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Phantomklingeln - Pseudo-Anrufe via Handy

Phantomklingeln – Pseudo-Anrufe via Handy

Du denkst, Dein Handy klingelt, doch es ist falscher Alarm? Kein Schwein rief Dich je an? Dann leidest Du unter der neuen Volkskrankheit Phantomklingeln.

Das übliche Szenario eines gegenwärtigen Alltags: Du bist mit Deinem Citybike in einer an Gentrifizierung leidener Großstadt unterwegs und spürst plötzlich Deinen treuen Begleiter – Dein Smartphone – vibrieren. Selbstverständlich hältst Du sofort an, um zu checken, wer Dich anruft oder eine lebenswichtige Nachricht hinterlassen hat. Doch was musst Du entdecken? Es war reine Einbildung; niemand hat Dich angerufen oder kam auch nur auf die Idee, Dich anzutexten. Du Opfer des Phantomklingelns.

Phantomklingeln: Schellemännchen über das Smartphone

Es erinnert ein wenig an Kinderstreiche, wenn die nervigen Nachbarskinder Dich in den Wahnsinn treiben wollen. Sie klingeln, rennen weg und rauchen nach ihrer Flucht auf einem Hinterhof Crack. Du gehst zur Türe, weil Du Deine Pakete von Zalando und Amazon erwartest, doch schleichst enttäuscht und mit leeren Händen zurück in die Wohnung, um „Poststreik“ zu googeln.
Das Phantomklingeln stellt eine der vielen neuen Krankheiten des Internet-Zeitalters dar. Mittlerweile sind diese so verbreitet und alltäglich geworden, dass sie kaum auffallen. Schließlich wird man ja im im Minutentakt von irgendwelchen Leute via Handy heimgesucht. Diesem Zustand der Gewöhnung ist es zu verdanken, dass mit mobiler Dauerbeschäftigung gerechnet wird. Doch was geschieht, wenn es ausbleibt? Wenn keine Nachricht übermittelt und kein Anruf getätigt wird? Da helfen nur noch imanginäre Freunde bzw. Anrufe und Texte.

Geisteranrufe: Ich sehe tote Displays

Laut einer Studie leiden 25 Millionen Deutsche an Phantomklingeln und Pseudo-Vibrationen. Es sind hauptsächlich Männer, die sich verwundert fragen: „Hat es nicht gerade geblinkt?“ Es ist die unbestreitbare Selbstüberschätzung des vermeintlich starken Geschlechts, welche zu solchen Irrtümern verleitet – dies ist oft auch in anderen Lebenssituationen zu beobachten. Doch auch Frauen leiden unter angeblichen Vibrationen. Wer diesem Satz nun einen angeblichen Subkontext unterstellt, ist einfach nur verdorben oder minderjährig.

Oftmals ist die Folge solcher Geisteranrufe fatal. Schnell zweifeln Betroffene an ihren Fähigkeiten und verfallen in Panik. Das Smartphone wird mehrfach auf Funktionstüchtigkeit geprüft und zur Not auch neu gestartet. Manche erkundigen sich gar bei ihrem virtuellen Umfeld, ob eine Nachricht an sie nicht durchgestellt wurde. Ein Posting bei Facebook mit dem Textinhalt „Hat mich gerade wer angepingt? SORRY!!!111 Mein Handy spinnt!“ ist keine Seltenheit.
Besonders gefährdet sind Menschen zwischen 14 und 29 Jahren. In diesem Lebensabschnitt ist der Wunsch nach ungebremster Bestätigung übertrieben ausgeprägt. Ein junger Mensch ohne dutzende Textnachrichten (SMS, Whatsapp usw.) und Anrufe täglich ist ungefähr so angesagt wie eine Taschenlampe im Darkroom.

Es hat sich bewegt – ehrlich!

Wie kann man gegen die Volkskrankheit Phantomklingeln vorgehen? Muss man dafür erst 30 Lenze erleben? Nein, es geht auch mit einfacheren Methoden. Beispielsweise lohnt es sich, einen unverkennbaren Klingelton zu verwenden. Mit einem eindeutigen Signal kommt es weniger zu Irritationen, da ähnlich klingende Alltagssituationen nicht gegeben sind. Oder man geht den umgekehrten Weg und lässt das Handy einfach am Ohr. Das geht zwar in die Arme, aber stellt sicher, dass nichts verpasst wird.

Abschließend hilft vielleicht auch ein realistischer Blick auf die Gesamtsituation. Gäbe es keine Smartphones, sondern nur den guten alten Postweg, würde man ja auch nicht alle 10 Minuten zum Briefkasten gehen. Vielleicht erwischt man auf diesem Wege ja sogar die elendigen Nachbarskinder.


photo: texting by Kamyar Adl, CC 2.0

Wein: So hält Dich jeder für einen Experten

Wein: So hält Dich jeder für einen Experten

„Ich glaube, es korkt!“ Mit dem richtigen Spruch markiert man den Weinkenner. Alles, was Du zum Vorgaukeln von Expertenwissen in Sachen Wein brauchst – inklusive dem Mythos „Wein vor Bier“ oder umgekehrt?

Sobald sich ein Kellner samt Weinkarte nähert, bricht bei einigen Unwissenden die blanke Panik aus. Woran soll man erkennen, welcher Wein etwas taugt? Klingt mancher edler Tropfen besser, als er tatsächlich ist? Ganz davon zu schweigen, dass man keine Ahnung hat, ob man einen Schluck gurgeln und wieder zurück ins Glas spucken soll. Um all diesen großen Fragen den Schrecken zu nehmen, sind hier ein paar Tipps, damit man nicht immer im Fast-Food-Restaurant endet.

Wein – Welchen Sorten gibt es?

Es gibt verschiedene Wein-Sorten, wobei damit nun keine Unterscheidung zwischen Wein aus der Flasche oder aus dem Tetrapack gemeint ist. Auch wäre eine Eintteilung in „Weiß“ oder „Rot“ etwas zu simpel gedacht. Viel mehr sollte man sich mit den üblichen Rebsorten beschäftigen, von denen es ungefähr 18 Stück gibt. Damit Dich auch jeder für den totalen Weinkenner hält, solltest Du nicht nur alle Sorten auswendig – und vor allem aussprechen – lernen, sondern auch noch wissen, was Du dazu bestellen musst. Zur besseren Übersicht hier eine kleine absgespeckte Liste.

Populäre Rotweine: Spätburgunder, Dornfelder, Pinot Noir, Merlot, Tempranillo, Cabernet Sauvignon, Grenache

Populäre Weißweine: Riesling, Silvaner, Müller-Thurgau, Sauvignon Blanc, Pinot Grigio, Chardonnay, Trebbiano

Lerne jeweils zwei, drei Namen auswendig, damit Du mächtig Eindruck schinden kannst. Vorzugsweise passt zu den meisten Rotwein-Sorten Wild, Rind, Lamm oder Gegrilltes. Zu leichten Gerichten wie Gemüse, Fisch oder Geflügel sollte man Weißwein reichen. Natürlich gibt es da noch mehr Kniffe, wie man besonders informiert wirken kann. Zum Beispiel sollte man bei besonders scharfem Essen einen aromatisch-fruchtigen Wein – wie z.B. einen Riesling – trinken. Oder stark fetthaltige Speisen werden mit einem gerbstoff- und alkoholreichen Rotwein noch schmackhafter. Auch zu empfehlen ist die Methode „Wein statt Speise“, da kann man nämlich so viel bechern wie man will.

Wie trinke ich Wein überhaupt richtig?

Natürlich brauchst Du erst einmal das richtige Glas. Falls Du Dir nicht sicher sein solltest, welches Glas Du für Deinen Wein-Genuss benötigst, kannst Du immer noch in ein nobles Restaurant gehen. Dort gibt es jede Menge Gläser, wobei sich je nach Sorte diese Gläser anbieten. Nicht so cool: Aus der Flasche trinken oder gar mit einem Strohhalm schlürfen.
Auch die Temperatur spielt eine Rolle. Rotwein sollte Zimmertemperatur haben, während ein Weißwein gekühlt werden sollte – ideal wären 4-5 Grad. Im Restaurant ist es ein Muss, ein dementsprechendes Thermometer mit sich zu führen, um spontan die Beschaffenheit des Weines messen zu können.

