Streiten will gelernt sein. Viele haben aber Angst, sich ihrer Streitlust hinzugeben. Wie man verbal um sich haut und nebenbei das Ego aufpoliert.
Halt die Fresse, du ######! Du jämmerliches Stück ######! Du immer mit deinem ver####### Rumge######! Jetzt geht es mir deutlich besser. Um eine außerordentliche Streitkultur zu etablieren, muss man wohl oder übel auch mal in die untersten Schubladen greifen. Ist schließlich gut für die Seelenhygiene; befördert den angesammelten seelischen Unrat nach außerhalb und man kann endlich wieder aufatmen. Nach einem Befreiungsakt wie diesem sollte man kritische Einwände nicht allzu ernst nehmen. Natürlich werden deine Widersacher behaupten, dass du extrem übertrieben hast – besonders, was deren Mütter angeht. Aber was tut man nicht alles für das eigene Wohlbefinden?
Simple Konfliktlösungen: Immer schön auf die Fresse
Fest steht: Streiten ist gesund. Unzählige verharren im Unglück, weil sie an das Allheimittel Wellness glauben. Lassen sich mit Steinen massieren und unterdrücken sämtliche negative Gedanken. Rennen auf einem Laufband vor ihrer Rage davon. Am Ende genügt nur ein kleiner Tropfen und das prall gefüllte Wutfass quillt über. Ich habe nie verstanden, warum man sich der erfüllenden Streitlust widersetzt. Man muss ja nicht ständig um des Streitens willen seinen Senf dazu geben. Aber ab und zu sollte man aufpassen, dass man nicht zum Fußabtreter wird, um den vordergründigen ver###### Haussegen zu wahren.
Streiten schafft Klarheit, reinigt die Luft. Einfach mal aggressiv SCHEIßE rufen, wenn man Überstunden schieben muss. Der Freundin eine Standpauke halten, weil man keinen Bock auf einen Pärchenabend hat. Dem Kumpel in Grund und Boden dissen, wenn er dein letztes Bier leer trinkt.
Trainiere deine Streitlust
Keine Ahnung, wann sich diese Harmoniesucht eingeschlichen hat. Dieser Drang, alles Negative weg zu reden und dem Unangenehmen aus dem Weg zu gehen. Mit dieser Verdrängungstaktik werden schweren depressiven Phasen eine optimale Basis geboten. Und das alles nur, weil man sein Maul nicht aufbekam? Um das praktische Streiten zu üben, lohnt es sich, die folgenden Übungen durchzuführen:
- Wähle irgendeine Nummer und sage der Person am anderen Ende der Leitung, was dich alles ankotzt. Lass alles raus! Nur vergiss nicht, deine Nummer zu unterdrücken
- Gehe in einen Handyladen und lobe den genialen Service. Vermeide ironische Untertöne! Alle anderen anwesenden Kunden werden dich für verrückt erklären
- Schreibe einen Wutkommentar auf Facebook – am besten sowas wie »Hässlichstes Kind ever« unter ein Kinderfoto
- Trink einem Typen in der Kneipe frech das Bier vor der Nase weg und argumentiere, dass er ohnehin genug hat
- Stöber ungefragt in fremden Schubladen, Handys oder Unterhosen herum. Wenn die mit offenen Mund staunen, fragst du: »Is was?«
- Stell Passanten ein Bein und beschwer dich laustark über Wadenschmerzen, wenn sie dich anfahren
- Apropos Anfahren: bleib mitten auf der Strasse stehen und tanze. Je lauter er oder sie hupt, desto lauter musst du schimpfen
Endlich frei, du F######!
Anstatt einen Konflikt ohne Aussprache unendlich in die Länge zu ziehen, kann ein ordentlicher Streit mit Haareziehen und Beißen die Wogen glätten. Ein bisschen Ehrlichkeit im Umgang mit anderen kann ja nicht schaden. Jedoch sollte man bei aller Rage darauf achten, dass die Streitkultur nicht total aus dem Ruder läuft. Aus diesem Grunde empfiehlt es sich, ICH-Sätze aus dem Vokabular zu streichen. Ebenso wie immer und Sätze, die mit Du machst beginnen.
Die größte Hürde ist fehlende Empathie. Die Fähigkeit, die andere Seite der Medaille zu erkennen und zu akzeptieren. Zuhören und Kompromisse finden, ohne dabei auf das Argument zu verzichten. Nur wenn dir jemand blau für rot verkaufen will, musst du leider die gute Kinderstube vergessen und ihm die Fresse blau – pardon, rot – schlagen.
Letzte Bearbeitung war am 13.03.2017