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Sieh es ein – Du bist ein Stalker

Du hast Probleme loszulassen? Möglicherweise bist Du ein Stalker und leugnest es. Folgende Indizien sollten Dich stutzig machen.

Heute schon den Ex gestalkt? Es ist gar nicht so ungewöhnlich. Laut einer Studie, deren Herkunft ich just vergaß, wird ein Großteil sonst unauffälliger Personen zu Stalkern, um herausfinden, was der/die Ex so treibt. Brennende Fragen wie »Gibt es ein Leben nach mir?« und Missgunst im Stil von »Ganz schön fett geworden« sind da keine Seltenheit. Alarmierend ist auch, dass die gleiche Studie besagt, dass Stalker mehr zum Alkoholismus und Netflix-Marathon neigen, anstatt sich endlich bei Tinder anzumelden. Solche Personen halten nichts von Floskeln wie »Aus den Augen, aus dem Sinn« und quälen sich gerne mit Urlaubsfotos und ekelhaften Pärchen-Selfies – mit dem neuen Partner.

Es ist für Betroffene unter Umständen nicht so leicht zu erkennen, ob man gefährliche Tendenzen zum Stalker hat. Ist man bereits einer, wenn man die Ex’en nicht von der Freundesliste schmeißt und so ständig mit Neuigkeiten versorgt wird? Hier sind dementsprechende Hinweise, ob Du bereits verloren bist. Denk daran: Dein Nachstellen ist nicht romantisch, sondern einfach nur creepy.

Zig Gründe, warum Du ein Stalker bist

Wenn Du jemanden neu kennen lernst, weißt Du bereits ALLES

Bereits beim Händeschütteln kennst Du bereits die Lieblingsfarbe, den zweiten Vornamen und den halben Stammbaum. Sollte sich das Gegenüber vorstellen, rollst Du nur mit Deinen Augen nach dem Motto »Gähn! Erzähl mir was Neues, Du Opfer.«

Du lebst in einem Zelt – in dem Vorgarten Deiner/Deines Ex

Sicherlich ist es manchmal unangenehm. Die Witterung, die mangelhaften Örtlichkeiten und alle zwei Tage zwingt Dich die Polizei zum Umzug. Dennoch hält Dich das nicht davon ab, Dein Fernglas rund um die Uhr auf das Schlafzimmerfenster zu richten.

Über jeden Deiner Kontakte hast Du ein Wiki erstellt

Über banale Dinge irgendwelche Einträge bei Wikipedia zu erstellen kann ja jeder. Du dagegen hast ein exklusives Wiki über Dein gesamtes Umfeld erstellt, in dem Du Deine gesammelten Informationen versammelst. Besonders stolz bist Du auf die Verlinkung; zum Beispiel gelangt mit einem Klick auf »Vermögen« auf alle weggeworfenen Quittungen und Kassenbons, die Du aus dem Hausmüll gefischt hast.

Du hast mehr Fotos von Deinem Ex/Deiner Ex als von Deinem Haustier

Natürlich hast Du kein schnödes Fotoalbum, sondern eine ganze Wohnungswand, die Du mit Schnappschüssen drapiert hast. Um die Collage etwas aufzupeppen, sind zwischendurch ein paar Fotos dabei, die dank Photoshop etwas aus der Reihe tanzen. Zum Beispiel eins mit Deiner Ex, wie Ihr in den Sonnenuntergang reitet – nackt auf einem Einhorn.

Angeblich bist Du nur schüchtern

Zumindest ist das Deine Standardausrede, wenn Du beim Stalken erwischt wirst. Glaubt Dir bloß keiner. Eine andere Ausrede, die Du gerne nutzt: »Es ist nicht so, wie es aussieht. Ich bin es nämlich gar nicht.«

Es kommt vor, dass Du aus Versehen die Freunde Deiner/Deines Ex addest

Schon blöd, wenn man täglich stundenlang Cyberstalking bei Facebook betreibt und sich aus Unachtsamkeit heraus verklickt. Besonders peinlich wird es, wenn Du den restlichen Kumpels Deiner Ex Freundschaftsanfragen schickst, die Dich noch nicht blockiert haben.

Rein zufällig trifft man Dich an – an den unmöglichsten Orten

»Was? Du auch hier?« … Das glaubt man Dir vielleicht im Supermarkt oder auf einem Adele Konzert. Aber nicht auf der Damentoilette/Herrentoilette.

Du hast ständig Panik, dass jemand Deinen Verlauf sieht

Nicht auszumalen, was geschehen würde, wenn man in unzähligen Varianten die Suchanfragen nach Deiner Ex lesen würde. Außerdem wirkt es verdächtig, wenn man als Startseite die Facebook-Seite des Ex-Schwarmes entdeckt. Von Deinem Bildschirmschoner ganz zu schweigen.

Manchmal rufst Du Leute an, nur um ihre Stimme zu hören – und schnaufst dabei unangenehm

Obzöne Anrufe waren noch nie Dein Ding, aber es konnte ja auch niemand ahnen, dass jemand abhebt, oder? Dabei wolltest Du nur testen, ob ihre Mailbox noch funktioniert.

Beitragsbild: Mode und Style für Klamotten-Kasper

Mode und Style für Klamotten-Kasper

Selbst bei der Frage »Was soll ich nur anziehen?« scheinen wir überfordert. Lieber lassen wir uns diktieren, welche Klamotten angeblich zu uns passen sollen

Unlängst passierte mir ein Missgeschick: ich schaute TV. Das hat in der Regel zur Folge, dass man unweigerlich auch der Werbung ausgesetzt ist.
Es war spät und ich müde und somit ich nicht schnell genug am Kühlschrank im Bad. Und somit hafteten die ersten Noppen des Tentakels der Kommerz-Krake an mir. Hierbei nun fiel mir etwas auf, was es wie ich finde früher nicht so gab.
Es werden nicht mehr einzelne Marken oder Modehäuser beworben, die dir sagen, dass du dich geil anziehen sollst um das andere Geschlecht oder Muddi zu beeindrucken. Es werden Online-Shops präsentiert, welche dir dein komplettes Outfit zusammenstellen. Das lies mich stutzen und ich stellte mir die Frage: sind wir mittlerweile so doof geworden, dass wir uns den Schlüpper über den Kopf ziehen? Brauchen wir einen Anzieh-Assistenten?