Falls es im schlimmsten Fall zu einem Probieren des Weines kommen sollte, kann man wie folgt vorgehen: Das Glas sachte gegen den Uhrzeigersinn schwenken. Dabei an etwas Schönes denken und die Bewegung konstant beibehalten. Der Wein kann sich auf diese Art entfalten und der Schwenkende sieht dabei extrem interessant aus. Als nächstes musst Du am Wein schnüffeln. Bloß nicht die Nase zu tief ins Glas halten oder gar den Inhalt einsaugen! Das wirkt nicht nur extrem unbeholfen, sondern Du könntest dabei ertrinken. Hast Du das überstanden, nimmst Du einen kleinen Schluck. Zähle bis vier, dann schlucke den Wein herunter. Hat er geschmeckt? Dann sage dem Kellner, dass er die Flasche direkt bei Tisch lassen kann.

Sprüche, die Dich zum Weinkenner machen

Auf jeder Party kannst Du ordentlich Street Credibility sammeln, wenn Du die Weisheiten des Trinkertums beherrscht. „Bier auf Wein – lass mal sein“ bzw. „Wein auf Bier – das rat ich Dir“, doch ist da auch was dran? In einem älteren Artikel der „ZEIT“ wird es heftig dementiert. In diesem speziellen Fall bietet sich ein Selbstversuch an. Leider wissen die meisten aus Erfahrung, dass es eh in einer wilden Mischung endet – und mit jeder Menge Tequila und Blamagen.

Deshalb setzen wir lieber auf kluge Sprüche in Sachen Wein, die nicht jedem Hanswurst als Redensart geläufig sind. Anders ist es kaum möglich, seinen neuen Stand als Weinkenner durchzusetzen.

„Gewagtes Cuvée!
Damit ist gemeint, dass sich im Glas ein Verschnitt verschiedener Weine befindet. Das ist in etwa so, als wenn sich durch alle Farben in der Gummibärchen-Tüte durchnaschen muss, nur um endlich an die heißbegehrten Roten zu gelangen. Unsexy!

„Das Bukett ist einfach geil.“
Der Wein duftet fabelhaft; ein Fest für die Nase, welches die Nasenflügel vor Erregung zum Flattern bringt.

„Voll am Korken!“
Das sagt man am besten, wenn einem der Wein nicht schmeckt – oder wenn man die Zeche prellen will.

„Spektakulär beim Abgang!“
Kann man direkt nach dem Trinken behaupten. Der Abgang beschreibt den Nachgeschmack des Weines. Unbedingt zu vermeiden sind in dem Zusammenhang Wörter wie „Frostschutzmittel“.

„So. Und jetzt ein Bier.“
Nun hast Du lange genug durchgehalten. Nach all der Angeberei hast Du Dir ein Bier verdient!


photo: Red Wine & Rick Astley by strevo , CC 2.0

Küssen ist ungesund

6 Anzeichen, dass Du nicht küssen kannst

Küssen wird maßlos überschätzt. Können 80 Millionen Bakterien pro Kuss irren? Ein Glück, dass es die meisten Leute nicht können. Du etwa auch nicht?

Alle Welt schwärmt davon, wie gesund und fröhlich Küssen machen sollen. Pustekuchen! Küssen ist ungesund und wurde durch alberne Hollywood-Romantik erst in der Bevölkerung zur Mode. Vor Casablance und Co. war Küssen verpöhnt und nicht gerne gesehen. Kein Wunder, denn schließlich wandern bis zu 80 Millionen (!) Bakterien bei einem Kuss von einem Schlund in den anderen. Natürlich variiert die Anzahl der Bakterien stark je nach Frühstück und Hygienevorstellungen. Fest steht jedoch, dass sich auf einem Quadratzentimeter Zunge eine Milliarde Bakterien breit machen – demnach ist unsere Mundflora der reinste Abenteuerspielplatz.

Küssen: Nichts weiter als perverses Geschlabber

Zugegeben: Im direkten Vergleich schneidet Küssen immer noch besser ab, als so mancher Händedruck. Unsere Haut versammelt auch allerhand ungesundes Zeug, die das Schütteln der Hände fast noch unhygienischer machen als einen saftigen Zungenkuss.
Studien besagen, dass Küsse den Blutdruck und Cholesterinwerte senken. Für mich ist das ein Alarmsignal, dass Küsse den Körper samt seiner natürlichen Funktionen blockieren und lahmlegen. Da bei einem Kuss das Gehirn deutlich weniger Durchblutung erfährt als im Normalzustand, ist das ja auch kein Wunder. Bleibt noch zu erwähnen, dass lang andauernde Küsse ähnlich viel Kalorien verbrennen sollen wie ein Jogger auf 100 Metern. Ist das der Grund, warum die Deutschen immer fetter werden? Weil alle nur noch knutschen wollen, anatatt sich zu bewegen? Faules Pack.

Doch das Allerschlimmste ist ja, dass es nicht einmal alle können. Küssen ist nämlich gar nicht so einfach, wie es immer ausschaut. Viele Dinge müssen dabei beachtet werden; auch wenn Menschen instinktiv den Kopf nach rechts neigen, wenn sie sich näher kommen, kann es dennoch zu allerlei Unfällen kommen. Es folgen nun Hinweise darauf, die Dich als schlechten Knutscher entlarven. Diese Punkte sind vorwiegend aus männlicher Sicht geschrieben, doch sind auch ohne Weiteres übertragbar.

Anzeichen, dass Du nicht küssen kannst

Die Helicopterzunge hebt wieder ab

Da ist der Moment endlich. Die Zungenspitzen berühren sich, sie umtanzen einander. Gerade in dem Moment, in dem Dein Endorphinausstoß überschäumt und sich Dein Hirn verabschiedet, kommt es zum Rückzug. Die Lippen vom Gegenüber sind ab sofort massiv verschlossen und jeder ab sofort erhaltene Kuss ist ein „Küsschen“ – als ob Deine Mama Dich zudeckt. Vielleicht hättest Du nicht unbedingt mit Deiner Zunge ihren Mund von innen abtasten sollen.

Küss mein Knie, Baby

Manchmal steckt hinter einem schlechten Kuss eine gewiefte Strategie. Um den Mund des Partners – und die nie still haltende Zunge – zu vermeiden, werden Küsse auf andere Körperpartien verteilt. Das kann zum Beispiel die Nackenpartie sein, oder etwas ganz anderes! Sehr zu empfehlen für alle Feinde des Vorspiels.

Sie ist halt schüchtern

Irgendwann hast Du mit den Selbstzweifeln aufgehört. Es wird schon seine Gründe haben, warum sie nie mit dem Küssen anfängt. Sie ist bestimmt schüchtern oder so. Schlechte Neuigkeiten: Selbst bei größten Hemmungen ist das Küssen zwischen Verliebten u.ä. der Dauerbrenner. Sollte sie also nie mit dem Küssen beginnen, so bist Du einfach nur schlecht – oder sie ist wieder nüchtern.

Sie gähnt immer, wenn Du näher kommst

Sie hat gewiss ein gutes Dutzend Ausreden parat, warum Sie immerzu übermüdet ist, wenn Du Dich ihr lüstern näherst. Sobald Du Ihrem Gesicht so nahe gekommen bist, dass sie nur noch die Lippen zu spitzen braucht, bricht bei ihr ein gewaltiges Gähnen aus. Dass sie Dich dabei nicht verschlingt ist alles.

Ein Kaugummi vor jedem Kuss

Solltest Du vor jedem einzelnen Kuss folgendes Ritual einhalten müssen, bist Du definitiv schlecht zu küssen: Zähne putzen (mindestens 8 Minuten), Zahnseide benutzen, Zunge schrubben, Zungenreiniger gebrauchen, Mundwasser benutzen (mindestens 4 Minuten spülen), erneut Zähne putzen (andere Zahncreme), Mundspray, Zahnschonendes Kaugummi (halbe Packung).

Sie küsst jemand anders

Eindeutiger geht es nun wirklich nicht. Schaue Dir wenigstens ein paar Tricks ab und übe dann mit diesem Kissen.


photo: kiss on the steps by Jon Rawlinson, CC 2.0

Wörter, die nicht in Deinen Wortschatz gehören.

Yolo! Wörter, die Du vermeiden solltest

Heute schon ein Selfie verschickt und dazu LOL getextet? Dabei gibt es neben YOLO noch weitere Wörter, auf die Du im Alltag verzichten solltest.

Die alte Faustregel „Denken, dann sprechen“ gilt noch immer. Dummerweise wurde die Methode nie auf das Smartphone- und Internetzeitalter übertragen. Leicht abgewandelt würde es lauten: „Denken, dann schreiben“.

In Zeiten von Hashtags und Textlängen von maximal 160 Zeichen erscheint eine saubere Ausdrucksweise umso wichtiger. Doch nicht nur schriftlich sollte der eine oder andere Fauxpas wie „Selfie“ vermieden werden; auch im Alltag bewirkt das Vermeiden von unschönen Wörtern die Aufwertung des Sprechers. Zuhörer rechnen einer Person, die auf die unten aufgelisteten Wörter verzichtet, umgehend mehr Intellekt, Potenz und Reichtum zu.

