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Nie wieder Yoga oder wie Yoga mich zur Vernunft brachte

Beitragsbild: Nie wieder Yoga oder wie Yoga mich zur Vernunft brachte

Sich dank Yoga endlich »geerdet« und »vollkommen bei sich« fühlen. Was ein Unfug. Hier ein Erfahrungsbericht eines Querulanten mit intaktem Geruchssinn.

Robert Downey Jr. schwört auf Yoga. Und da er auf der Leinwand den Iron Man gibt, muss das ja irgendwas bringen. So ähnlich muss meine Verwirrung begonnen haben, als ich es ernsthaft in Betracht zog, eine Yoga-Klasse zu besuchen. Meine Beweglichkeit litt im Zuge des Alters deutlich und ich hätte mir letztens beim Schuhe binden beinahe einen Bandscheibenvorfall eingehandelt. Also einigte ich mich auf einen Sport, mit dem ich wenigstens via Instagram angeben kann. Andere Sportarten erscheinen mir zu anstrengend. Nicht, dass ich es ernsthaft versucht hätte, aber als überzeugter Misanthrop hat man es schwer, sich für Fitness zu begeistern. Alleine schon mal gar nicht. Aber warum ich mich schweißgebadet inmitten von ganzkörperrasierten Kerlen abrackern soll, hat sich mir nie erschlossen. Ein angesagter Yoga-Kurs mit lauter jungen Frauen in hautengen Yoga-Pants wirkte reizvoller.

Und Buddha lachte

Dank der Popularität von Yoga war es kein Problem, sich einen ersten Eindruck in einem bescheidenen Studio inmitten meiner Provinz zu verschaffen. Bereits während der Schnupperstunde war ich absolut überzeugt davon, dass ich Bier gegen Grünen Tee und Videogames gegen Meditation eintäuschen möchte. Keine Ahnung, ob es an diesem hypnotisierenden New-Age-Soundtrack und an den unzähligen fett grinsenden Buddha Figuren lag, aber hier könnten sich die Zeugen Jehovas in Sachen Überzeugungsarbeit eine Scheibe abschneiden. Ich ließ mich in meiner geistigen Umnachtung an einen Jahresvertrag fesseln und trug stolz meine Yoga-Matte nach Hause. Kritische oder belustigte Blicke konnten mir nichts anhaben. Meine Motivation war ungebrochen, Yoga war die fehlende Zutat, meine Bestimmung, meine Rettung! Zumindest bis ich am nächsten Morgen erwachte und mir dämmerte: Fuck. Die haben mich ganz schön verarscht.

Sonnengruß, nein Danke

Vertrag ist Vertag. Drum verkniff ich mir meine Aggressionen und besuchte die Yoga-Klasse. Die erste Stunde war hart. Bereits nach drei Minuten verspürte ich ein Gefühl der Ohnmacht und schwörte, Robert Downey Jr. eine Hate-Mail zu schreiben. So erging es mir auch in der zweiten, dritten, vierten und fünften Woche. Ich rutschte stets weg oder hatte arge Probleme, mich auf meine Atmung zu konzentrieren – während ich nassgeschwitzt das Gefühl hatte, in der Mitte durchzubrechen. Alle anderen um mich herum machten sexy Geräusche, als ob sie einfach eine Schlafposition wechseln würden. Einige der anderen Kursteilnehmer (es waren zu meiner Enttäuschung auch viele Kerle dabei) versuchten mich zu motivieren, indem sie mir Mut machten. »Übung macht den Meister!« Deren Worte klangen in meinen Ohren nach Mitleid. Mir war klar, dass sie einen Versager wie mich brauchten, damit sie jemanden zum Herabschauen haben. Dieses eingebildete Yoga-Pack! Geht doch alle Twister spielen! Machen Selfies in ihren lächerlichen Leggings und fühlen sich beim Sonnengruß cool.

Mit der Zeit gab ich mich dem Gedanken hin, dass Yoga den Sieg über mich errungen hatte. Das war allein meine Entscheidung und sie bestimmte fortan mein Leben. Ich lauschte den Fahrstuhlklängen der New-Age-CD und blieb mit geschlossenen Augen auf der Matte liegen, bis mich der Yoga-Lehrer auf meine miserable Atmung hinwies. Ich war verloren.

Zum Dampf ablassen Yoga machen

Als ich auf meiner Matte kapitulierte, zog mein bisheriges Leben an meinem inneren Auge vorbei. Besonders die letzten Wochen in diesem Yoga-Albtraum erschlossen sich mir besonders deutlich. Warum quälte ich mich ständig in diesen Raum, der permanent nach Füßen roch? Die Stimme meines Yoga-Lehrers erklang urplötzlich in einem nie gehörten Klang; als ob ein Säugling zum ersten Mal die Stimme seiner Mutter wahrnimmt. Dieses Stimme sagte »Richte die Füße zum Himmel« und ich wollte schon mit »Ich räume später auf, Mama« antworten. Yoga lehrt dich, geduldiger zu sein. Auch wenn der Raum voller schnöseliger Hipster war, die sich mehr für ihre Facebook-Accounts und ihr Bio-Gemüse interessieren, denn für alles andere. Diese Meute nahm die Position »Glückliches Baby« ein, während ich einfach liegen blieb. Plötzlich hörte ich einen leisen zögerlichen Furz. Keine Ahnung, wem das entfleucht war. Es folgte ein weiterer. Und noch einer. Keine Frage, ich befand mich mitten in einem Furz-Konzert. Als ob das nicht kurios genug wäre, so taten alle Teilnehmer so, als wäre nichts dabei. Selbst der Lehrer meinte nur, dass man sowas mit Humor nehmen sollte. Nehmt euch am lachenden Buddha ein Beispiel.

Gott sein Dank waren nur meine Gedanken benebelt und nicht meine Sinne. Dieses Echo an Methan-Erleichterungen gekoppelt mit der Attacke auf meinen Geruchssinn ließ mich fix wieder zur Vernunft kommen. Scheiß auf meinen Frust, meine Aggressionen und die absurde Idee, dass mich Sport bereichern würde. Ich stand auf, rollte meine Matte zusammen und verließ die Folterkammer. Danke Yoga. Mit Deiner Hilfe wurde ich wieder auf den Pfad der Normalität gebracht. Prost.


Letzte Bearbeitung war am 22.06.2016

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