Nimm die Unterhose vom Kopf

Unweigerlich habe ich verstörende Bilder im Kopf. Der smarte Business-Typ steht morgens gut gelaunt beim ersten Ton seines eye-of-the-tiger-dudelnden Weckers auf, macht sich einen fair gehandelten Kaffee und geht dann der morgendlichen Hygiene nach. Jogi Löw propagiert ja schließlich die Pflege für den erfolgreichen Mann. Unser Business-Typ zwinkert sich nochmal im Badezimmerspiegel zu und garantiert sich, der heißeste Hengst im Großraumbüro zu sein, um anschließend weinend vor dem Kleiderschrank zusammen zu brechen und sich in Fötushaltung auf dem Boden zu wiegen. Welche Hose nur zu welchem Hemd? Habe ich überhaupt gleichfarbige Socken? Habe ich überhaupt Socken und wenn ja, wozu sind diese eigentlich gut?

Dies ist keine Übung, sondern ein Anzieh-Alarm

An dieser Stelle muss ich einwerfen, dass uns stilbewussten Ladies diese Problematik durchaus bekannt ist, aber das hat andere Gründe. Nämlich zu wenig schicke Kleidung. In den fünf Schränken. Jeweils, in den drei Ankleidezimmern. Also bitte nicht verwechseln.
Aber vergesst nicht, dass sich diese Werbung auch an das schöne Geschlecht wendet. Ich wies in der Vergangenheit ja schon auf textile Torheiten hin, vielleicht sind diese Commercials auch einfach nur ein Hilferuf? Oder vielmehr ein Schrei nach einer Rettung? Haben die Macher etwa meinen Artikel gelesen und rufen nun voller Inbrunst:  »Ja man, das verstößt gegen die Genfer Klamotten-Konventionen! Steht auf, kleidet die Menschen ordentlich ein! Lasst uns dem Etuikleid-Elend ein Ende bereiten!«

Klamotten-Katastrophen und Tintenfische

Der Kopffüßler der hirnwaschenden TV-Spots flüstert mir also ein, dass er geeeenau meinen Style hat! Meinen kompletten Style, wohlgemerkt. Der kennt mich also noch besser, als ich mich selbst. Und er erklärt mir, dass es nur um mich geht. Wozu habe ich eigentlich einen Partner? Oktopussi weiß doch viel besser was ich liebe und was wirklich zu mir passt. Zugegeben, meinen Freund stört es nicht, wenn ich morgens mit der Hose auf dem Kopf erwache, er behauptet sogar, dass mich das irgendwie süß mache. Aber der Tintenfisch findet das nicht okay. Ich mag diese Mollusken, also höre ich auf ihn. Außerdem habe ich Angst davor, was passiert, wenn ich einem Kraken widerspreche.
Ich denke ich werde mich schon an die etwas kneifende, weil zu enge Lackjeans gewöhnen. Sie passt aber auch total schick zu den roten Overknee-Gummistiefeln und dem rosa Herzchen-Schal. Sicherlich finde ich auch so viel leichter wieder einen neuen Freund, schließlich ist das ja nun auch endlich genau mein Style und das strahle ich doch bestimmt aus!

Ich quieke etwas verstört, weil ich soeben aus dem Tiefschlaf gerissen wurde. Meine bessere/schlechtere Hälfte (tagesformabhängig, kommt darauf an, ob ich was Passendes im Kleiderschrank fand) schüttelt mich sachte und meint: »Ich glaube du hattest einen Alptraum mit Tiefseemonstern.« Er strahlt mich an, zieht mir eine Batman-Socke vom Ohr und ich schlafe beruhigt wieder ein. Denn ich weiß, wofür Socken gut sind: sie wärmen mir in kalten Nächten die Öhrchen.

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Bitte liebt Deutschland

Was wäre, wenn Schlingensief die Gelegenheit gehabt hätte, ein politisches Statement bezüglich der AfD abzugeben? Nach dem Motto: »Bitte liebt Deutschland!«

Schlingensief, Du fehlst. Was würdest Du anhand der politischen Ereignisse nur für ein Feuerwerk veranstalten. Seien es die AfD-Wahlerfolge oder die Entschuldigung der Kanzlerin, weil Satire nicht jedermanns Sache ist. Du würdest den Status Quo der Kuschelrepublik, die um Gottes Willens bloß nie anecken möchte, gewiss mit einer zündenden Provokation den Spiegel vorhalten, nur um zwei Wochen lang von Kritikern und Medien so lange durchgekaut zu werden, bis es einem hoch kommt. Du würdest schreiend durch die täglichen Talkrunden der Öffentlich-rechtlichen wüten, damit mal wieder Leben in der Bude herrscht.

Hochsaison der Wutbürger

Es geschah im Rahmen der Wiener Festwochen im Jahr 2000. Da platzierte Christoph Schlingensief direkt neben der Wiener Oper mehrere Container, in dem eine recht eigenwillige Variante des seinerzeit populären Big Brother Sendeformats stattfand. Die Österreicher hatten für eine Woche die Möglichkeit, die in den Containern wohnhaften Asylbewerber mittels Voting nicht nur rauszuwählen, sondern auch direkt abzuschieben. Der Skandal war perfekt. Die Presse überschlug sich mit Berichterstattungen und in zahlreichen Diskussionen kamen positive Stimmen wie auch Kritiker zu Wort. Hintergrund waren der damalige Einzug der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) als zweitstärkste Partei in den Nationalrat, die mit fremdenfeindlicher Propaganda traurige Berühmtheit erlangte. Unter dem Motto »Bitte liebt Österreich!« wurde das Projekt von Schlingensief weltweit ins Netz übertragen.