Wortschatz entrümpeln lohnt sich

Der Verzicht von Füll- und Blähwörtern erleichtert Dialoge immens. Auch wenn wir uns manchmal für banale Gespräche schämen, ist es wichtig, stets in Kontakt zu bleiben. Smalltalk soll angeblich glücklich machen. Wer allerdings mal den Selbstversuch gewagt hat, ein Gespräch in einer Warteschlange aufzubauen, wird die entgeistersten Blicke kennen. Sollte man beispielsweise einen szenenbezogenen Witz erzählen, spielen die Umstehenden mit den Gedanken, den Sicherheitsdienst zu rufen. Ob es an den falschen Wörtern lag? Die Möglichkeit ist gegeben. Achten Sie auf Ihre Ausdrucksweise. Vermeiden Sie Begriffe, die unsexy klingen. Die Zuhörer und Leser werden es Ihnen danken und Sie eventuell sogar verstehen.

Wörter, die vermieden werden sollten

Immer

Das erste Wort der Reihe „Wörter, die eingebaut werden, um eine angebliche Sensation zu verkünden“. Leider ist dies selten der Fall. Im Gegenteil – ein häufiger Gebrauch des Wortes „Immer“ suggeriert eher, dass es maximal zwei- bis dreimal zutraf.

Beispiele:
IMMER, wenn ich da lang laufe, schaut mich ein Eichhörnchen misstrauisch an.
Du knallst IMMER die Türe zu, wenn ich was Dummes sage.

Nie

Hier haben wir das direkte Gegenteil von „Immer“. Natürlich funktioniert es auch umgekehrt. Nur ein Meister der Übertreibung würde beide Wörter in seinen Ansprachen verwenden.

Beispiele:
NIE hörst Du mir zu.
Ich habe noch NIE so gefroren wie an diesem einen Wintertag, an den ich mich kaum erinnern kann.

Wirklich

Ein Füllwort der übelsten Sorte. Neben der Funktion der Satzaufblähung erweckt es beim Gegenüber den Anschein, dass hier unverschämt geschwindelt wird. Warum sollte man die Aussage sonst mit einem „wirklich“ bestärken?

Beispiele:
Ich habe nicht den gesamten Ben & Jerry’s Becher geleert – WIRKLICH!
Du hast einen WIRKLICH sehr schönen Geschmack in Sachen Tapete.

Irgendwie

Sollte der Sprecher oder Schreiber keine Ahnung haben, was er eigentlich meint, ist ein „Irgendwie“ die Rettung in der Not. „Irgendwie“ passt irgendwie immer. Und wenn es mal irgendwie nicht passen sollte, wird sich schon irgendwann irgendwas finden.

Beispiele:
Wir müssen das Konzept noch mal IRGENDWIE überarbeiten.
Der Kaffee schmeckt IRGENDWIE komisch.

Ziemlich

Ein ähnliches Kaliber ist das Wort „ziemlich“. Mit diesem Wort wird ein Zustand der maßlosen Übertreibung geopfert. Menschen, die ihre Geschichten für nicht spannend oder unterhaltsam genug empfinden, bauschen den Inhalt mit „ziemlich“ und „extrem“ auf. Ziemlich banal.

Beispiele:
Das Wetter war ZIEMLICH extrem und nicht weit von mir sah ich ein Schaf umkippen.
ZIEMLICH krass, was Du so sagtest, als ich Dich kritisierte und Deinen Muffin aß.

Voll

Begeisterung lässt sich auf viele Arten teilen – in dem Zusammenhang ist die Unangenehmste der Gebrauch des Wortes „voll“.

Beispiele:
Ich war VOLL in Holland und hatte dort VOLL die geile Zeit.
Hast Du das gesehen? Der hat VOLL scheiße geparkt. Was ein Opfer.

Sehr

Es gibt bei dem Wort „sehr“ einen Aha-Effekt. Dieser stellt sich ein, wenn man das entbehrliche Wörtchen „sehr“ in Sprache und Schrift einfach weg lässt. Schließlich spielt es keine Rolle, wie „sehr“ man seine Bewertung einfließen lassen möchte. Everyone’s a critic.

Beispiele:
Es war SEHR regnerisch, als ich mich auf den Heimweg machte. Außerdem war ich SEHR geil.
Der Aufschwung folgt SEHR bald.

Echt

Eine Verwendung des Blah-Wortes „echt“ deutet auf eine Person hin, die redet, bevor sie denkt oder schreibt. Eignet sich leider auch zur Kombination mit bereits genannten Unwörtern.

Beispiele:
Die Avocado hat ECHT VOLL den fetten Kern.
Ne, ECHT jetzt?

Dinge

Ein mangelhafter Wortschatz lässt viele Bezeichnungen nicht zu. Sollte der Sprecher zum Beispiel von Tuten und Blasen keine Ahnung haben, gebraucht er häufig „Dinge“ oder „Sachen“, um nicht ins Detail gehen zu müssen. Wohlmöglich aus Scham? Oder Unkenntnis? Wenn jemand nicht darüber aufgeklärt werden soll, worüber eigentlich berichtet wird, sind „Dinge“ unabdingbar.

Beispiele:
Muss noch ein paar DINGE erledigen.
Gut, dass wir die DINGE beim Namen genannt haben.

Schimpfwörter

Ein selbsterklärender Oberbegriff für Flüche und Schimpfwörter aller Art. Ein massiver Gebrauch lässt den Sprecher/Schreiber dumm erscheinen und erschwert weitere Kommunikationsversuche.

Beispiele:
FUCKING FUCK VERFICKTE FUCKING FUCK SCHEIßE.
Ich muss noch die VERFICKTE SCHEIß-Hausarbeit schreiben.

Fräulein

Genau wie „Mademoiselle“ ist das „Fräulein“ nicht mehr angesagt. Auch wenn die Sexisten wohl niemals aussterben werden, sollte man sie zumindest aus der Sprache verbannen. Dies gilt auch für geistig verwandte Begriffe. Keinesfalls eine erwachsene Frau mit „Mädchen“ ansprechen.

Beispiele:
FRÄULEIN Meier, Kaffee bitte!
Komm‘ zur Sache, MÄDCHEN.

Farbige

Nein, man sagt nicht „Farbige“. Laut der Bundesagentur für politische Bildung ist der politisch korrekte Begriff „Schwarze Menschen„. Negerküsse werden natürlich nicht zu „Schwarze-Menschen-Küsse“, sondern wurden schon lange zum „Schokokuss“ umbenannt.

Beispiel:
Obama ruft FARBIGE zu mehr Engagement auf.

Lol, Rofl, Yolo, Hashtag, WTF

Es ist angesagt, diese Internetslang-Wörter in den Alltag einfließen zu lassen. Leider hört sich ein Dialog mit solchen Unwörtern grenzdebil an. Es scheint eine umgreifende Bequemlichkeit zu sein, die solche Ausdrücke fördert. Anstatt einen Zustand umfang- und wortreich zu erklären, bietet sich ein stellvertretendes Ein-bis-zwei-Silben-Wort an. Am besten mit Hashtag oder Verlinkung, damit das Netz die Erklärungen gleich mitliefert.

Beispiel:
OMG! Habe gerade voll die WTF-Situation erlebt. LOL! Texte ich Dir später. #yolo

Lame / Awesome

Nein, Anglizismen sind weiterhin keine erwünschten Wörter im Wortschatz.

Beispiele:
Hey, I just met you – and this is CRAZY. Gib‘ mal bitte Deine Nummer.
TOTALLY COOL! Du schaust VOLL wie GRUMPY.

Behindert

Seit Jahren wird ein politisch korrekter Begriff für Menschen mit Behinderung gesucht. Während die Amerikaner sich vielfältige Bezeichnungen ausdachten, wie z.B. „People with Disabilites“ oder „Handicapped“, schiebt man in Deutschland das „behindert“ hin und her. Mittlerweile sagt man nicht mehr „behinderte Menschen“. Tippt man allerdings „behinderte“ bei Google ein, folgt direkt der Vorschlag „behinderte Namen“, was fälschlicherweise für „witzig“ und „lustig“ stehen soll.

Beispiel:
Deine Mudda ist VOLL BEHINDERT.

Ab______ (Verb einfügen)

Ablachen, abspacken, abkacken, abwürgen. Manche Verben sind ohnehin so hässlich, dass man einer Steigerung durch „ab“ nicht bedarf. Meist ergibt sich durch den Zusatz „ab“ ein vollkommen neuer Sinn, der zur Verwirrung führen kann.

