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Benching – Bitte Abstand halten!

Beitragsbild: Benching - Bitte Abstand halten!

Benching hat nicht nur was mit Muckibuden zu tun, sondern beschreibt auch das Dating-Phänomen, welches Ghosting ablöste. Ist es genauso blöd, wie es klingt?

Forrest Gump ist der Oberbencher. Ein Typ, der die ganze Zeit auf einer Bank herumlümmelt, um andere Leute vollzuquatschen. So ähnlich muss man sich das »fieseste Dating-Verhalten seit Ghosting« vorstellen. Eine Person spricht eine andere nur an, um eine Portion Aufmerksamkeit zu erhalten. Unfassbar, so ein selbstsüchtiges Verhalten. Auch wenn Satire-Portale wie Bravo.de behaupten, dass dieses Phänomen auf dem hart umkämpften Beziehungsmarkt neu sei, so dürfte sich Benching schon seit langem etabliert haben. Wer daran zweifelt, möge bitte einmal die Kontaktleichen auf dem Smartphone zählen.

Benching – Warum schreibt er mir überhaupt?

Schwierige Frage. Aber spulen wir erst einmal zurück und stellen uns eine Svenja an einem typisch tristen Sonntag vor. Svenja hängt verkatert auf dem Sofa, schaut Pandabären-Videos und stalkt nebenbei ihre Facebook- und Whatsapp-Kontakte. Plötzlich eine Nachricht, »Hey, was treibst Du so?« von Sören. Svenja hält kurz inne, um zu überlegen, wer dieser Sören überhaupt ist. Ach ja, das war der Kerl, den sie irgendwo aufgabelte. Aus dem nie was wurde. Weil er ’ne Freundin hatte, dann aber doch Schluss machte … um festzustellen, dass er nun Zeit für sich braucht. Dazu der ewig zermürbende Job mit all seinen Verpflichtungen. Sören war ein Netter, aber irgendwie kam er nie aus dem Quark. Meldete sich nur sporadisch und jeder Menge Blabla. Svenja hatte irgendwann keinen Bock mehr und konzentrierte sich lieber auf Kerle, die man auch mal nach Feierabend vögeln oder wenigstens knutschen kann. Sören konnte man so nicht locken. Er spielte zwar Interesse vor, aber Svenja hatte sich damit abgefunden, dass es kein weiteres Treffen geben wird. Nie mehr.

Stattdessen schreibt er aber regelmäßig. Pingt Svenja an, um sie banale Sachen zu fragen. Sie lässt sich manchmal auf das Fragen-Ping-Pong ein, doch im Grunde hat sie nur eine Frage im Kopf: »Warum schreibt er mir überhaupt?« Doch gestellt wird die Frage nie.

Auf die lange Bank geschoben

Nicht nur die Frage wird auf die lange Bank geschoben, sondern das Dating an sich. Das ist der sinngemäße Hintergrund der Bezeichnung Benching. In Zeiten von Tinder und Co. ist dieses Benching Alltag. Man schickt sich lustige Artikel vom Postillon, ein Foto vom Abendessen und fragt nach dem Befinden. Insbesondere nach dem ersten Date fällt es schwer, das richtige Timing für das Aufhören zu finden. Man trifft sich zwar nicht mehr, hat es auch nicht einmal mehr vor, aber tauscht sich über Nachrichten und Bilder aus. Okay, ab und zu macht man ein Date aus. Natürlich wird einen oder zwei Tage vorher abgesagt – dieses Spiel wiederholt sich mehrfach. Ab einem gewissen Punkt ging es nicht mehr weiter. Man wurde nicht zu Freunden mit Extras und auch nicht zu Kumpels. Genau beschreiben lässt sich der Zustand auch nicht.

Beide profitieren von der Aufmerksamkeit, die einem zuteil wird. Zwar meldet sich ein Benching-Mensch unregelmäßig, aber es kann schön sein, wenn man überhaupt mal gefragt wird, wie der Tag war. Bei einer Antwort gibt man gewisse Anteile an Aufmerksamkeit zurück, indem man zum Beispiel ein Nacktbild zurückschickt.

Da geht noch was!

Ob es wirklich darum geht, sich alle möglichen Optionen offen zu halten, ist anzunehmen. Wir Durchschnittstypen haben ja stets Angst, etwas zu verpassen. Eine lange Liste in den sozialen Medien, die uns über Momente der Einsamkeit und Langeweile hilft, ist Gold wert. Wobei ich glaube, dass die Problematik anderswo liegt. Wir wissen womöglich nicht mehr, was wir miteinander anfangen sollen, weil wir per se unentschlossen und abgelenkt erscheinen. Wir können sich nicht dazu entschließen, wie wir das Date einzuschätzen haben. Ist es eine mögliche Bekanntschaft oder Freundschaft? Oder gar eine Beziehung? Play it safe und lasse lieber nichts zu nah an dich ran. Möglicherweise verbrennst du dir die Pfoten. Und andere Mütter haben auch noch andere Fische im Meer oder wie der Spruch auch immer lautet.

Falls es doch mal wider Erwarten zum Date kommt, empfehle ich einen gemeinsamen Kinoabend. Wie wäre es mit einer locker flockigen Beziehungskomödie? Zum Beispiel »Er steht einfach nicht auf dich«.


Letzte Bearbeitung war am 06.10.2020
Kategorie: Miteinander

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Avatar for Oliver Peters

Notorischer Schwarzmaler und Weltmeister im »Böse gucken«. Geboren am Niederrhein, verdorben durch den Rest der Welt. Mag Pandas, verabscheut Pendeln. Kontakt: Facebook, Twitter oder Email.

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