2016. Die Alternative für Deutschland (AfD) erreichte bei den Landtagswahlen in Rheinland Pfalz 12,6 Prozent, in Baden Würtemberg 15,1 Prozent und in Sachsen-Anhalt 24,2 Prozent. Was würde Christoph Schlingensief wohl veranstalten, wenn er noch unter uns weilen würde?

Piep, piep, piep – habt uns lieb

Warum kein Revival? Frei nach dem Motto »Bitte liebt Deutschland« könnte statt dem mittlerweile abgenutzten Big Brother Format eher das Dschungelcamp oder ein Casting als Vorlage dienen. Man stelle sich vor, dass Flüchtlinge (Asylbewerber waren gestern, heute geht es in den Medien nur noch um Flüchtlinge) vor einer dreiköpfigen Jury um Kopf und Kragen singen, damit sie nicht abgewiesen werden. Oder wir lassen das Volk entscheiden, indem ein Haufen Flüchtlinge in den Kölner Studio-Dschungel abgeladen werden, nur um sie nach und nach per Telefon-Voting wieder loszuwerden. Ich wäre ich gespannt auf die dementsprechenden Grimme-Preis verdächtigen Hartwich-Anmoderationen.

Was wäre das für ein Über-Shitstorm, der über Deutschland hereinbrechen würde. Schlimmer als der Song von Hallervorden samt dem Gedicht von Böhmermann würde Schlingensief in der Luft zerfetzt werden. Schließlich möchte Deutschland die Rolle des Everybody’s Darling nicht aufgeben, nur weil so ein paar »Künstler« für Tumulte sorgen. Dabei würde diese unbequeme Aussage vielleicht genau den Nerv treffen, den die Medien gekonnt umspielen und somit wieder Dialoge ermöglichen, ehe uns Wahlergebnisse aufscheuchen. Die Politik und die Medien sollten eh mal an ihren Soft-Skills arbeiten.

Beitragsbild: Satire - Weitermachen, jetzt erst recht

Satire – Weitermachen, jetzt erst recht

Nachtrag in Sachen Böhmermann und seiner Schmähkritik. Für Satire sollte man sich nicht entschuldigen. Wir sind schließlich nicht zum Spaß hier.

Einen Großteil meiner Jugend verbrachte ich damit, mich über andere lustig zu machen. Damals gab es noch keine Blogs, deshalb versuchte ich über Zeichnungen, sprich Comics, mein Umfeld zu diffamieren. Dank dieser Karikaturen gab es ab und zu Ärger. Mit Mitschülern, Nachbarn, Lehrern und Eltern. Spätestens da lernte ich, dass man es in Sachen Humor oder Satire nicht allen recht machen kann. Ein Witz gilt nur dann als gelungen, wenn alle lachen. Eine vollkommen unmögliche Mission, wenn ihr mich fragt. Erst recht, wenn man seinen alten Mathelehrer zeichnet, wie er als Teletubbie verkleidet eine Gießkanne vögelt.

Du holst Deine Mama, ich hole meine Brüder

Themawechsel. Böhmermann wird für sein an Erdogan gerichtetes Gedicht wohl auch nicht in den Knast müssen. Schade, eigentlich. Wäre doch sicherlich ein frischer Wind in der sonst dürftigen deutschen Comedy-Landschaft gewesen. Vielleicht wäre ich ein Trittbrettfahrer geworden und hätte angegeben, dass meine Miesepeters-Texte ab sofort von der JVA Hagen aus ins Netz gejagt werden.
Jedenfalls kann ich mit Böhmermann mitfühlen. Auch wenn ich – zugegeben – nur recht von seinem Schaffen bislang mitbekam, muss er sich ähnlich fühlen wie ich damals. Er trägt sein Gedicht mit dem Titel »Schmähkritik« vor und ZACK muss sich unser aller Mutti für ihn und seinen Schabernack entschuldigen. Mich würde ja interessieren, wie die türkische Bevölkerung dieses Hin und Her beurteilen würden. In einem Artikel der FAZ vom 19.01.2016 mit dem Titel »Wir müssen weitermachen, jetzt erst recht« wird die türkische Satire-Szene beleuchtet, die auch einige Magazine unter das Volk bringen. Wenig überraschend ist in den Beiträgen Erdogan ein Dauerbrenner; er wird karikiert, durch den Kakao gezogen und manchmal sogar mit dem ultimativen Stilmittel des Humors veräppelt – der Ironie.

Ecken, Kanten und 100 Schafe

Ich frage mich außerdem, wie der deutsche Botschafter die Böhmermann-Aktion überhaupt erklärt hat. Frei nach dem Motto »Sie müssen das nicht so genau nehmen. Auch wenn von Fellatio mit 100 Schafen die Rede ist, es können auch weniger gewesen sein!« – oder wie?