Beispiel:
Manchmal lese ich Amazon-Kommentare, um mal richtig ABZULACHEN.

Kreativ

Ein Füllwort, welches aber massiv eingesetzt wird. Wofür steht es? Für Talente? Für Fähigkeiten? Aber diese sollen möglichst unbenannt bleiben? Kreativität ist das Vorzeigewort, wenn es darum geht, banalen Content zu erzeugen und Lebensläufe zu füllen. Jedermann kann kreativ sein, doch wer mag sich schon die Mühe machen und alles niederschreiben?

Beispiele:
In meiner Freizeit arbeite ich gerne KREATIV.
KREATIVITÄT ist eine meiner besten Eigenschaften.

Depression

Volkskrankheit Nummer Eins. Um sämtliche Probleme des Alltags (Überforderung, Stress, Niedergeschlagenheit, Müdigkeit) in einen Topf werfen zu können, wurde „Depression“ zum Schlagwort aller Zustände, die der Psyche schaden – und darüber hinaus. Mittlerweile ist das Wort so geläufig, dass man nahezu jedem eine „Depression“ diagnostizieren kann. Die Krankenkassen freuen sich.

Beispiel:
Warum ihr alle psychisch gestört seid.

Pimmeln etc.

Ab einem gewissen Alter bietet sich Jugendslang nicht mehr an. Selbst unter Jugendlichen wirkten Ausdrücke wie „pimmeln“ selten besonders gebildet. Es empfiehlt sich die Lektüre der „Unwörter des Jahres“ – auch in der jugendlichen Variante – um sich die falschen Wörter gar nicht erst anzueignen.

Beispiele:
Schick‘ mal nen SELFIE!
ERSTMAL richtig FETT HINPIMMELN und ABCHILLEN.


photo: mouth wide shut by Soumyadeep Paul, CC 2.0

Misanthrop - wie werde ich einer?

15 Tipps, wie Du ein Misanthrop wirst

Keinen Bock mehr auf die anderen? Werde doch einfach Misanthrop! Mit der richtigen Anleitung wird aus jedem Kumpeltyp und Händeschüttler ein Menschenfeind.

Menschen sind schlichtweg anstrengend. Sie sind laut, stehen im Weg und duften nach Balea. Wenn sie nicht irgendwelche Personen in ihrer Nähe zutexten, brüllen sie in ihre tragbaren Telefone. Ihr Gespräch über Sonne am Mittag und Nudeln am Abend dringt so sehr in Deine Privatsphäre ein, dass Du Dich diesen Fremden zugehörig fühlst. Dabei bemerken sie nicht einmal, dass Du überhaupt existierst. Weil Dir die meisten Leute zu anstrengend sind, wirst Du häufig als Misanthrop geschimpft. Doch bist Du einer?

Nur weil Du es unhöflich und unappetitlich findest, wenn jemand gegenüber in der U-Bahn breitbeinig einen Döner isst? Die Intoleranz der anderen ist eine gute Grundlage für den Werdegang zum waschechten Misanthropen. Die hohe Kunst der Menschenverachtung will gelernt sein.Es laufen genug Amateure herum, die morgens nach dem Aufstehen nicht angesprochen werden möchten, aber zwei Stunden später nervig mit dem Kaffeebecher in der Hand mit den Kollegen schäkern.

Wie werde ich Misanthrop? Die Grundlagen

Atme tief ein

Die erste Übung ist simpel: Einfach tief Luft holen, um den Gestank der Umwelt aufzunehmen. Ein süßlich penetranter Duft, der bisweilen an Verwesung und Deo erinnert, wird sich bemerkbar machen. Wer will so was schon in der Nase haben? Abstand!

Mach mal Pause

Lasse alles stehen und liegen und gehe kurz in Dich. Verursachst Du einen Stau oder gar einen Unfall? Regen sich Deine Kollegen über Deine mangelnde Kooperation auf? Die haben alle keine Ahnung. Ignorieren!

Sag allen, was Du fühlst

Teile deinem Umfeld Deine Gefühle mit. Sage ihnen, wie sehr Du sie liebst. Wenn sie Dich total panisch anschauen, vor Angst wegrennen oder gar die Polizei rufen, beweist es nur Deine Vorahnung. Gefühlloses Pack. Lasse sie links liegen!

Sei Du selbst

Ist es genau Dein Ding, den gesamten Tag über nackt herumzulaufen? Bist du gerne dauerstoned? Schläfst Du mit einer Schrotflinte unter dem Kissen? Just do it! Sollte verstört auf Deine Offenbarung reagiert werden, kannst Du davon ausgehen, dass Dich nie jemand verstehen wird. Zuhause bleiben!

Schaffe Stimmung

Es gibt nichts Schöneres, als sich den inneren Druck von der Seele zu singen. Stimme laut Deine Lieblingslieder an! Motiviere andere zum Mitsingen! Reagieren Sie mit Unverständnis, sind sie Deine Gesellschaft nicht wert. Abhaken!

Menschenhass für Fortgeschrittene

Sei fit

Schwinge Deinen fettigen Körper mal auf die Straße, um Dich für die nächste Gelegenheit zu stählen. Ein gesunder Geist steckt in einem gesunden Körper. Lasse Dich nicht von Leuten abschrecken, welche von Dir auserkorene Geräte im Fitness-Studio belegen. Oder Dir beim Joggen den Weg versperren.  Im Zweifelsfall: Umrennen!

Umarme jemanden

Drücke doch einfach mal die nächste Person, die Dir sympathisch erscheint. Sei hartnäckig, auch wenn die Person um Hilfe schreit oder vor Dir wegrennt.  Wenn Sie jedoch zuschlägt, wehre Dich mit Händen und Füßen. Haben die nicht anders verdient, die Liebesverweigerer!

Sei spendabel

Schmeiß‘ ruhig mal eine Runde für Deine Kollegen oder Freunde. Ruhig total überzogen und übertrieben! Nachher behauptet noch jemand, Du wärst knauserig. Sollte Deine Großzügigkeit nicht erwidert werden, weißt Du genau, woran Du bist. Nämlich umzingelt von raffgierigen Geizkragen.

Nimm nicht alles so ernst

Schau Dich um. Wie kann man die Gestalten um Dich herum auch nur eine Sekunde ernst nehmen? Spiegeln aus dem Weg gehen!

Führe Tagebuch

Schreibe alles auf, was Dich an Deinen Mitmenschen stört. Zum Beispiel, dass sie atmen oder einfach Raum einnehmen. Hast Du genügend Material beisammen, solltest Du es den betreffenden Personen zeigen. Finden Sie Deine Niederschriften abstoßend und frech? Dieser Sauhaufen! Kreativität ist denen ein Fremdwort!

Menschenfeinde Masterclass – Wie hasse ich richtig durch?

Höre genau hin

Wer immer noch nicht den finalen Schritt zum Misanthropen schaffte, muss zu harten Methoden greifen. Da bietet sich zunächst das Zuhören an; eine im Alltag durchaus geläufige Tätigkeit, die aber nur selten konsequent genutzt  wird. Spitze Deine Ohren und lausche einfach dem verbalen Dünnpfiff, den Deine Mitmenschen zwischen den Atempausen von sich geben. Wer nach einer halben Stunde Warteschlange im Starbucks immer noch nicht wild um sich schlagen möchte, muss taub sein.

Besorg Dir ein Haustier

Sie lieben Dich, auch wenn Du sie im heißen Auto vergisst oder das Katzenklo nicht reinigst: Haustiere. Wer immer noch nicht von Menschen die Nase voll hat, braucht unbedingt mal eine längere Session mit einem flauschigen Vierbeiner. Ein Napf voll Fressen, ein wenig Catnip oder ein Knochen, ab und zu ein wenig streicheln – schon ist die unendliche Freundschaft und tiefes Verständnis gesichert. Mit einem Menschen wäre so etwas undenkbar. Man stelle sich vor, wie man einen Napf füllt und direkt Fragen aufkommen wie: Ist das denn auch Bio?

Urlaub! Gönn Dir!

Unternehme eine kleine Reise. Ein Trip nach Nirgendwo, fernab von der Zivilisation. Du wirst merken, wie Du langsam wieder zu Sinnen kommst und nicht alle paar Sekunden auf Dein Smartphone blickst. Game of Thrones, Walking Dead, Breaking Bad – das alles spielt keine Rolle mehr. Auch Schuhe, Handtaschen, Autos und deine Geekshirts sind ab sofort egal. Denn hier im Nirgendwo ist niemand, der Dich dafür bewundert oder auslacht. Bis auf die anderen beknackten Touris in Deinem beknackten Touri-Hotel in der Nähe Deines beknackten Touri-Strandes.

