miserabler Diss war, so blieb mir dieser Gesprächsfetzen im Kopf. Daheim angekommen, nutzte ich die üblichen Wege, um an alle möglichen Infos über Kamele zu kommen. Google verriet mir Folgendes: Kamele sind Nichtschwimmer. Wie ich! Diese Gemeinsamkeit konnte kein Zufall sein. Direkt am nächsten Tag suchte ich den nächstbesten Zoo auf und nervte die Herde so lange, bis eins der Kamele auf mich zukam und mich misstrauisch musterte. »Bist Du mein Totemtier?« sagte ich aufgeregt zum Kamel, doch es antwortete nicht. Enttäuscht zog ich von dannen, auch wenn ich froh war, dass es mich nicht zur Bestätigung anspuckte.

Auf meinem Heimweg kam ich bei den Nilpferden vorbei. Normalerweise wäre ich schnurstracks an denen vorbeigezischt, doch sie klangen wie eine Mischung aus Hupe und das Lachen eines Schurken – das machte mich neugierig. Und was soll ich sagen? Wir haben uns bestens verstanden. Mein nigelnagelneues Totemtier, welches ich liebevoll Hippo taufte, kann schließlich genauso wenig schwimmen wie ich.


Photo: Sloth in a Ball by Eric Kilby, CC 2.0


Letzte Bearbeitung war am 04.07.2016
Kategorie: Freizeit

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Avatar for Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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