Wobei das ja die eigentliche Todsünde eines jeden Humoristen ist. Die Pointe erklären. Das ist genauso, als wenn David Copperfield die Freiheitsstatue verschwinden lässt und zeitgleich ein HowTo-Video via YouTube Stream zeigt. Auch sich für einen mäßigen Gag zu entschuldigen ist für Satiriker tabu. Man stelle sich vor, Charlie Chaplin hätte nach dem Erscheinen von »Der große Diktator« bei Hitler persönlich angerufen und tausendmal um Entschuldigung gebeten. Undenkbar! Wie soll man die eingestaubten Hirnrinden sonst noch auf Trab bringen, wenn nicht mit einer herrlich provokanten Satire. Nur durch Humor lassen sich manchmal die unangenehmen Seiten des Lebens ansprechen oder die dunkelsten Kapitel beleuchten. Wenn die hiesige Medienlandschaft endlich verstanden hat, dass man ruhig Ecken und Kanten haben darf, geht es eventuell bergauf. Und wer weiß? Vielleicht lachen wir eines Tages über unsere Gefallsucht. Oder treffen uns in der Gemeinschaftsdusche irgendeiner JVA wieder.

Beitragsbild: Panama Papers - Die SZ feiert sich selbst

Panama Papers – Die SZ feiert sich selbst

Großartig, dieser Enthüllungsjournalismus bezüglich der Panama Papers. Ach ja, habe ich bereits erwähnt, wie herausragend diese Enthüllungen sind?

Die erste Meldung, die ich im Zusammenhang mit den sogenannten Panama Papers las, war übertitelt mit »Meisterstück des investigativen Journalismus«. Einen Tag später hörte ich auf Deutschlandradio Kultur einen Bericht darüber, wie großartig die Enthüllungen seien und nur durch die gekonnte Recherche der gewieften SZ-Reporter dieser Skandal aufgedeckt werden konnte. So viel Aufregung am frühen Morgen, dabei wurde mit kaum einem Wort erwähnt, worum es bei den Panama Papers überhaupt geht. Es scheint, als sei dieser etwas in Vergessenheit geratene WikiLeaks-Journalismus über Nacht wieder in Mode gekommen. Zum Glück muss ich nicht dumm sterben: Die Süddeutsche errichte sich selbst einen Altar und die Tagesschau liefert die passende Übersicht der Offshore-Halunken.

400 Journalisten, 100 Medien, 11,5 Millionen Dokumente

Der ohnehin passiv-aggressive Bürger fühlt sich in seinen Misstrauen erneut bestätigt. So liest man in den Kommentaren und den sozialen Netzwerken häufig, dass es »sowieso klar« war, dass »die da oben« eh ihr durch Krieg und Korruption verdienten Millionen irgendwo einlagern. Diese Abgeklärtheit beeindruckt die SZ nicht. Im Gegenteil, sie trat ja mit den Panama Papers eine Welle von Berichterstattungen los, als ob es darum ginge, für die nächsten Jahre Gehälter zu sichern. Insgesamt wurden im Zuge der Recherche 400 Journalisten eingesetzt, um nicht weniger als 11,5 Millionen Dokumente zu prüfen – uff. Eins ist sicher, rekordverdächtig sind nicht unbedingt die Enthüllungen, sondern eher die Zahlen der teilnehmenden Journalisten. So etwas hat es seit Gründung der ICIJ (International Consortium for Investigative Journalists) im Jahr 1997 nicht gegeben. Nackte Zahlen eigenen sich eh ideal für reißerischen Journalismus, da muss man sich nicht Vermarktungsstrategien wie zum Beispiel Alliterationen herumplagen. Nicht auszumalen, wenn die Konten in Costa Rica wären – dann hätte uns die SZ möglicherweise mit Enthüllungen der »Costa Konten« gehypt.

Enthüllt, entlarvt – und nun?

Keine Bange, ich will keiner der ewigen Spielverderber sein, die den Steuerfahndern Journalisten ihr schwere Arbeit vermiesen wollen. Viel mehr frage ich mich, was nun geschieht. Ich meine, es war ja schon vorweg klar, dass verdientes Geld ungerne wieder abgegeben wird. Schaut unter die Matratzen eurer Oma, ihr werdet dort auch ein paar Scheine finden, die dort sicher vor der nächsten Finanzkrise gelagert sind. Doch ich fürchte, dass die Aufregung – wie so häufig – nach ein paar Wochen wieder sang- und klanglos in Vergessenheit geraten wird, wie so viele Aufreger der letzten Jahre (siehe Kim Kardashian).

Bevor es jedoch so weit ist, hoffe ich, dass folgende Frage geklärt wird: Taucht Hoeneß in den Panama Papers auf?

Beitragsbild: »Lebe Deinen Traum - Alles nur bla bla«

»Lebe Deinen Traum – Alles nur bla bla?«

Die Demotivationsfrage: Floskeln wie »Lebe Deinen Traum« sollen motivierend wirken, doch entpuppen sich langfristig als boshaftes Gelaber.

Eigentlich liebe ich meine Eltern. Sie schenkten mir meinen Führerschein, mein erstes Auto, mein Studium, die ersten 36 Mieten, mein zweites Auto, meine kleine Weltreise, erste Drogenversuche, den halben Inhalt meines Kleiderschranks und jede Menge Aufmerksamkeit. Andererseits könnte ich stundenlang auf sie einprügeln, weil sie mich nicht auf die hässliche Realität vorbereitet haben. Sie flüsterten mir immer »Lebe Deinen Traum« zu, solange ich denken kann. Es spielte keine Rolle, ob ich vollgekotzt und halbnackt viel zu spät nach Hause kam oder den schlechtesten Notendurchschnitt in der Geschichte der weiterführenden Schulen vorlegte. Stets bauten sie mich auf, indem sie sagten, dass ich alles schaffen kann – wenn ich nur fest daran glaube und auch was dafür tun würde.