Hör auf zu trinken und zu rauchen

Das Saufen und das Rauchen wurde nur erfunden, damit die Leute in den Mittagspausen was zum schwatzen haben und sich in der Kneipe nicht so langweilen. Wahre Misanthropen meiden derartige Situationen und leben dadurch gesünder – und länger.

Kümmere Dich

Ein Meister der Misanthropie kennt die Enttäuschung, die mit dem menschlichen Umgang einhergeht. Ein Scheitern ist unvermeidlich, da  Fehler und Misserfolge zum Menschsein zählen. Ein menschenscheuer Charakter kann diesen deprimierenden Zustand einfach nicht hinnehmen. Drum kann ich jedem angehenden Misanthropen nur raten, sich vorab ausgiebig mit dem Mensch an sich zu beschäftigen. Sei sozial! Sei hilfsbereit! Nur dank massiver Rückschläge beim Umgang wird es Dir gelingen, ein wahrer Menschenfeind zu werden. Orte, an denen Du starten könntest: Primark-Wühltisch, Starbucks-Schlange, Stau auf der A40, Sommerliches Bahnfahren bei Klimaanlagenausfall, Weihnachtsmärkte, Wartezimmer und ein Verwandtenbesuch.


photo: stadium-seating-man-alone.jpg by r. nial bradshaw, CC 2.0

Miniflusspferd

Das Casting der gut frisierten Vierbeiner

Ein Märchen für alle, die Tiere lieber mögen als Menschen. Über ein Zwergflusspferd, ein Alpaka und jede Menge tierischer Gesangseinlagen.

Märchenstunde auf Miesepeters: Derzeit werden aus der Kindheit bekannte Märchen für Hollywoods Leinwände neu interpretiert. Rotkäppchen, Hänsel & Gretel und Schneewittchen erkennt man kaum wieder! Es wird Zeit für neue Helden. Begleitet ein Zwergflusspferd,  ein Alpaka und weiteres Getier durch das tierischste Casting der Welt.

Es war einmal ein Land in Form eines Rührlöffels. In diesem Land in Form eines Rührlöffels befand sich eine wohlhabende Stadt namens Günther. Und in dieser Stadt namens Günther, die nach dem Gründer Günther benannt war, stand eine leere Fabrikhalle mit einem kaputten Fenster. Durch dieses kaputte Fenster versuchte ein Zwergflusspferd auf dem Rücken eines Alpakas einen Blick ins Innere zu erhaschen.

„So halte doch endlich mal still!“ motzte das Zwergflusspferd, während es auf dem Rücken des Alpakas Halt suchte. „Nicht labern, machen!“ antwortete das Alpaka ruhig und blies sich dabei eine Strähne aus dem Alpakagesicht. Dem Zwergflusspferd gelang es, in der Fabrikhalle etwas zu erkennen. Dort stand ein Tapeziertisch mit einer Decke aus Samt, auf der viele gefüllte Plastikflaschen standen. An diesem Tisch saßen drei Gestalten. Ein Kranich, eine Hyäne und eine Seegurke. Sie schwiegen und starrten ins Leere, als ob sie auf irgendetwas warteten. Auf einmal öffnete sich eine Türe in der Halle und ein aufgebrezelter Dachs trat vor dem Tisch.

Draußen vor dem Fenster machte der stille Beobachter große Augen. „Ich sehe was! Ich sehe was!“ sagte das Zwergflusspferd zum Alpaka. „Nicht laut, gucken!“ entgegnete das Alpaka genervt. Der auffallend gut gestylte Dachs vor dem Tapeziertisch räusperte sich hörbar und stellte sich vor. „Ich bin ein auffallend gut getrimmter Dachs und möchte gerne für euch singen.“

Style und das Gel

Wie in jedem Schaltjahr wird am letzten Maiwochenende das große Vierbeiner-Casting ausgerufen. Jedes Tier von Günther, welches über nicht weniger als vier Beine verfügt, darf einer ausgewählten Jury etwas vorsingen. Derjenige, der die Jury, bestehend aus Kranich, Hyäne und Seegurke, am meisten überzeugt, darf nicht nur seine eigene Scheibe aufnehmen. Viel mehr darf der vierbeinige Gewinner sogar der Prinzessin des Landes in Form eines Rührlöffels das ausgesuchte Stück vortragen. Ach ja, und das wird natürlich via Live-Stream weltweit ausgestrahlt.

„Er fängt nun an! Ich hoffe, er singt nicht so gut, wie er sich trimmt!“ sagte das Zwergflusspferd und lauschte gespannt. Der Dachs holte tief Luft und trällerte einige Worte, bis ihn der Kranich der Jury unterbrach. Die Hyäne schüttelte den Kopf und die Seegurke schaute, als ob sie sich übergeben müsste. „Tut uns leid, lieber Dachs. Du singst grausig. Der Nächste, bitte!“ sagte der Kranich und der Dachs verließ die Fabrikhalle.
„Nun bin ich gleich dran!“ sagte das Zwergflusspferd aufgeregt. „Wie schaue ich aus?“ „Nicht schlecht, funky!“ sagte das Alpaka aufbauend, nachdem das Zwergflusspferd von seinem Rücken sprang. Plötzlich huschte jedoch die total arrogante Nachtigall um die Ecke und ertappte die beiden heimlichen Beobachter. „Aha! Habe ich euch also beim Schummeln erwischt. Ihr wolltet wohl die Konkurrenz sehen. Aber keine Bange, ich werde euch nicht verraten. Im Gegenteil, seht zu und lernt“, sagte die total arrogante Nachtigall und verschwand wieder. Wenige Minuten vergingen, da stand sie stolz vor der Jury am Tapeziertisch. Total arrogant wie sie ist, stellte sie sich nicht einmal vor, sondern sang einfach drauf los. Die Jury lauschte gebannt und unterbrach sie nicht. Stattdessen konnte die total arrogante Nachtigall ihr Stück komplett vortragen. Nach dem Song sagte der Kranich: „Entschuldige, wir waren kurz eingenickt. Bist Du schon fertig?“ Die Hyäne lachte schallend auf und die Seegurke kotzte tatsächlich. Ohne ein weiteres Wort verließ die total arrogante Nachtigall die Fabrikhalle.

„OMG! Hast Du das gesehen? Ich bin ohne jede Chance!“ sagte das Zwergflusspferd zum Alpaka. „Wenn selbst die total arrogante Nachtigall fort geschickt wird, brauche ich erst gar nicht antreten“, sagte es weiter. Das Alpaka schaute das Zwergflusspferd lange an und sagte dann: „Nicht kleckern, klotzen!“ Das Zwergflusspferd überlegte noch, was damit gemeint sein könnte, doch wurde dann zum Singen aufgerufen. Als es langsam in die Fabrikhalle eintrat, war es mucksmäuschenstill. Die Schritte des winzigen Flusspferdes hallten laut nach. Vor dem Tapeziertisch stehend, sagte es kurz seinen Namen und legte direkt los. Das Zwergflusspferd war sichtlich nervös, doch sang sein ausgewähltes Stück fehlerfrei und meisterte sogar die kurze Sprechgesangeinlage. Als es fertig gesungen hatte, herrschte ein Schweigen wie zuvor bei der arroganten Nachtigall.

Crazy Dogs in da pan

„Hmmmm“, brummte der Kranich. Die Hyäne fing schon wieder an hysterisch zu kichern. Nur die Seegurke wirkte zufrieden und gurgelte, dass ihr das Stück gefallen hätte. Eine kleine Diskussion brach auf einmal los. Die Jury war sich nicht einig im Urteil und ein Wort gab das andere. Das Zwergflusspferd hingegen wunderte sich. Besser als die total arrogante Nachtigall? Das wird ja der Hund in der Pfanne verrückt!
„Wir müssen noch eins hören“, sagte der Kranich. „Wer für die Prinzessin des Landes in Form eines Rührlöffels singen will, muss auch Duette beherrschen“. Das Zwergflusspferd war irritiert, zum Glück hatte es aber eine Idee. Es rief das Alpaka herbei, welches draußen vor der Fabrikhalle wartete. „Nicht singen, schüchtern!“ wehrte sich das Alpaka sinnfrei. Denn im Grunde wusste es, dass es diese Chance nicht vergeigen durfte und trat somit auch vor den Tapeziertisch. Beide sangen ein Musikstück, welches sie zuletzt im Radio rauf und runter hörten. Das Alpaka machte die Beatbox, während das Zwergflusspferd erneut rappte.

