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»Muss ich mich für Bücher schämen?« Die Demotivationfrage zum aussterbenden Hobby Lesen

Beitragsbild: Muss ich mich für Bücher schämen?
Demotivationsfragen: Rhetorische Fragen, deren Antworten entmutigen aber zeitgleich erheitern können. Regelmäßig auf Miesepeters.

Die Demotivationsfrage: Ist es heutzutage peinlich, sich einfach ein Buch zu schnappen, um darin zu schmökern? Vor allem in der Öffentlichkeit?

Zum Thema Bücher lesen …

»Bitte lachen Sie mich nicht aus. Es ist mir ohnehin schon unangenehm genug, da kann ich weiteren Spott gar nicht gebrauchen. Die Rede ist von meiner Leselust, der ich seit meiner Kindheit begeistert nachkomme. Bis vor ein paar Jahren war das auch gar kein Problem; ich hatte immer ein angebrochenes Buch dabei und fühlte mich ohne quasi nackt. Das Geräusch einer umgeblätterten Seite ist Musik in meinen Ohren und ein verloren gegangenes Lesezeichen löst Schweißausbrüche bei mir aus. Meine Passion Bücher war mir nie peinlich, im Gegenteil. Auf Freunde und Bekannte wirkte ich durch mein Hobby häufig belesen, gebildet und absolut seriös. Doch das hat sich schlagartig geändert. Diese verdammten Smartphones und Tablets! Wenn ich zum Beispiel in der U-Bahn einen dicken Wälzer auf meiner Tasche ziehe, ernte ich nur verständnislose Blicke, als ob ich gerade in eine Salatgurke singen würde. Jugendliche beschimpfen mich als Greis und Frauen halten mich für einen ausgemusterten Kandidaten von »Schwiegertochter gesucht«. Mittlerweile bin ich so verunsichert, dass ich meine Bücher nur noch heimlich nach Sonnenuntergang lese – ungestört und mit verschlossenen Gardinen. Ist es nun soweit? Muss ich mich dafür schämen, weil ich mich durch Gedrucktes bilden und unterhalten will? Und seit wann fühlt sich ein Besuch in der Bibliothek so an, als würde ich in den Puff gehen?« – Eugen P., Bonn

Bücher, die beißen und stechen

Kafka hat mal folgenden klugen Satz gesagt: »Ich glaube, man sollte überhaupt nur Bücher lesen, die einen beißen und stechen.« Dieses Bedürfnis mag womöglich abhanden gekommen sein. Wir streben nach Komfort, genauer nach Dingen, die sich durch Knopfdruck erledigen lassen. Bloß keine Anstrengung keine Investition in Form von Zeit! Alles schön easy und vor allem unverbindlich. Unbequemes soll scheinbar – sofern es sich einrichten lässt – ohnehin komplett aus dem Blickfeld verschwinden. Anders lassen sich elektronische Geräte und Haushaltshilfen (wie zum Beispiel Amazon Echo und das iPad) kaum erklären. Wagen wir an dieser Stelle einen Vergleich zum geistig verwandten Thema Zeitung vs. Internet. Während eine Zeitung uns gewissermaßen »ermuntert«, auch die etwas unattraktiveren Artikel zu lesen, bleiben wir online nur an Schlagzeilen hängen. Diese kosten uns höchstens Zeit und nicht Geld, welches wir für die tägliche gedruckte Ration Nachrichten ausgeben würden.

Auf Bücher bezogen wird im Zuge unser Bequemlichkeit ein weiterer Aspekt bedenkenlos über Bord geworfen: die Ausführung der Gedanken und der Einsatz der eigenen Fantasie. Ein Video, welches ich via Smartphone zwischen Castrop-Rauxel und Gelsenkirchen konsumiere, füttert zwar mein Auge, aber regt mich nicht an. Ein Buch hingegen fordert mich heraus, es liefert zwar reichlich Hintergrundinformationen, aber überlässt mir die Interpretation und Verwertung. Schlicht gesagt: es lässt mich arbeiten und nimmt mir nicht die Tätigkeit ab.

Nehmen Sie diese Herausforderung zu jeder Gelegenheit an. Unterliegen Sie niemals Ihrer Faulheit, sondern strotzen Sie der Versuchung, indem Sie täglich »Krieg und Frieden« oder »Die Brüder Karamasow« mit sich führen. Holen Sie es heraus, wenn die Smombies gierig auf ihre Bildschirme starren. Sie gehören zu einer aussterbenden Art, seien Sie stolz darauf. Sie haben das Privileg sich lebendig zu fühlen, weil ein Buch beißt und sticht. Andere müssen dafür in den Puff.

Weitere Demotivationsfragen.


Letzte Bearbeitung war am 14.08.2017

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