Mittlerweile bin ich selbst in dem Alter, eigene Kinder mit Halbwahrheiten ruhig zu stellen. Allerdings habe ich mich dagegen entschieden, weil ich immer noch auf meinen ganz persönlichen Moment warte. Diesen bestimmten Moment, von dem ich rückblickend während eines Sektfrühstücks im Kreis meiner Freunde behaupte, dass ich angekommen sei. Meine Eltern bereiteten mich schließlich mein gesamtes Leben auf mein herausragendes Leben vor, förderten und forderten mich von Beginn an. Und nun? Ich arbeite in einem heruntergekommenen Büro in einem unsympathischen Viertel einer vollgestopften Großstadt. Teilzeit. Ein Auto oder gar Urlaub kann ich mir schon lange nicht mehr leisten. Die Miete kratze ich gerade eben so zusammen, wenn ich bei Leitungswasser bleibe und auf Bio-Waren verzichte. Ich führe kein Leben einer Prinzessin. Mein Traum ist somit in unerreichbare Ferne gerückt. Haben meine Eltern also im Grunde nur Lügen erzählt, um mich ruhig zu stellen? Verbales Ritalin? Dass ich ein Leben ohne Steuererklärungen, TÜV, GEZ, Krankheiten, Ex-Freunden und Selbstzweifel leben werde? Ich habe nichts geschafft – dabei habe ich doch alles dafür getan, um am Ende den Hauptpreis abzusahnen. Alles nur bla bla?Nele K. aus Leipzig

Ja. Obwohl, eine Differenzierung wäre klug. Natürlich wollten Ihre Eltern nicht, dass Sie kurz vor Ihrer Midlife-Crisis ordentlich scheitern. Sie wussten es einfach besser. Warum soll man den Nachwuchs mit alltäglichen Problemen belasten, wenn der bereits Sorgen wie erste Pickel hat? Außerdem sind Sie mit Ihrer Empfindung nicht alleine. Viele Vertreter der Generation Y sowie die geringfügig Älteren erleben nun dieses Trauma, dass man unter Umständen doch nicht all das erreichte oder erreichen wird, was der große Masterplan versprach. Möglicherweise ist das auch der Grund, warum so viele wöchentlich ihren Therapeuten aufsuchen, um von ihren Burnout zu berichten, denn schließlich macht das echte Leben selten Spaß.

Sehen Sie die Vorteile. Zumindest bereichern Sie die Wirtschaft. Sie kaufen zig Bücher, die ihr Leben verbessern und/oder entrümpeln sollen und geben sich unzähligen Wellness-Angeboten hin, um endlich mal abschalten zu können. All das nur, um Ihre Aussichtslosigkeit für einige Momente ausblenden zu können und voll und ganz im Konsum aufzublühen.

Möglicherweise macht sich bei Ihnen auch nur der Frust breit, weil ihr Sponsor weggefallen ist und Sie selbst für Ihr Glück sorgen müssen. Das dies kein leichtes Unterfangen darstellt, davor hätte man Sie – zugegeben – warnen können. Aber müssen? Nein.
Drum steht es Ihnen frei im Jammertal zu verweilen und die süßen Früchte des Selbstmitleids zu verzehren oder das Handtuch zu werfen, um die nachfolgende Generation auf das Spielfeld zu lassen. Wehren Sie sich nicht weiter unnötig gegen die Mutterrolle, denn Sie ähneln Ihrer lieben Frau Mama gewiss bereits mehr, als Ihnen lieb ist. Dann können Sie Ihren Sprösslingen auch Gemeinheiten wie »Jede Herausforderung macht Dich nur stärker« zumuten und beobachten, wie Sie astreine Narzissten heranzüchten. Und siehe da, das wäre möglicherweise Ihr sehnlichst herbei gesehnter Moment.

Weitere Demotivationsfragen.

Beitragsbild: Noch mehr missverstandene Songtexte

Noch mehr missverstandene Songtexte

Missverstandene Songtexte, die Zweite: Wie Madonna zum 31. Mal entjungfert wird und andere fatale Verhörer bei populären Songs.

Wer zuletzt auf der Suche nach einem lässigen Radiosender an der zeitgenössischen Musik verzweifelte, muss sich nicht wegen seines Alters schämen. Eine Analyse aktueller Musik behauptet, dass die Songtexte der größten Charts-Erfolge auf Grundschul-Niveau angesiedelt sind. Vielleicht ist das einer der Gründe, warum immer mehr Liedtexte falsch interpretiert oder gar nicht erst verstanden werden. Falls Du also keinen blassen Schimmer hast, warum Rihanna immer »I won’t chew the steak« statt »I want you to stay« nuschelt, bist Du in bester Gesellschaft. Wobei dies auch auf Evergreens zutrifft! Ich präsentierte an dieser Stelle bereits die Top 10 der missverstandenen Liedtexte, die quasi nach einer Fortsetzung schreien. Wie zuvor möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich warnen. Keiner der hier genannten Songs wird von Euch jemals wieder so gehört werden wie bisher.

10 weitere Songtexte, die öfter falsch verstanden werden

Nirvana – Smells Like Teen Spirit

Was? Ich habe gehört: »Here we are now – in containers«
Richtiger Songtext: »Here we are now – entertain us«

Robin Thicke – Blurred Lines featuring T.I. & Pharrell

Dieser Stecher. Das muss doch weh tun: »Tell me can you breed – a cactus from Jamaica«
Richtiger Songtext: »Baby can you breathe, I got this from Jamaica«

Madonna – Like A Virgin

Böser Verhörer: »Like a virgin. Touched for the thirty-first time«
Richtiger Songtext: »Like a virgin. Touched for the very first time«

Sir Mix-A-Lot – Baby Got Back

WTF: »I like big butts in a can of limes«
Richtiger Songtext: »I like big butts and I can not lie«

Hanson – Mmmbop

Wäre eigentlich der beste Songanfang ever: »Yes, the man who was Asian took his life. He only wanted to relax«
Richtiger Songtext: »You have so many relationships in this life, only one or two will last«