Erneut machte sich eine Stille unangenehm nach dem Stück breit. Die Seegurke hatte sich wohl ein wenig in das Zwergflusspferd verliebt, denn es schaute fröhlich in die Richtung des Gesangduos. Sogar die Hyäne gackerte nicht mehr albern herum, sondern nickte anerkennend. Nur der Kranich runzelte noch seine Kranichstirn und sagte: „Schön, schön. Aber ich bin noch nicht überzeugt. Für unsere geliebte Prinzessin von dem Land in Form eines Rührlöffels wäre eine Quartett wohl das Mindeste. Aber da wir nicht Bremen sind, sondern in Günther, nehmen wir auch ein Trio.“
Das Zwergflusspferd wandte sich an das Alpaka. „Dachs oder die total arrogante Nachtigall? Wen sollen wir nehmen?“ „Nicht Nachtigall, wtf!“ sagte das Alpaka zornig. Das Zwergflusspferd rannte fix zum Tor der Fabrikhalle und rief laut nach dem gut gestylten Dachs. Dieser eilte herbei und freute sich über seine dritte Chance. Er freute sich sogar so sehr, dass er dem Alpaka kurz seinen Kamm lieh, damit es sich auch so fesch stylen kann.

The Show must go on

Das Trio stand nun gut frisiert vor dem Tapeziertisch und stimmte die ersten Töne an. Die Fabrikhalle füllte sich mit wohltuenden Klängen und eine Art sakrale Stimmung machte sich breit. Jeder Ton saß, jede Note klang perfekt, es war ein Stück, welches einer Prinzessin würdig war. Als sie zum Ende kamen, erhob sich die Seegurke von ihrem Platz, um irgendwie Beifall zu klatschen. Den Tränen nahe, jubelte auch die Hyäne und feierte mit. Nur der Kranich blieb still und nachdenklich auf seinem Platz und wirkte, als würde er gelangweilt die Plastikflaschen auf dem Tapeziertisch zählen. Das Zwergflusspferd, das Alpaka und der extrem gut ausschauende Dachs freuten sich wie verrückt, denn sie sahen sich schon im Palast der Prinzessin stehen. Erst als sie bemerkten, dass der Kranich schwieg, verstummten auch sie.

„Was ist? Hat es nicht gefallen?“ fragte das Zwergflusspferd vorsichtig.

„Nicht gefallen, wie?“ quengelte das Alpaka.

Der Dachs zückte seinen Kamm.

Doch plötzlich richtet sich der Kranich auf. Allesamt, Sänger wie auch Jury, halten inne.

„Ich weiß nicht, ich weiß nicht.“ sagte der Kranich. „Das geht so nicht. Wir können der Prinzessin niemals zwei so gut gestylte Sänger vorstellen und dann so ein nacktes Zwergflusspferd. Lasst euch was einfallen, dann seid ihr dabei!“

Das Zwergflusspferd, das Alpaka, der superhübsche Dachs, die hysterisch kreischende Hyäne und die kotzende Seegurke waren aus dem Häuschen. Sie freuten sich und lagen sich in den Armen. Der Kranich gesellte sich dazu und alle tanzten moderne Tänze, wie sie an einem jeden Wochenende in den Clubs der Städte außerhalb Günthers stattfinden. Sogar die total arrogante Nachtigall gesellte sich dazu und bot dem Sieger, dem Zwergflusspferd, ein paar seiner Federn an, mit der es vor der Prinzessin auftreten könne.

Diese lud das singende Trio schon bald zu sich in den Palast ein, in dem sie viele Lieder sangen, die sie weltweit bekannt und zu YouTube-Stars machten. Was dann geschah? Der Dachs nahm recht zügig ein Solo-Album auf. Ach ja, und das Alpaka heiratete die Prinzessin des Landes in Form eines Rührlöffels. Doch der heimliche Held des Märchens, das Zwergflusspferd, hat jetzt unzählige goldene Schallplatten und eine Perücke aus Federn und Borsten. Und wenn sie nicht gestorben sind, so rappen sie noch heute.


photo: Mini Golf Hut by Rick Wagner, cc 2.0

Berufe, die Depressionen verursachen

Berufe, die Depressionen verursachen

Von wegen Call-Center-Agents: Die armen Holzfäller, Imbissbuden-Verkäufer und Animateure. Diese überraschenden Berufe lösen Depressionen aus.

Wir kennen all die Ammenmärchen aus reißerischen Medienberichten. Es soll demnach dutzende Berufe geben, die Depressionen auslösen und statt einer Karriereleiter ein endloses Loch bieten. Allen voran die Menschen, die sich der kommerziellen Telefonseelsorge hingeben und als Call-Center-Agents arbeiten. Mitarbeiter dieser Berufsgruppe fallen doppelt so häufig krankheitsbedingt aus wie der Durchschnitt aller Erwerbstätigen. Keine Überraschung, schließlich möchte ich schon bei dem Gedanken, täglich das Gelaber von x Leuten zu ertragen, direkt aus dem Fenster springen. Daneben sollen noch triste Bürojobs – besonders alle, die mit Banken zu tun haben – für Depressionen verantwortlich.

Das öde Flackern des Bildschirms, das fahle Kunstlicht und der monotone Soundtrack durch den Kopierer lässt jeden Lebensmut im Keim ersticken. Bleiben noch die Pflegeberufe, die aus den offensichtlichsten Gründen depressive Phasen durchleben. Wer tagtäglich Menschen beim Toilettengang begleiten und dabei noch eine freundliche Fassade aufrecht erhalten muss, ist ein Anwärter auf einen Platz auf der Couch. Manchen dieser Jobs sollte direkt bei Vertragsunterzeichnung eine Packung Antidepressiva mitverschrieben werden. Doch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Es gibt Jobs, die machen noch viel depressiver. Berufe, mit denen keiner rechnete – nicht mal die Krankenkassen.

Depressive Berufe: Tränen für die Wurst

Holzfäller: Man stelle sich vor, welche Qualen ein Holzfäller durchstehen muss. Täglich hackt er brutalst drauf los; macht aus natürlichen Lebensspendern Kleinholz. Und wofür? Für Zahnstocher, Druckerpapier und Ikea-Regale. Bei jeder Werbung, in der von der Rettung des Regenwaldes die Rede ist, bricht er in Tränen aus.

Animateur: Da kommen sie wieder, die besockten Sandalenträger mit ihren lustigfarbigen Hemden. Darüber hinaus haben sie hochrote Köpfe vom Alkohol und sprechen ein Kauderwelsch, welches man wohl nur mit 3 Promille versteht. Ein Animateur, der zum Beispiel während der Urlaubssaison beschäftigt wird, muss exakt so ein anstrengendes Klientel bespaßen. Da hilft nur noch mehr Alkohol.

Imbissbuden-Verkäufer: Die Kunden stehen Schlange, um sich das ungesündeste Essen schlechthin in den Schlund zu stopfen? Im Grunde sind Pizzabäcker oder Currywurstbuden-Besitzer verdeckter Sterbehelfer. Das ist denen durchaus bewusst, sodass Nachwürzen meist die Tränen des Verkäufers beeinhaltet.

Berufe zum Heulen: Bitte wechseln!

DSDS Superstar: Endlich hat man Jury und Publikum überzeugen können und liefert eine Gesangsperformance, die von Millionen gesehen wird. Nur eine Woche später muss man in einem Supermarkt auftreten und bleibt auf einem Stapel Autogramme sitzen. Nur eine Eintagsfliege hat eine kürzere Karriere als ein Sieger bei DSDS. Ausnahmen bestätigen zwar die Regel, aber führen zu ähnlichen Ergebnissen.

Boxenstopp Mechaniker: Die heimlichen Helden der Formel 1 haben eine bittere Pille zu schlucken. Nicht nur, dass ihnen nur kurze Aufmerksamkeit der Fernsehkameras gewährt wird. Auch der Zeitdruck, unter dem die flinken Hände der Mechaniker den Rennwagen wieder auf Vordermann bringen müssen, ist enorm. Ausgerechnet während des Moments, in dem man sich über seine Arbeit freut, düst das Werk davon – nur um später wieder angerollt zu kommen.

Fachinformatiker: Nur ein auserwählter Kreis von Unglücklichen weiß, welche Qualen ein Windows-Update auf allen Rechnern samt Server auslöst.


photo: computer meltdown by darkday, cc 2.0

Zucker macht dumm und faul

Zucker macht dumm und faul

Hiobsbotschaft für Naschkatzen und Leckermäuler: Auch wenn aktuelle Studien belegen, dass Zucker nicht süchtig macht, doof und faul wird man dadurch dennoch.

