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Beziehungstipps für Pflanzen Wie ich lernte, die Orchidee zu lieben (und zu hassen)

Beitragsbild: Beziehungstipps für Pflanzen

Wie führt man eigentlich eine ausgewogene Beziehung zu seinen Pflanzen? Manchmal braucht man mehr als Geduld, Dünger und einen grünen Daumen.

Es ist nun Mal so, dass wir Beziehungsmenschen sind. Zumindest in den meisten Fällen, Soziopathen und Serienkiller schließe ich politisch nicht korrekt mal aus. Ich bin ebenfalls ein solcher (also Beziehungsmensch, nicht Serienkiller) und hab es das eine oder andere Mal versucht.

Aber die innigste Beziehung ever hatte ich nicht zu Menschen, sondern zu Pflanzen. Ich würde fast soweit gehen, es Hassliebe zu nennen. All meine grünen Freunde hier in meiner Bude bereichern mich, aber nehmen viel von mir. Vor allem nehmen! Unser Verhältnis ist ein kompliziertes, aber ist es nicht immer so bei tiefen Gefühlen? Und hey, sie geben wenigstens keine Widerworte!

Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose

Ich mag Rosen nicht, das mal vorweg. Ich mag so exzentrischen Kram. Strelizien und wenn es sein muss, auch mal Malven. Aber eine Passion von mir sind Orchideen. Ich finde, sie sehen nicht nur witzig aus, sie verhalten sich auch manchmal so. Fangen wir mal damit an, dass sie seltsame Luftwurzeln treiben. Die schnörkeln irgendwie so angetrunken durch die Landschaft. Und irgendwie ist das possierlicher, als wenn ein Typ das tut. Meistens glänzen meine Orchis, wie ich sie liebevoll nenne, durch grüne Blätter, konsequenter Blütenverweigerung und Rumschnörkelei.

Zuckerbrot und Peitsche

Da mir das alleine zu wenig ist (wäre es mir bei den Typen auch. Zumal es mich auch etwas irritieren würde, wenn die Männer dieser Welt versuchten, mit grünen Blättern zu überzeugen), animiere ich meine Widerspenstigen zum Erblühen. Meine Methode soll perfide sein, aber ich sehe das anders. Ich drohe ihnen. Mit dem Ableben. Ich leihe mir irgendwo ein verrottetes Gewächs, halt es den Damen vor die Nase (heißt ja schließlich DIE Orchidee) und grolle: »Wer nicht blüht, sieht bald genau so aus! Und ihr wisst ja, wo der Mülleimer steht!« Ganz in der Nähe übrigens, fyi. Danach spiele ich ihnen Mozart vor.

Na da treibt es aber einer bunt

Ich weiß nicht warum, aber es funktioniert. Einen Tag später sehe ich einen strammen Trieb, welcher sich langsam Richtung Sonne schlängelt. Meine Pflanzen schweigen immer noch, zeigen mir aber ihr Entgegenkommen. Auch hier finde ich das irgendwie sympathischer, als bei dem Kerl in der Bar, sollte er Vergleichbares machen (ich sehe mich hier einfach mal ganz bescheiden als Sonne). Ab diesem Punkt erfüllt mich unbändige Freude. Sicherlich auch, da ich vergessen habe, welche Farbe die Blüten haben werden. Immerhin lassen sich meine Pflanzen immer das eine oder andere Jahr Zeit, mir mal wieder ihre ganze Pracht zu zeigen (erneut ganz im Gegensatz zu den Typen -.-).

Er liebt mich, er liebt mich nicht … bitte nicht mit Orchideen spielen

Mittlerweile haben sich die Blütenstände voll entwickelt, ich spiele meinen Liebsten inzwischen Death Metal vor. Irgendwie stehen sie mehr darauf, denn auf Klassik. Mein Bauch ist voll Schmetterlinge der Vorfreude, morgen öffnet sich die erste Blüte und ich sehe wieder die ganze Pracht meiner Pflanzen. Gibt es ein befriedigenderes Gefühl? Das Erblühen einer Orchidee, mit der optisch filigranen Schönheit, vergleichbar eines Liebesgedichtes? Leser mit grünem Daumen lächeln nun verträumt in sich hinein und nicken wissend.

Ich bin durchströmt von einem seligen Glücksgefühl, ähnlich der Sekunden vor dem ersten Kuss und gönne meinen liebsten Grünlingen sogar ein wenig Dünger. Kann das Leben schönere Blüten treiben? Als ich ins Bett gehen will, werfe ich noch eben den routinierten »Ist-alles-in-Ordnung-Blick« auf mein Aquarium und realisiere, dass wohl auch eine gut verborgene Algenkolonie ein paar Töne Mozart erhascht haben. Liebe kennt halt keine Grenzen.


Letzte Bearbeitung war am 24.11.2016
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Avatar for Nadine Goutrié

Eigentlich hat sie Geschichte und Kunstgeschichte studiert. Schnell fand sie aber heraus, dass ihre Umgebung statt Gemälde zu betrachten deutlich interessanter ist. Leider gefällt ihr oft nicht alles was sie da sieht, aber hey! Sarkasmus ist eine wunderschöne Sprache. Sie beobachtet euch und dann verwickelt sie euch in ein harmloses Gespräch. Kurze Zeit später findet ihr euch eventuell hier wieder. Glaubt ihr nicht, wenn sie sagt, dass sie euch mit ihren Texten reich und berühmt mache!

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