Elton John – Tiny Dancer

Ist das nicht der von »Wer ist hier der Boss?« »Hold me closer, Tony Danza«
Richtiger Songtext: »Hold me closer, tiny dancer«

Daft Punk – Get Lucky

Hö? Wer will mexikanische Affen rubbeln? »We rub a Mexican monkey«
Richtiger Songtext: »We’re up all night to get lucky«

R.E.M. – The Sidewinder Sleeps Tonight

Schon wieder ein Missverständnis bei R.E.M.: »Calling Jamaica«
Richtiger Songtext: »Call me when you try to wake her«

Elvis Presley – Hound Dog

LOL: »You ain’t never pornographic and you ain’t no friend of mine«
Richtiger Songtext: »You ain’t never caught a rabbit and you ain’t no friend of mine«

Eiffel 65 – Blue (Da Ba Dee)

So depressiv kann man doch nicht sein? »I’m blue – if I was green I would die«
Richtiger Songtext: »I’m blue – da ba dee badeeiii«

Beitragsbild: Work-Life-Blending - Schuften ohne Grenzen

Work-Life-Blending – Grenzenlos schuften

Arbeit und Freizeit kombiniert? Das sogenannte Work-Life-Blending soll den modernen Arbeitsalltag symbolisieren, der auf einen Feierabend verzichtet.

Freizeit ist etwas für Waschlappen. Wer mit beiden Beinen im Leben stehen möchte, schafft sich die optimale Work-Life-Balance, indem er Freizeit und Arbeit miteinander verschmelzen lässt. Das verbirgt sich hinter dem Schlagwort »Work-Life-Blending«, ein Zustand ohne Feierabend und einem Überstundenkonto, welches aus allen Nähten platzt.

Wer braucht schon einen Feierabend?

Die Vision eines Cocktail aus Berufs- und Privatleben wirkt beängstigender als »1984« und »Brave New World« zugleich. Man schläft nicht nur im Büro, sondern auch noch direkt neben dem Chef, der morgens nicht nur um heißen Kaffee bettelt, sondern auch noch von Dir zur Arbeit gefahren werden möchte. Deine Kollegen triffst Du während Deiner Morgenroutine an, noch bevor Du Deiner Frau einen schönen Arbeitstag wünschen kannst. Diese ist schließlich bereits auf einem Meeting, welches bis zum Brunch bei Deiner Schwiegermutter abgehalten wird. Kaffee, Kuchen und Personalschlüssel. Später hast Du noch einen unaufschiebbaren Termin beim Hautarzt, weil ein unschönes Muttermal entfernt werden soll. Damit die Kundschaft nicht warten muss, nimmst Du Dein Tablet mit, um während der OP via Skype erreichbar zu sein.

Wenn Dir alles zu viel wird, verziehst Du Dich auf die Toilette, um Dich weiteren Geschäften zu widmen. Auch hier steht eine Workstation bereit, damit Dein Workflow nicht durch lästige Zwischenfälle unterbrochen wird. Vor dem Schlafengehen entkleidest Du Dich bis auf den unverzichtbaren Knopf im Ohr, damit Du keine wertvolle Zeit verschenkst. Wie sagt Dein Chef so schön? »Mir ist es egal, wann und wo Du arbeitest. Hauptsache, Du arbeitest.«

Lebst Du noch, oder arbeitest Du schon?

Es ist gut, wenn man ab und zu einen Punkt setzt. Unerträglich sind Zustände und Dinge, die kein Ende finden. So sieht es auch ein Großteil der Arbeitnehmer, die ein »Work-Life-Blending« kritisch betrachten und sich um ihr Privatleben sorgen. Schließlich schuften sie ja eh schon unzählige Überstunden, weil der Chef keine weiteren Stellen schaffen möchte. Allerdings sollte man auch die Vorteile sehen. Du kannst dank dieser Verschmelzung zum Beispiel mittags zum Friseur gehen, wenn Du dafür abends via Home-Office Deinen Kram fertig machst. Keine verschwendeten Urlaubstage mehr, weil sich der Schornsteinfeger früh morgens angekündigt hat.

Pro »Work-Life-Blending«

  • Vergiss Deine Krawatte, Du kannst im Pyjama arbeiten gehen
  • Du kannst während der Arbeit Pornos schauen
  • Endlich stundenlang bei Facebook abhängen, ohne auf Klicks verzichten zu müssen
  • Sämtliche privaten E-Mails kannst Du sofort beantworten
  • Der Flachmann in der Schublade braucht nicht mehr versteckt zu werden
  • Statt Stofftieren kannst Du endlich echte Haustiere mitbringen
  • Du kannst Nachwuchs im speziellen Outsourcing-Zentren zeugen, gebähren und abgeben

Kontra »Work-Life-Blending«

  • Depressionen und Burnout werden abgeschafft, Krankenkassen zahlen nicht mehr
  • Dein Urlaub wird zur Geschäftsreise
  • Jedes Frühstück wird zum Geschäftsessen
  • Dein Chef hat Dein Facebook-Passwort
  • Du bist zwar verheiratet, aber Deine Frau arbeitet in einer anderen Abteilung
  • Keine Miete, Energie- und Telefonkosten mehr, da Du in der Firma eingezogen bist
  • Deine Kollegen nennen Dich alle beim Vornamen und wissen, wie Du nackt ausschaust
Beitragsbild: Das Internet machte den Aprilscherz kaputt

Das Internet machte den Aprilscherz kaputt

April, April – oder auch nicht? Selten waren die Reaktionen auf einen Aprilscherz so feindselig wie in diesem Jahr. Woran liegt das?