Zyniker behaupten, dass Zucker im Grunde Crystal Meth für Arme sei. Dass es nicht verwundern würde, wenn sich Dealer und Junkies an zwielichtigen Orten (Bahnhof) treffen würden, um Bares gegen Zuckerpackungen von Starbucks zu tauschen. Zucker, der in reichhaltigen Varianten unseren Alltag begleitet, hatte laut einigen Studien ähnliche Wirkungen wie Drogen. Vor nicht allzu vielen Jahren wurde medienwirksam verbreitet, dass Zucker berauschend wirke und vor allem süchtig mache. Wer schon einmal eine Packung Kinder Schokobons genascht hat, wird wissen was damit gemeint ist.

Mittlerweile wurde entwarnt; Zucker besitzt nicht die Eigenschaften einer Droge und kitzelt zu stark in der Nase. Viel eher kommt zu einer Sucht nach dem Essen an sich. Während einer ausschweifenden Völlerei kommt es allerdings zu einer gesteigerten Einnahme von Zucker, die eine zweite These in den Raum stellt. Macht Zucker stattdessen faul und dumm?

Lahme Hirne für süße Zombies

Insbesondere Trauenzucker genießt den traditionellen Ruf, die Denkfähigkeit und Konzentration zu steigern. Leider hält die Werbung nicht, was sie verspricht. Zwar gibt es einen kleinen Schub an Energie, doch eine nachweisbare außergewöhnliche Leistungssteigerung der Hirnrinde wirkt fraglich. Meist tritt sogar das Gegenteil ein. Zu viel Zucker ermüdet das Hirn und macht aus uns süßliche Zombies.

Eine Studie fand heraus, dass ein regelmäßiger Verzehr von stark gesüßten Speisen und Getränken insgesamt langsamer werden lässt. Zumindest war es bei den Versuchskaninchen bzw. den Ratten der Fall, die für diesen Test herhalten mussten. Es gab zwei Teams mit jeweils unterschiedlichen Ernährungsplänen. Team 1 bekam irgendeinen Cocktail aus Omega-3-Fettsäuren, während Team 2 mit Cola, Slurp und Ahoi Brause leben musste. Die Aufgabe bestand darin, ein Labyrinth zu durchqueren, idealerweise vor und nach der Spezialdiät. Der Unterschied war auffallend: Team 2 hatte sich so dümmlich gezuckert, dass sie mitten im Labyrinth einen Flashmob anstimmen wollten. Team 1 hingegen lernte noch während der Bewältigung des Labyrinths insgesamt acht Fremdsprachen. Auch wenn der Vergleich zum Menschen auf dem ersten Blick hinken mag, so gibt es doch reichlich Parallelen.

Dick- und Doofmacher werden gefeiert

Man muss nur den Fernseher einschalten und die berühmt berüchtigten Sendungen bestaunen, in denen gewisse Stereotypen gefeiert werden. Die Rede ist von Formaten wie „Schwiegertochtertausch“ oder „Schwer verliebt in Berlin – Tag & Nacht“, die nun oftmals nicht die hellsten Kerzen auf der Torte präsentieren. Interessant zu beobachten ist nun das Stimmungsbild oder auch die offene Meinungsbekundung in kulinarischer Hinsicht. Abgesehen von den Hauptlebensmitteln  – Bier und Tabakdose – sind häufig die angesprochenen Dick- und Doofmacher zu sehen. Da stellt sich die Frage: Füllen die bösen Privatsender gebildete und mitten im Leben stehende Bürger mit Zucker ab, nur um ihre Sendeformate durchsetzen zu können? Man stelle sich vor, dass die letzte Bachelorette monatelag mit Weingummi und Fanta gemästet wurde, nur damit aus ihr eine Kandidatin für einen romantisch veranlagten Fachhandelspacker wird.

Eine weitere Horrormeldung macht die schwer verzichtbare Süße ungenießbar. Zucker soll vergesslich machen. Je höher der Blutzuckerspiegel ist, desto weniger Wörter kann man sich merken. Das würde bedeuten, dass man nach drei Milchshakes möglicherweise seinen eigenen Namen vergisst. Auch hier liegt der Verdacht einer fieser Masche der Zucker-Industrie nahe. Wer innerhalb weniger Augenblicke vergisst, dass er schon so und so viele Kilos an Gumibären o.ä. genascht hat, bleibt ein treuer Kunde.

Noch etwas Kaffee zum Zucker?

Es scheint unmöglich zu sein, dieser süßen Falle zu entfliehen. Schließlich zwingt uns ja alleine schon die liebe Verwandtschaft dazu, wenn sie uns zu Kaffee und Kuchen einlädt und zu Weihnachten reichlich Nervennahrung verschenkt. Doch wenn wir Glück haben, haben wir das alles in 365 Tagen wieder vergessen – dank Zucker.

Und wie trinken Sie morgen früh Ihren Kaffee?


photo: Jerry in the sugar isle face down by TheeErin, CC 2.0

Sommerdepression – Trotz Sonne verzweifelt

Sommerdepression – Trotz Sonne verzweifelt

Der Sommer ist da und die Schatten werden länger. Im Falle einer Sommerdepression helfen dem Sonnenverweigerern weder Grillabende, Urlaub noch Eiscreme.

Sommer, Sonne, Blahblahblah. Viele bemerken den Start des Sommers weniger an der massiven Sonneneinstrahlung oder gar am Datum, sondern eher an der Bekleidung. Sollten beim Blick aus dem Fenster direkt die ersten Birkenstock-Socken-Träger zur Bäckerei schlurfen, so ist der Sommer endlich da. Im Schlepptau, wenn auch kaum merklich: Die Sommerdepression.
Während sich das Gerücht hartnäckig hält, dass eine Depression ihre Hochsaison in den Wintermonaten feiert, bietet die sonnenreiche Jahresmitte mindestens genauso viele Möglichkeiten, um in schwerste Entmutigung zu verfallen. Eine sommerbedingte Depression betrifft hauptsächlich Frauen zwischen 20-40 Jahren. Männer sind zu simpel gestrickt für sonnige depressive Phasen. Als Kerl besteht immer die Möglichkeit zu grillen, dabei Bier zu trinken und leichtbekleidete Frauen anzustarren. Da bleibt keine Zeit für Selbstzweifel.

Nackte Tatsachen und Unternehmungsunlust

Wahrscheinlich wird im Falle einer Sommerdepression etwas mehr die Stirn gerunzelt. Warum sollte ausgerechnet der Sommer mit all seinen Möglichkeiten gewisse Leute runterziehen? Dabei liegt exakt dort das Problem. All die Möglichkeiten, die im Winter nicht gegeben sind, stellen die Betroffenen vor neue Herausforderungen, die sie nur schwerlich bewältigen können. Das Offensichtlichste ist die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, der bei den ersten Sonnenstrahlen sofort entblößt werden muss. Andernfalls wird man von Freunden, Verwandten und Kollegen kritisch beurteilt.  Nach dem Motto: „Willst Du nicht mal den Skianzug ausziehen?“
Ein weiterer Faktor wäre der Unternehmungszwang. Nur weil es draußen strahlt ohne Ende, muss man vor die Türe? Etwas unternehmen? Aber mit wem? Und vor allem wohin? In einer Welt voller verpflichtungsscheuen Singles und zermürbenden Dauerstress ist es gar nicht so einfach, zwanglos unter der freien Sonne Zeit zu verbringen. Außerdem könnte man seine Lieblingsserie verpassen.

Es gibt noch weitere Beispiele, wie ein Sommer deprimieren kann. Dinge, mit denen man als Sonnenanbeter auch nicht unbedingt rechnen mag. In jedem Fall sei es ratsamer, die Sonnenmuffel nicht ins brennende Scheinwerferlicht der Sonne zu zerren. Zumal sich der eine oder andere Sommerfreund nun gewiss wieder erkennen wird.

Sommerdepression: Der Sommer und seine Tücken

Schwimmen gehen: „Plantschen im Eigensaft!“

Oh ja, Schwimmen gehen ist im Sommer besonders angesagt. Unter der prallen Sonne kann man seinen Mozzarella-Teint auffrischen und auch zeigen, was man hat. Besonders lecker ist jedoch das Schwimmen selbst, wenn man bedenkt, wie viele Leute da ins feuchte Nass steigen. Erinnert ein wenig an Bade-Sonntage aus den Erzählungen der lieben Oma. Der Letzte, der ins Badewasser durfte, kroch oft schmutziger als vorher aus der Wanne.

