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Internetsucht – Logout aus der Realität

Internetsucht - Logout aus der Realität

Nie mehr ausloggen. Wer einer Internetsucht unterliegt, verpasst zwar nie eingehende E-Mails, aber dafür Sehenswertes aus der realen Welt, wie zum Beispiel Bier und Eiscreme.

Konstantin ist umzingelt von leeren Pizzakartons. An seinem Schreibtisch kauernd, starrt er ohne zu Blinzeln auf den Bildschirm. Er schaut ein furchtbar nervtötendes YouTube-Video mit einer durchs All rasenden Katze in Dauerschleife. Klarer Fall, Konstantin unterliegt einer typischen Internetsucht. Sein Leben vollkommen auf die virtuelle Welt ausgerichtet, bemerkt er gar nicht, dass er mächtig müffelt und seine Freundin schon vor fünf Monaten das Weite gesucht hat. Dieser junge Mann ist nur ein Paradebeispiel für eine Generation von Internetabhängigen, die am liebsten die Nutzung Facebook und Google als Grundrecht eintragen lassen würden.

Internetsucht – Der Alptraum vom Offlinesein

Manchmal fragt man sich, was man vor der Einführung von Smartphones und Internet-Flatrates den lieben langen Tag getrieben hat. Abgesehen von Heroin und Crack muss es ja andere suchtgefährdende Freizeitbeschäftigungen gegeben haben, die von der Online-Welt abgelöst wurden. Oder es ist der Wandel der Zeit, der die Leute zu Informations- und Unterhaltungsjunkies werden ließ, die keine Mittagspause mehr überstehen, ohne ihre E-Mails abgerufen zu haben. Dazu immer schön auf dem Laufenden bleiben; es kann schließlich nicht angehen, dass man weder die aktuelle Tatort-Kritik noch das letzte Nackt-Selfie von Kim Kardashian kennt.

Laut einer Studie ist jeder zehnte Jugendliche gefährdet, eine Internetsucht zu entwickeln. Doch was soll das eigentlich genau sein? Das unstillbare Verlangen, seine Facebook-Kommentare und Likes zu zählen? Irgendwelche Highscores bei Candy Crush und Farmville zu knacken? Oder geht es am Ende nur die passenden Bilder zu den Porno-Rap Songs? Auffallend ist, dass diese gefährdete Generation während der Internetnutzung viel Zeit alleine vor dem PC, Tablet oder Smartphone verbringt. Im Dialog mit sich selbst – schließlich ist bei der Ausübung der Internetsucht selten jemand anderes im Raum – kann sich der Betroffene all die unangenehmen Fragen des Lebens stellen und bleibt am Ende unzufrieden darauf sitzen. Während er passiv verbleibt, sieht er lauter aktive Menschen im Netz am Leben teilhaben. Nicht so cool für Motivationsschübe und den Tatendrang. Das geht meist so weit, dass man sich selbst abschreibt und sich lieber mit Pizzakartons zudeckt, anstatt offline mitzumischen.

Bin ich süchtig nach dem Internet?

Neben einem Selbsttest gibt es auch einen simplen Fragenkatalog, den sich Suchtgefährdete durchlesen können. Wenn Sie auch nur eine der folgenden Frage mit »Ja« beantworten können, sollten Sie sofort aufhören, Ihre Telefonrechnung zu bezahlen.

  • Haben Sie in den letzten vier Monaten mehr als drei Spieleanfragen bei Facebook verschickt?
  • Klickten Sie nur so aus Neugierde eine für Sie eher untypische Rubrik auf einer Pornoseite an?
  • Besitzen Sie mehr als drei E-Mail Adressen?
  • Spielten Sie Ihren World of Warcraft Charakter länger als zwei Jahre?
  • Kennen Sie mehr als drei Suchbefehle bei Google?
  • Ertappten Sie sich selbst mal dabei, wie sie stundenlang online Katzenbilder anschauten?
  • Stalkten Sie mal Ihre/n Ex mit einem Fake-Profil?
  • Lesen Sie nachts vor dem Schlafengehen lieber Whatsapp-Nachrichten als in einem Buch?
  • Haben Sie sich schon einmal selbst gegoogelt?

Mittlerweile gibt es spezielle Kliniken, die sich mit dem Phänomen Internetsucht auseinandersetzen. In den stattfindenden Therapiesitzungen wird meist neu gelernt, sich offline die Zeit zu vertreiben und auch mal gemeinsam was trinken zu gehen, statt sich gegenseitig absurde Bilder über das Smartphone zu schicken. Erste Erfolge machen sich schnell bemerkbar; beispielsweise wird der berüchtigte Handynacken schnell entlastet und es kann wieder durchgeatmet werden.

Ein waghalsiger Vorschlag wäre, dass Internet insgesamt teurer zu machen und die Flatrates und Hotspots dieser Welt abzuschaffen. Zwar wäre eine fixe Suche nach einem Wikipedia-Eintrag unverschämt kostspielig; wobei die Leute gewiss nicht gefrustet auf Heroin und Crack zurückgreifen, sondern sich Artikel wie diesen ausdrucken würden, um die dann zu vorzulesen – im Stuhlkreis ihrer Therapiegruppe.


photo: what’s the password by max stotsky, CC 2.0


Letzte Bearbeitung war am 10.03.2016

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