Der erste April ist da und alle wissen Bescheid. Selten erschienen die Leute so abgeklärt und unsympathisch wie heute, wenn es um den alljährlichen Aprilscherz geht. Anstatt sich der Blöße hinzugeben, dass sie auf den einen oder anderen Scherz reingefallen sind, empören sie sich entnervt darüber, wie zeitraubend und unnütz dieser aufgezwungene Humor sein soll. Diejenigen, die den Klamauk vorab entlarvten, spielen sich als Spaßbremse auf, indem sie via Kommentar den Gag spoilern. Dabei zeigen uns solche Reaktionen nur, wie unflexibel und unentspannt wir aktuell auf ungeplante Anforderungen reagieren. Beziehungsweise … es offenbart den mächtigen Stock, den wir in unseren Ärschen umhertragen.

Satire nach Sendeplan

Normalerweise ist der erste April der ideale Tag für Schabernack der dreisten Art, da man sich immer mit den Worten »April, April!« raus reden kann. Heutzutage muss man sich entschuldigen, wenn man etwas Action in den tristen Alltag bringen möchte. Selbst Google, die Startseite der meisten Internet-User, musste just von ihrem Aprilscherz zurückrudern, weil sich ein Pulk von Nichtlesern und Miesmachern über den Minion-Mic-Drop Scherz beim E-Mail Dienst »Gmail« aufregte. Ich rede von Nichtlesern, weil der übliche Button zum Versenden anscheinend absichtlich vertauscht worden war. Zum Glück gibt es noch Personen, die vor dem Klicken auch noch schnell lesen, was auf den Knöpfen geschrieben steht.

Die teilweise aggressiven Reaktionen auf einen kalendarisch angekündigten Scherz stimmen mich nachdenklich. Erst wenige Tage ist es her, als Erdogan den deutschen Botschafter einbestellte, weil ihm die »Extra 3« Satire nicht schmeckte. Die breite Masse ist auch hier aus dem Häuschen. »Satire darf alles … aber bloß nicht in meinem Vorgarten«, sofern man die Aprilscherz-Grundhaltung beibehält. Des Weiteren brachte das aktuelle Böhmermann Video »Be Deutsch!« das Internet zum Überkochen. Das derzeitige Aushängeschild deutscher Unterhaltung mit Anspruch darf die Nation begeistern, indem es übliche Klischees erneut gekonnt ver(brat)wurstet – und wird dabei von den Medien bejubelt.  Leuchtet ja auch ein, denn schließlich wird das schiefe Bild der Deutschen, welches durch AfD Wahlerfolge in erneute Mitleidenschaft gezogen wurde, durch Selbstironie eventuell etwas gerade gerückt.

Dennoch hält sich bei mir der Eindruck, dass ungeplanter und vor allem nicht einschätzbarer Spaß die Deutschen verunsichert. Anstatt sich auf etwas Neues einzulassen, feiern sie stets die ollen Kamellen (anders kann ich mir nicht erklären, warum mancher Comedian immer noch die Säle füllt, besonders Mario Barth) und freuen sich auf die 26. Staffel der Simpsons. Auch wenn neuere Comedy-Formate wie »StandUpMigranten« Quote machen, dürfen sie keine Erwartungen brechen. Der Deutsche ist ein Gewohnheitstier und mag es gar nicht, wenn jemand plötzlich die Rollen oder gar die Knöpfe tauscht.

Humor ohne bereites Publikum

Zurück zum Internet und warum es den Aprilscherz ruinierte. Scrolle in beispielsweise meine Facebook-Chronik hinab, sehe ich zum Beispiel haufenweise Sprüche-Bilder, die mit extrem unlustigen Floskeln gefüllt sind. Beliebt sind auch irgendwelche Videos, die selbst bei Uralt-TV-Formaten wie »Bitte lächeln!« aussortiert worden wären. Auffällig daran: es gibt unfassbar viele »Gefällt mir« Klicks für so einen Ramsch. Liegt es daran, weil man sich an Kram erfreut, den man irgendwie kennt und einschätzen kann? Nach dem Motto, darüber lachte ich schon vor einer Dekade, es ist also immer noch lustig?
Unsere Informations- und Selbstsucht hat den Witz getötet. Denn Humor lebt von einem Publikum, wie Goethe bereits feststellte. »Der Witz setzt immer ein Publikum voraus. Darum kann man den Witz auch nicht bei sich behalten. Für sich allein ist man nicht witzig«, waren seine genauen Worte. Wie soll jedoch ein Aprilscherz funktionieren, wenn die Leute vorab schon informiert sein wollen und somit auch nicht bei sich behalten werden können? Wenn stets alles geteilt, kommentiert oder gerügt werden muss? Gar nicht mehr.

Bleibt nur zu hoffen, dass wenigstens einschätzbare und von den Öffentlich-Rechtlichen abgesegnete Satire weiterhin funktioniert und nicht das Schicksal eines Aprilscherz erleiden muss. Sonst wird jeder politisch korrekte Scherz zur Eintagsfliege.


Photo: Kick me (Explored) by Pascal, CC 1.0

Beitragsbild: Wir waren glücklich, dann kam Facebook

Wir waren glücklich, doch dann kam Facebook

Digitale Eifersucht und kein Ende. Die glücklichsten Paare drohen zu scheitern, wenn Facebook zum festen Bestandteil einer Beziehung wird.

Versetzen wir uns kurz zurück in das Jahr 1996 und betrachten das fiktive Pärchen Nicole und Stefan. Eurodance, Klonschaf Dolly und Helmut Kohl waren angesagt, man starrte während der Zugfahrt nicht auf das Smartphone, sondern aus dem Fenster. Nicole hampelt voll herum, weil Stefan gerne mit seinen Kumpels einen trinken gehen möchte. Sie ist von Natur aus eifersüchtig und geht davon aus, dass Stefan mit jeder in die Kiste springt, die ihn zu »Rhythm Is A Dancer« antanzt – selbst mit der Klofrau.