Spieglein, Spieglein: „Ich kann auf meinem Handy nichts erkennen!“

Man stelle sich vor, man erhält eine superwichtige Nachricht vom Chef oder Ehepartner und durch die blöde Helligkeit samt Spiegelung erkennt man nichts. Da helfen auch diese blöden Folien und Verkrampfungen um Schatten zu spenden kein Stück. Stattdessen stirbt man dumm. Noch schlimmer wäre nur noch, wenn man aufgrund der Seheinschränkung Nachrichten usw. falsch versendet und sich wundert, warum man auf einmal 50 Tonnen Katzenfutter bestellt hat.

Urlaubsfoto Marathon: „Guck mal! Der Eiffelturm auf meiner Hand!“

Als ob diese Urlaubsfotos nicht schon bei Facebook nervig genug wären, wird das nur noch durch eine Privat-Vorstellung des letzten Urlaubs gesteigert. Damals waren es noch langatmige Dia-Vorträge, heute sind es lächerliche Powerpoint-Präsentationen, die auch noch mit Musik „Sunshine Reggae“) unterlegt sind. Dutzende Fotos vom Strand, von den Anlaufpunkten für Touris und vom Mittagessen. Manchmal muss man sogar Videos überstehen, Langeweile in Bildern. Eine Postkarte hätte genügt.

Schweißflecken: „Besser keine High-Fives verteilen.“

Die einen schwitzen mehr, die anderen weniger. Davon abgesehen, dass nicht jeder weiß, wie ein Deo funktioniert, verhindert es bei hohen Temperaturen nicht immer Schweißflecken. Sollten diese sich dann auf der Kleidung abzeichnen, sieht man bestenfalls von folgenden Dingen ab: spontanes  Jubeln, Handy beim Konzert hochhalten, La Ola-Welle und High-Fives.

Sonnenbrillen Dauerzustand: „Ich sehe schwarz.“

Die blendende Sonne lässt sich am besten mit einer dunklen Sonnenbrille abwehren. Dumm nur, wenn dadurch auch etwas die Sicht getrübt wird. Das gesamte Weltbild wird durch die Sonnenbrille in den Schatten gerückt, was kurz nach dem Aufsetzen direkt in eine Herbst-Winter-Depression abdriften kann. Nimmt man jedoch die Brille ab, wird man geblendet; sei es von der Sonne oder den blassen Beinen der Nachbarn.

Eis-Essen: „Hörnchen oder Becher?“

Viele Naschkatzen kennen die Problematik. Bestellt man einen Becher, so muss man den auch wieder loswerden. Bequemlichkeit ist im Sommer noch präsenter und der Aufwand zum Mülleimer zu gehen, wirkt ermüdend. Entscheidet man sich jedoch für ein Eis im Hörnchen, könnte der Verzehr seltsame Blicke auf sich ziehen. Nicht wenige sind beschämt von der Leckerei am Eis, erst recht, wenn man mit der Zunge tief ins Hörnchen vordringen muss. Dieser Zwiespalt löst Verzweiflung aus – man entscheidet sich am Ende lieber für Calippo oder Flutschfinger.

Grillabende bis zum Abwinken: „Wer soll das alles essen?“

Grillen hat sich zum Volkssport gemausert. Es scheint, als würden einige ihren Garten/Balkon gar nicht mehr verlassen und tagein tagaus würstchendrehend Radler trinken. Die Lust nach Fleisch greift um sich; es wird bis zum Exzess Bauchfleisch gegessen, als ob es im Winter so etwas nicht gäbe. Sogar Veggies haben sich von der Grilllust anstecken lassen und schmeißen lauter Gemüse auf die Holzkohle-Grills. Doch nach zig Tagen Völlerei und gestapelter Bierkisten bleibt nur noch die Erkenntnis: Das kann man bis zur nächsten (Winter)Depression niemals wieder abspecken. Aber zum Glück gibt es zum Trost reichlich Schokolade.

Siehe auch: Frühlingsdepression – Wenn der Lenz entmutigt


photo: got lost by holly lay, cc 2.0

Der Kampf um die Armlehne im Kino.

„Wem gehört die Armlehne im Kino?“

Demotivationsfragen: Rhetorische Fragen, deren Antworten entmutigen aber zeitgleich erheitern können. Regelmäßig auf Miesepeters.

Die Demotivationsfrage: Wem gehört im Kino die Armlehne? Dieser ewige Kampf um die Vorherrschaft der Gemütlichkeit artet oft zum Rosenkrieg aus.

„Ich liebe meine Freundin, doch mit ihr ins Kino zu gehen löst Frustation aus. Nicht jedes Lichtspielhaus bietet eine sogenannte „Kuschelbank“ oder ähnliche Partnersitze. Deshalb gerate ich zu häufig in die Lage, dass ein rücksichtsloser Kampf um die Armlehne zwischen unseren Plätzen entbrannt. Nach dem langatmigen Vorspann, den wir mit Hilfe von Smalltalk und Lästereien („Wie kann man nur ganz vorne sitzen?“) überbrücken, beginnt kurz nach Anbeginn des Kinostreifens die erste Übernahme der Lehne. Versteht mich nicht falsch, ich würde ihr die Armlehne ja auch ohne Diskussion überlassen. Aber sie könnte auch mal fragen? Anfangs verzichtete ich auf den Komfort der Gemütlichkeit, wie ich auch zuvor auch die Verfolgung der Handlung aufgab. Sie redet halt gerne und viel, so dass ich Filme meist eh noch einmal daheim schauen muss. Aber das mit der Armlehne geht mittlerweile eindeutig zu weit. Wem gehört die Lehne? Wer gewinnt diesen Geschlechterk(r)ampf? Muss ich ein Gentleman sein oder sollte man ihr die Leviten lesen?“ – Andy T. aus Mülheim an der Ruhr

Ein Geheimnis soll an dieser Stelle gelüftet werden. Wer die Lehne inne hat, hat in der Beziehung auch die Hosen an. Damit wäre schon mal die Hiobsbotschaft durch, dass wir Kerle unseren Biss dort verloren haben, wo wir es am allerwenigsten vermuteten: Im Kino. Grundsätzlich wäre zu erläutern, dass aktuelle Lichtspielhaus-Events auf die Bedürfnisse der Weiblichkeit ausgerichtet sind. Zum einen gibt es ein unüberschaubares Angebot an Beruhigungsmitteln Naschkram wie Schokolade, Eis und Popcorn. Des Weiteren sind derzeit laufende Filme vollgestopft mit unrealistischen Kerlen, die ein falsches Bild von einem Mann vermitteln. Muskelprotze wie Hugh Jackman und Dwayne Johnson verkörpern Superhelden, die nicht nur nebenbei die Welt retten, sondern deren Alter Ego auch noch smarte, aber sensible Multimillionäre (Batman, Iron Man) sind. Seitdem das klassische Bond-Girl von Daniel Craig abgelöst wurde, ist der Sinkflug des Testosteronspiegels sicher. Darüber hinaus werden Sie durch das schummrige Licht im Kino auch noch verdunkelt, bzw. ausgeblendet.

Erobern Sie sich die Lehne zurück

Nun ist es Ihre leidvolle Aufgabe, sich die seit Urzeiten hart erkämpfte Position der Männlichkeit zurückzuerobern. Dies gelingt idealerweise über eine Vorherrschaft über die Armlehne in der Mitte. Pfeifen Sie auf das Gentleman-Theater! Machen Sie mit einer unverrückbaren Haltung klar, dass man den 08/15 Mann nicht einfach verdrängen kann.

Es sollte zusätzlich erwähnt werden, dass bei Schnulzen, die sie eh nur aufgrund ihrer Freundin auf sich nehmen, dieser Krieg um die Lehne sinnlos ist. In dem Falle einer romantischen Komödie sollten Sie die Begleitung ruhig in ihrer Prinzessinnenrolle aufblühen lassen. Es könnte sich auszahlen!

Noch ein Wort zu den sogenannten „Kuschelbänken“ oder Partnersitzen im Kino. Diese sind natürlich ideal für eine stressfreie Beziehung und entlastend in jeder Hinsicht. Die fehlende Armlehne löst Anspannungen und bietet die Möglichkeit, den Partner als Lehne zu gebrauchen.

Und ohne Begleitung?

Vorsicht ist jedoch beim Kinobesuch geboten, wenn man alleine unterwegs ist. In dem Falle ist es möglich, dass man im vollbesetzten Saal mit einer total fremden Person um die heiß begehrte Armlehne streiten muss. Dieser Konflikt ist meist wortlos, aber umso gefährlicher. Meist gilt die Redensart „Der Klügere gibt nach“, wobei man diese Niederlage nur schwerlich hinnehmen mag. Was sind das nur für Menschen, die rücksichtslos die Lehne in Beschlag nehmen? Am besten machen Sie es in so einem Falle wie ihre Freundin.


photo: 4/52 movies are always fun by Scarleth Marie, CC 2.0