Zwanzig Jahre später wäre Nicole aufgrund von Eifersucht eingeliefert worden. Denn schließlich bietet das Netz mit all seinen Verlockungen unendliche Möglichkeiten, sich selbst mit miesen Emotionen zu tyrannisieren. Stefan bräuchte nur auffällig viele weibliche Kontakte haben oder unbedacht das nuttige Profilbild einer möglichen Konkurrentin mit »Gefällt mir« markieren. All das würde Nicole dank der offenen Netzwerke mitbekommen und sie auf die Idee bringen, Stefans Koffer zu packen. Die sozialen Medien schafften damit die perfekte Grundlage für immerzu präsentes Misstrauen. Je mehr Informationen wir erhalten, desto mehr Fragen kommen auf – oder stellen in Frage.

Es liegt nicht an Dir, sondern an … Facebook

Soziale Netzwerke wie Facebook sind immer aktiv, selbst wenn die Nutzer passiv bleiben können. Auch wer nichts postet, anklickt oder kommentiert, wird in das Geschehen mit einbezogen. Man schlägt einem die Ex-Partner als Freunde vor und erinnert an anstehende Termine. So kann es zu der unglücklichen Lage kommen, dass der oben genannte Stefan auf die Geburtstagsfeier seiner Ex eingeladen wird. Das Drama wird groß sein, wenn Nicole es entdeckt, obwohl Stefan nicht einmal Bescheid wusste. Facebook erledigt den Großteil, ob man möchte oder nicht.

Jedoch kann man dieses Problem unserer Gegenwart nicht alleine den bösen Netzwerken und Chat-Apps in die Schuhe schieben. Viel mehr liegt es auch daran, dass wir diesen Möglichkeiten erliegen. Wir nehmen das Risiko in Kauf, diese neuen Wege der Kommunikation zu nutzen, die uns unter Umständen in Teufels Küche bringen. Was jedoch für einen selbst nach harmlosen Blabla ausschaut, kann den Partner total kirre machen. Schließlich kann er oder sie ja nicht wissen, was da Sache ist. Unser unstillbares Ego, welches sich nach Bestätigung und Aufmerksamkeit sehnt, macht die Gefahr akzeptabel. Selbst, wenn es nur in Pixelform und dämlichsten Kommentaren wie »Geil« ausgedrückt wird.

Ehestreit in der Timeline

Eine andere Sache, die das Führen einer Beziehung erschwert, ist das Ausdiskutieren von Problemen über öffentliche Plattformen. Beispiel: Stefan isst immer alle Pom-Bären auf, was Nicole auf die Idee bringt, ihn sichtbar für alle an den Facebook-Pranger zu stellen. Genau genommen schreibt sie in ihrer Statusmeldung: »Stefan, verpiss Dich aus meinem Leben. Die Pom-Bären sind mein!«. Sie meint es eigentlich humorvoll, doch kann sich manchmal schriftlich nicht so geschickt ausdrücken. Die Reaktionen sind mannigfaltig und zudem verstörend. Welche Ironie jedoch, dass eher das befreundete Umfeld in Auffuhr gerät und Analysen bezüglich der Beziehung zwischen Nicole und Stefan unaufgefordert darlegen – der Dieb der Pom-Bären war im Gegensatz dazu höchst amüsiert.

Wir müssen reden – nicht chatten

Problematisch wird es, wenn man eher bei Facebook nach dem Rechten sieht, anstatt seine bessere Hälfte einfach selbst anzusprechen. Das Misstrauen in die Worte ist bereits so groß, dass nur noch »Likes« und Kommentare zählen, die möglicherweise total aus dem Zusammenhang heraus bewertet werden. Und wie bereits erwähnt: Rhetorische Mittel wie Ironie oder Sarkasmus, die grundlegenden Gründe, warum ihr überhaupt eine Partnerschaft eingegangen seid, sind beim Chatten außer Kraft gesetzt. Gilt auch für Freunde und den Rest der Welt. Sie werden nie verstehen, was ihr mit eurer Statusmeldung bei Whatsapp wirklich meint.

Auch blöd: wenn sich Freunde und Bekannte in die Beziehung einmischen. Irgendein Typ, der eh heimlich verliebt in die eigene Freundin ist, meldet sich dann bei einem, um zu behaupten: »FYI, Nicole ist total unglücklich wegen der Pom-Bären Sache. Just sayin‘.« Fehlt nur noch, dass sich ihre Mutter meldet und – weil sie gerade dabei ist – direkt mal alles in Frage stellt. Angefangen vom Gehalt bis zu den Vornamen der Enkelkinder.

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht

Bleibt noch das Problem der gemeinsamen Aktivitäten, die allesamt durch soziale Medien protokolliert werden. Jedermann soll sehen, dass ihr im Urlaub wart, ist doch klar. Es wird nur kompliziert, wenn ihr euch so unbemerkt einen Standard kreiert, der gehalten werden will. Sonst heißt es irgendwann: »Stefan? Warum hast Du meine Bikini-Bilder nicht hochgeladen? FINDEST DU MICH FETT!?« Dass Stefan einfach nur keinen Bock auf die gierigen Blicke seiner Freundesliste hat, gerät da in den Hintergrund.

Beziehungen sind schwer zu meistern. Dem war schon immer so. Leider haben sich Facebook und Co. mehr oder weniger heimlich als fünftes Rad am Wagen breit gemacht, sodass es komplizierter werden kann, als es ohnehin schon war. Mehr Gelassenheit und Offenheit ist bei aufkommenden Wolken ratsam. Ein finaler Hinweis soll an dieser Stelle jedoch erlaubt sein: Bei allem, was euch heilig ist, erstellt NIE NIE NIE ein gemeinsames Pärchenprofil.